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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Freely
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der Naturbetrachtung zuwandte«.
    Zu Stratons Schriften zur Physik gehört ein verlorenes Werk mit dem Titel
Über die Bewegung
, das Simplikios in einem Kommentar behandelt. Laut Simplikios zeigte Straton als Erster, dass fallende Körper schneller werden – d. h., dass ihre Geschwindigkeit mit der Zeit zunimmt: »Beobachtet man Wasser, das von einem Dach herabläuft und aus beträchtlicher Höhe fällt, dann fließt es im oberen Teil sichtlich zusammenhängend, während es unten in Tropfen auseinandergezogen fällt. Das passiert nur deshalb, weil das Wasser den jeweils folgenden Ort schneller durchläuft.«
    Möglicherweise hat auch Straton oder einer seiner Zeitgenossen das pseudo-aristotelische Werk
Mechanik
verfasst. Darin findet sich die erste belegte Formulierung des Hebelgesetzes: Zwei Gegenstände an einem Hebel sind im Gleichgewicht, wenn ihr Abstand zum Drehpunkt umgekehrt proportional zu ihrem Gewicht ist.
    Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. entstanden in Athen noch zwei weitere philosophische Schulen. Diese waren keine formellen Einrichtungen wie die Akademie und das Lykeion, sondern lose organisierte Gruppen, die bei ihren Treffen über die Philosophie diskutierten. Die eine Schule, genannt »der Garten«, hat Epikur von Samos (341 – 270 v. Chr.) begründet, und die andere, die Stoa, wurde von Zenon von Kition (um 335 – 263 v. Chr.) ins Leben gerufen. Der Name der ersten geht darauf zurück, dass Epikur im Garten seines Hauses referierte. Die zweite erhielt ihren Namen nach der Stoa Poikíle, der bemalten Säulenhalle an der Agorá, dem Treffpunkt Zenons und seiner Jünger, die man auch die Stoiker nannte. Beide Schulgründer erdachten ein umfassendes philosophisches System,bestehend aus drei Teilen – Ethik, Physik und Logik. Die beiden letzten waren dabei dem ersten untergeordnet, dessen Ziel darin bestand, das Glück des Menschen zu sichern. Epikur schrieb: »Wenn uns die Vermutungen über die Himmelserscheinungen und die angstvollen Gedanken über den Tod, als ob er uns irgendetwas anginge, ferner die mangelnde Kenntnis der Grenzen von Schmerz und Begierden nicht belasteten, brauchten wir keine Naturphilosophie.«
    Die Physik des Epikur beruht auf der atomistischen Lehre, der er einen neuen Begriff hinzufügte: dass nämlich ein Atom, das sich in einem Vakuum bewegt, jederzeit von seiner Bahn »abtreiben« könne. Also war der strenge Determinismus hinfällig und somit auch der Grund, warum die ursprüngliche Atomtheorie Leukipps und Demokrits für jeden, der wie die Epikureer an den freien Willen glaubte, inakzeptabel war. Zenon und seine Anhänger verwarfen dagegen die Vorstellung von Atom und Vakuum, weil für sie die Natur ein Kontinuum darstellte, in allen ihren Aspekten – Raum, Zeit und Materie – sowie in der Ausbreitung und Abfolge physikalischer Phänomene. Seit der Antike und bis in die Gegenwart konkurrieren diese beiden gegensätzlichen Denkschulen zum Wesen des Kosmos – die epikureischen Atome in einem Vakuum gegenüber dem Kontinuum der Stoiker –, weil sie antithetische Betrachtungsweisen der physischen Realität vertreten.
    Als geistiges Zentrum der griechischen Welt musste Athen zwar dem ägyptischen Alexandria weichen, doch mit Platon und Aristoteles, Epikur und Zenon war es die Schule von Hellas, die das abendländische Denken am nachhaltigsten prägen sollte.

DAS HELLENISTISCHE ALEXANDRIA:
MUSEION UND BIBLIOTHEK
    N ach dem Tod Alexanders des Großen im Jahr 323 v. Chr. übernahm sein Feldherr Ptolemaios in Ägypten die Macht und regierte Alexandria unter dem Titel Satrap. 305 v. Chr. erklärte er sich zum König und gab sich den Ehrennamen Sotér, Retter. Damit trat er eine Regentschaft von über 20 Jahren an und begründete die Dynastie der Ptolemäer, die fast drei Jahrhunderte währen sollte.
    Unter Ptolemaios I. Sotér (reg. 305 – 283 v. Chr.), der auch eine Biographie Alexanders des Großen verfasste, entwickelte sich Alexandria rasch zu einem wichtigen kulturellen Zentrum. Die Renaissance der alexandrinischen Kultur und Bildung konzentrierte sich vor allem auf zwei berühmte Institutionen, das Museion und die Bibliothek, die er begründete und die sein Sohn und Nachfolger Ptolemaios II. Philádelphos (reg. 283 – 245 v. Chr.) weiter ausbaute.
    Das Museion wurde so benannt, weil es den Musen gewidmet war, den neun Töchtern des Zeus und der Mnemosyne, der Göttin der Erinnerung. Diese galten als Schutzgöttinnen der Künste und Wissenschaften. Auch anderswo in

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