Platinblondes Dynamit
Zehen – spuckte drauf. „Soo, jetzt schön stillhalten!“
Im Grunde, dachte Meckenheim, hatte er den Streifenpolizisten in sich nie wirklich abgestriffen. Nach wie vor dachte er am besten mit den Füßen, in ruhigem, eine ganze Schicht lang mühelos beizubehaltendem Schritt das Trottoir entlang.
Er war im Begriff, das zu tun, worauf von den ganzen Klugscheißern des gesamten Präsidiums noch keiner gekommen war, nämlich Sabrina Zahns Dienstroute abzulaufen, ihren Spuren zu folgen wie der Spürhund, der er war. Eine Art von Schnitzeljagd, wobei die zu verfolgenden Papierchen hier samt und sonders hinter Scheibenwischern klemmten.
Bis irgendwann in der Altstadt plötzlich Schluss war.
Meckenheim machte kehrt. Der letzte von Polizeiobermeisterin Zahn vor ihrem Verschwinden ausgestellte, auffindbare Strafzettel hing hinter der Scheibe eines uralten, nur zu bekannten VW-Käfers. Windells Auto. Mit dem jedoch nicht der Eigner unterwegs war, sondern eine gewisse Pussy Cat. Die wiederum in Sabrina Zahn eine als Polizistin verkleidete Verbrecherin zu erkennen glaubte.
Ruhig, ohne Hast, sah Meckenheim sich um. Das Auto parkte direkt vor der behördlich dichtgemachten Brooklyn Bar.
Der Gedanke,Verstärkung anzufordern, kam und ging. Meckenheim trat an die Eingangstür der Bar, legte eine Hand dagegen, drückte. Die Tür schwang auf.
„So. Schon fertig.“ Männer lieben es ja, ein wenig betüttelt zu werden. Pussy ließ ihr Taschentuch wieder in ihrer Handtasche verschwinden. Besah sich ihr Gegenüber noch mal. Jarvis Chevalier! Der berühmteste und sicherlich auch erfolgreichste und damit einhergehend höchstwahrscheinlich auch reichste Schriftsteller aller Zeiten! Und so ein eleganter Mann! Und er war tatsächlich ihretwegen hergekommen?
„Doch Sie haben mir immer noch nicht verraten, warum Sie mich gesucht haben.“
Der Schriftsteller sah auf seine Uhr, leckte sich nervös die Lippen.
„Pussy, es fällt mir schwer, das einzugestehen, aber meine Inspiration droht zu versiegen, ja regelrecht zu verkümmern.“
Pussy seufzte mitfühlend auf.
„Eine Katastrophe für meine Leserschaft. Was ich brauche – und nichts anderes wird mir helfen können –, was ich brauche, ist eine Muse. Und nicht irgendeine. Nein, Pussy, auch wenn ich damit etwas mit der Tür ins Haus falle, aber ich brauche dich.“
„Aber Mr. Chevalier, von all den vielen Mädchen da draußen ausgerechnet mich?“
„Ja, Pussy. Von all den, den … Dich. Und nenn mich Jarvis.“
Eijei, was war ihm das alles peinlich, dem Herrn Kommissar. Sabrina Zahn musste sich das Lachen verbeißen. Hatte den Kopf weggedreht gehalten, während er sie losschnitt, der niedliche Stoffel.
„Wir sollten einen Polizeipsychologen oder vielleicht besser eine Psycholo gin hinzuziehen“, schlug er vor.
„Nicht nötig.“ Sabrina Zahn setzte die Flasche an, nahm einen kleinen, vorsichtigen Schluck. Aha. So also schmeckte das Zeugs. Gar nicht mal übel.
„Wenn Sie sich fit genug fühlen, mir eine Personenbeschreibung des oder der Täter zu geben, lasse ich sofort die Fahndung anlaufen.“
Sabrina nahm noch einen Schluck. Sie fühlte einen unerklärlichen inneren Jubel.
„Nein“, sagte sie dann, nach einem kleinen, weiblichen Rülpser. „Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen, fürchte ich.“ Sie sprang vom Billardtisch, ging rüber in den Schankraum, fand unter der Theke einen Stapel unbenutzter Frottee-Bierfilze, feuchtete einen davon im Spülbecken an und hielt ihn dann unter den Dampfstrahl der Kaffeemaschine.
„Natürlich wird sich die Spurensicherung das ganze Hinterzimmer gründlichst vorknöpfen“, meinte Meckenheim und sah woanders hin, als Sabrina ein Bein auf die Theke schwang und begann, sich den Schenkel mit dem Frotteefilz abzuwischen.
„Das wird nicht nötig werden“, sagte sie, leichthin. „Ich habe keinesfalls vor, Anzeige zu erstatten.“
Meckenheim gaffte, komplett entgeistert.
„Aber man hat Sie in Ausübung Ihres Dienstes entführt, auf entwürdigende Art gefesselt und …“ Dem Kommissar gingen die Worte aus.
„Ach was, papperlapapp. Das war nur ein Streich, völlig harmlos.“ Sabrina nahm das eine Bein runter, das andere hoch. „Igittigitt“, kicherte sie, „ist das vielleicht klebrig.“
„Ja – und jetzt?“
„Und jetzt?“ Fertig mit der Reinigung ihrer Schenkel, strich Sabrina Zahn ihre Uniform zurecht und warf sich den Riemen ihres Strafzettelcomputers über die Schulter. „Jetzt mache ich meinen Dienst
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