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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Freely
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an die Erarbeitung einer erweiterten Fassung der Planetentafeln in
De revolutionibus
und veröffentlichte sie 1551 als
Preußische Tafeln
. In der Einleitung dazu lobte er zwar Kopernikus, aber sein heliozentrisches Weltbild erwähnte er nicht. Reinhold arbeitete auch an einem Kommentar zu
De revolutionibus
, der unvollendet blieb, weil er 1553 an der Pest starb.
    Nach 300 Jahren waren die
Preußischen Tafeln
der erste vollständigeSatz Planetentafeln in Europa. Den älteren, jetzt veralteten Tafeln waren sie nachweislich überlegen und deshalb wurden sie von den meisten Astronomen verwendet. Das verlieh der kopernikanischen Theorie eine gewisse Legitimation, auch wenn die Astronomen, die sie verwendeten, die heliozentrische Kosmologie des Kopernikus nicht bestätigten. Der englische Astronom Thomas Blundeville schrieb im Jahr 1594: »Kopernikus behauptet, dass sich die Erde um die Sonne dreht und die Sonne in der Mitte des Himmels still steht, durch welche falsche Annahme er bessere Berechnungen der Bewegungen und Umdrehungen der Himmelskugel gemacht hat als jemals zuvor.«
    Als einer der Ersten griff der englische Mathematiker Robert Recorde (1510 – 1558) die Theorie des Kopernikus auf. Er erwähnte sie in seinem Lehrbuch
Castle of Knowledge
(Schloss des Wissens) von 1556, das in Form eines Dialogs zwischen einem Meister und einem Studenten über Ptolemaios’ Argumente gegen die Erdbewegung verfasst ist. Als der Student diese Argumente dargelegt hat, stellt der Meister die kopernikanische Theorie trotzdem sehr positiv dar.

    Copernicus, ein sehr gebildeter und erfahrener Mann, der auch glänzend beobachten konnte, hat die alte Meinung von Aristarch von Samos wiederbelebt und behauptet, dass die Erde nicht nur eine Kreisbewegung um ihre eigenes Zentrum vollführe, sondern dass sie auch 38 mal hunderttausend Meilen ausserhalb des genauen Zentrums der Welt gelegen sein mag, ja gelegen ist.

    Fünf Jahre danach druckte John Feild in London die
Ephemeris
, einen Satz astronomischer Tafeln für das Jahr 1557, die auf der Grundlage der Arbeit von Kopernikus und Reinhold erstellt wurden. Die Einleitung hatte John Dee (1527 – 1608), der Astrologe der Königin Elisabeth I., verfasst, der angab, Feild zur Zusammenstellung der
Ephemeris
anhand der kopernikanischen Theorie überredet zu haben, weil die alten Tafeln nicht mehr zufriedenstellend waren. Deelobte Kopernikus für seine »mehr als herkulische« Anstrengung zur Erneuerung der Astronomie, meinte jedoch, dass dies nicht der Ort sei, um die heliozentrische Theorie an sich zu erörtern.
    Eine zweite Ausgabe von
De revolutionibus
wurde 1566 in Basel veröffentlicht und einige Exemplare gelangten bis nach Italien und England. Der englische Astronom Thomas Digges (um 1546 – 1595), ein Schüler von Dee, erwarb eines davon, das heute in der Bibliothek der Genfer Universität aufbewahrt wird. Auf der Titelseite hatte Digges die Anmerkung »
Vulgi opinio error
« (»Die allgemein verbreitete Meinung ist falsch«) notiert, was darauf hindeutet, dass er als einer der wenigen Gelehrten des 16. Jahrhunderts die Theorie des Kopernikus akzeptierte.
    Digges fertigte eine freie englische Übersetzung von Kapitel 9 bis 11 des ersten Buches von
De revolutionibus
an, die er dem ewigen Kalender seines Vaters
A Prognostication Everlasting
hinzufügte; beides veröffentlichte er 1576 gemeinsam unter dem Titel als
Perfit Description of the Caelestiall Orbes, according to the most ancient doctrines of the Pythagoreans lately revived by Copernicus and by Geometricall Demonstrations approved
. Digges erklärte, er habe diesen Auszug aus
De revolutionibus
in den Almanach aufgenommen, »damit den Engländern nicht eine solch edle Theorie vorenthalten bleiben möge«.
    Das Buch enthielt eine große Faltkarte des um die Sonne zentrierten Weltalls, in dem die Sterne nicht auf die äußerste Himmelssphäre beschränkt waren, sondern wahllos in alle Richtungen nach außen verteilt. Damit sprengte Digges die Grenzen des mittelalterlichen Universums, das bis dahin von der neunten Himmelssphäre umschlossen gewesen war, also der mit den angeblichen Fixsternen, die sich in diesem Modell bis in die Unendlichkeit ausdehnte.
    Die geozentrischen Himmelssphären gehörten noch immer zum allgemeinen Weltbild im England des 16. Jahrhunderts, wie in Christopher Marlowes Drama
Die tragische Historie vom Doktor Faustus
. Kaum hat Faustus seinen Pakt mit dem Teufel geschlossen, da beginnt er Mephistophilis

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