Platon in Bagdad
Untersuchung von Michael Wright, Kurator am Science Museum in London, ergab, dass das Zahnradgetriebe die Epizykeltheorie der Planetenbewegungen abbildete, die Apollonios von Perge abgeleitet und Ptolemaios aus Alexandria angewendet hatte.
Einige klassische Quellen nennen Archimedes als Erfinder zweier mechanischer Gerätschaften aus Bronze zur Reproduktion der Bewegung der Himmelskörper. Laut einer dieser Quellen, dem Mathematiker Pappos von Alexandria, verfasste Archimedes eine heute verlorene Abhandlung mit dem Titel
Peri Sphairopoiias
(Über das Herstellen von Sphären), in der er einen Himmelsglobus beschreibt, den er zur Darstellung der Bewegungen der Sonne und des Mondes und zur Demonstration von Sonnen- und Mondfinsternissen angefertigt hatte. Die zweite Erfindung des Archimedes war ein Planetarium, das die Planetenbewegungen wie auch die Bewegungen der Sonne und des Mondes abbildete.
Einem Bericht Ciceros zufolge nahm der römische Feldherr Marcellus nach der Eroberung von Syrakus 212 v. Chr. beide Gerätschaften als Beute mit nach Rom. Den Himmelsglobus stellte er im Tempel der Vesta für alle sichtbar auf. Der Dichter Ovid beschreibt um8 n. Chr. den Globus in seinen Versen über die Göttin und ihr Heiligtum:
Kennst du die Kugel, das Werk syrakusischer Kunst in geschlossnem Luftraum schwebend, ein Bild, klein, vom unendlichen All? Gleich fern steht von der Höh’, gleich fern von der Tiefe die Erde; dies zu bewirken vermag nur die gerundete Form.
Das Planetarium gelangte schließlich in den Besitz eines Enkels des Marcellus, der es dem Astronomen Gaius Sulpicius Gallus zeigte. Gallus sagte anhand des Planetariums eine Mondfinsternis am 21. Juni 168 v. Chr. voraus, und Cicero berichtet, dass er auch Sonnenfinsternisse simulierte, obwohl er natürlich nicht vorhersagen konnte, ob diese in Rom zu sehen sein würden.
Andere Astronomen taten es Archimedes gleich, und so sind verschiedene mechanische Geräte für die Darstellung der Himmelsbewegungen aus der byzantinischen und der islamischen Ära sowie aus dem Europa des Spätmittelalters erhalten. Cicero schreibt über »die Himmelskugel, die jüngst unser Freund Posidonius verfertigt hat, auf der die einzelnen Umdrehungen dieselben Erscheinungen an Sonne, Mond und den fünf Wandelsternen darstellen, die sich am Himmel an jedem Tage und in jeder Nacht zeigen …« Cicero hat dieses Planetarium vermutlich selbst gesehen, denn als junger Mann besuchte er auf Rhodos die Vorlesungen des Poseidonios. Somit ist es durchaus möglich, dass es sich bei dem Mechanismus von Antikythera um das von Poseidonios angefertigte Planetarium handelt, denn das Schiff, in dem es gefunden wurde, war wie erwähnt wahrscheinlich auf dem Weg von Rhodos nach Italien.
Der Fund von Antikythera war die erste von zwei dramatischen Wiederentdeckungen verlorener Werke der griechischen Wissenschaft Anfang des 20. Jahrhunderts. Die zweite ereignete sich 1906, als der dänische Gelehrte Johan Ludvig Heiberg in einer griechischen Kirche in Istanbul neben anderen antiken Handschriften ein Exemplar eines verlorenen Werks von Archimedes entdeckte. Am16. Juli 1907 berichtete die
New York Times
auf der Titelseite über Heibergs bemerkenswerten Fund, während die Londoner
Times
kein Wort darüber verlor.
Heiberg machte seine Entdeckung in der Georgskirche (Hagios Georgios) im alten griechischen Viertel Fener am Goldenen Horn. Als Metochion, d. h. Tochterkirche, des Heiligen Grabes gehört Hagios Georgios zum Patriarchat von Jerusalem, nicht zu dem von Konstantinopel. Heiberg entdeckte dort unter den Handschriften die jetzt als Kodex C bekannte
Methodenlehre
des Archimedes, die fast 2000 Jahre lang verloren war.
Newton und seine europäischen Vorgänger wussten, was sie Archimedes verdankten, – Galilei erwähnt ihn über 100 Mal –, denn sein rigoros mathematischer Ansatz zur Erforschung der Natur diente als Vorbild für die neuen Naturwissenschaften, die den aussterbenden Aristotelismus des Mittelalters ablösten. Marshall Clagett schreibt über den Einfluss des Archimedes auf Galilei und dessen Zeitgenossen: »Archimedes’ Bedeutung für die Gründer der frühen modernen Wissenschaft lag in der Anwendung der Mathematik auf die Behandlung von physikalischen Problemen sowie die Originalität und Fruchtbarkeit seiner mathematischen Methoden.«
Doch »anders als die
Elemente
des Euklid, die in zahlreichen griechischen und arabischen Manuskripten überliefert sind, haben uns die Schriften
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