Platon in Bagdad
um einige Tage ungenau waren. Das überzeugte ihn, dass neue Tafeln gebraucht wurden – Tafeln, die auf sorgfältigen, genauen und systematischen Beobachtungen beruhen mussten, die Tycho Brahe mit selbst konstruierten Instrumenten in seinem eigenen Observatorium anstellen wollte.
Seine erste Sternwarte befand sich in Augsburg, wo er zwischen 1569 und 1571 lebte. Zu den Instrumenten, die er für die Himmelsbeobachtung erdachte und baute, gehörten ein Quadrant mit einem Radius von über 6 Metern für die Messung der Höhe der Himmelskörper, ein riesiger Sextant von über 4 Metern für die Messung von Winkelabständen sowie ein Himmelsglobus mit einem Durchmesser von 3 Metern, auf dem er die Positionen der Sterne vermerken konnte. Denn er hatte damit begonnen, eine Himmelskarte zu zeichnen.
1571 kehrte Brahe nach Dänemark zurück, und am 11. November des folgenden Jahres begann er mit der Beobachtung einer Nova, eines neuen Sterns, der plötzlich im Sternbild Kassiopeia aufgetaucht war und sogar den Planeten Venus an Helligkeit übertraf. (Eine Nova, wie man heute weiß, ist ein Stern, der am Ende eines evolutionären Zyklus explodiert und über mehrere Monate eine enorme Menge Energie freisetzt.) Seine Messungen ergaben, dass sich die Nova weit hinter der Sphäre des Saturns befand, und da sie ihre Position nicht änderte, konnte sie auch kein Komet sein. Das war der eindeutige Beweis, dass in der Himmelsregion eine Veränderung stattfand, wo doch laut Aristoteles alles vollkommen und unveränderlich war.
Irgendwann fing die Nova an zu verblassen, wobei sich ihre Farbe von Weiß zu Gelb und dann zu Rot veränderte, bis sie schließlich im März 1574 aus dem Blickfeld verschwand. Bis dahin hatte Brahe schon eine kurze Schrift mit dem Titel
De nova stella
(Der neue Stern) verfasst, die im Mai 1573 in Kopenhagen veröffentlicht wurde. Darin beschrieb er seine Messungen, die ihn zu dem Schluss geführt hatten, dass ein neuer Stern am Himmel war, unddrückte sein Erstaunen über das Beobachtete aus. Doch schließlich »konnte ich nicht mehr zweifeln«, schrieb er. »Ohne Zweifel ein Wunder, entweder das größte von allen, die seit Erschaffung der Welt im Reiche der Natur geschahen, oder dem Wunder vergleichbar, das auf Bitten
Josuas
im Zurückwandern der Sonne geschah …«
Die Schrift beeindruckte König Friedrich II. von Dänemark, der dem Astronomen eine Jahresrente gewährte und ihm die kleine Insel Ven im Öresund, nördlich von Kopenhagen, überließ, deren Einkünfte ihm den Aufbau und die Ausstattung eines Observatoriums ermöglichten. Brahe ließ sich 1576 in Ven nieder und nannte das Observatorium Uraniborg, was so viel wie »Burg der Urania« bedeutet. Die astronomischen Instrumente und die übrige Ausrüstung dieses späteren großen Forschungsinstituts waren so umfangreich, dass Brahe einen Anbau mit dem Namen Stjerneborg, »Sternenburg«, errichtete, dessen unterirdische Kammern die Apparatur und die Forscher vor Wind und Wetter schützen sollten. Im selben Jahr begannen er und seine Mitarbeiter mit den Beobachtungen, die sie mit noch nie dagewesener Sorgfalt und Präzision ausführten. Über die nächsten zwei Jahrzehnte setzten sie ihre Arbeit fort und legten die Fundamente für das, was sich als eine neue Astronomie herausstellen sollte.
Im Jahr 1577 erschien ein spektakulärer Komet, und Brahes detaillierte Beobachtungen führten ihn zu der Schlussfolgerung, dass dieser Komet weiter entfernt war als der Mond, ja, sich sogar jenseits der Sphäre des Merkur befand, und dass er sich zwischen den äußeren Planeten auf einer Umlaufbahn um die Sonne bewegte. Dies stand im Widerspruch zur Lehre des Aristoteles, in der die Kometen meteorologische Phänomene waren, die unterhalb der Sphäre des Mondes auftraten. Daraufhin verwarf Brahe Aristoteles’ Modell der homozentrischen kristallinen Sphären und folgerte, dass sich die Planeten unabhängig durch den Weltraum bewegten.
Das tychonische System: Merkur und Venus auf ihrem Umlauf um die Sonne, die gemeinsam mit anderen Planeten und dem Mond die Erde umkreist. Die Sterne befinden sich in der äußersten Sphäre.
Brahes Sternenkatalog beruhte auf den systematischen Messungen der Koordinaten von 21 Hauptsternen; dabei betrug der mittlere Fehler weniger als 40 Bogensekunden im Vergleich zu heutigen Werten – deutlich weniger als bei seinen Vorgängern. Er verglich die Koordinaten der 21 wichtigsten Sterne in seinem Katalog mit den von der Antike bis zu
Weitere Kostenlose Bücher