Platon in Bagdad
Abu Jafar al-Mansur, der zwischen 762 und 765 Bagdad als seine neue Hauptstadt errichten ließ und somit die glanzvollste Epoche in der Geschichte des Islam einleitete.
Unter al-Mansur (reg. 754 – 775) und den drei Generationen seinerNachfolger, vor allem al-Mahdi (reg. 775 – 785), Harun ar-Raschid (reg. 786 – 809) und al-Ma’mun (reg. 813 – 833) entwickelte sich Bagdad zu einem wichtigen kulturellen Zentrum. Wie der Historiker al-Masudi (gest. 956) berichtet, war al-Mansur »der erste Kalif, der Bücher aus einer fremden Sprache ins Arabische übersetzen ließ«, darunter »Bücher von Aristoteles zur Logik und anderen Themen, … und andere antike Bücher aus dem klassischen Griechisch, dem byzantinischen Griechisch, Pahlavi, Neupersisch und Syrisch«. Zudem sei er der erste Kalif gewesen, »der Astrologen den Vorrang gab und auf der Basis von astrologischen Prognosen handelte«. Am Hof des Kalifen gab es drei Astronomen, die ihm auch als Astrologen dienten: Nawbacht, der Zoroastrier, Ibrahim al-Fazari und Ali ibn Isa, der Astrolabist.
Nawbacht war al-Mansurs erster Hofastrologe, und anhand seiner Beobachtungen der Himmelszeichen riet er dem Kalifen, am 30. Juli 762 mit der Erbauung von Bagdad zu beginnen. Ibrahim al-Fazari, der erste Hofastronom der abbasidischen Kalifen, arbeitete an einer Kalenderreform. Ali ibn Isa gilt als der Erste in der islamischen Ära, der ein Astrolab herstellte, ein aus dem antiken Griechenland stammendes Instrument, das viele islamische Astronomen verwendeten. Er war auch Arzt und ist für sein
Erinnerungsbuch für Augenärzte
bekannt, die früheste bedeutende Abhandlung im Islam zur Struktur und zu den Krankheiten des Auges.
Nawbacht wurde von seinem Sohn Abu Sahl ibn Nawbacht als Hofastrologe abgelöst, dem Verfasser des
Kitab an Nahmutan.
Es ist die erste astrologische Geschichte auf Arabisch, eine dynastische Chronik in zyklischen Zeiträumen von unterschiedlicher Länge, die von den Gestirnen beherrscht werden. Er schreibt: »Die Menschen eines jeden Zeitalters und jeder Ära erwerben neue Erfahrungen, und ihr Wissen wird gemäß dem Gebot der Sterne und der Sternzeichen erneuert, einem Gebot, das die Zeit nach dem Befehl des allmächtigen Gottes bestimmt.« Abu Sahls Absicht war es, zu zeigen, dass die abbasidische Nachfolge in der Herrschaft durch die Sterne und Gott vorbestimmt und dass es jetzt an ihrer Dynastie sei, das Wissen zu erneuern.
Theophil von Edessa (gest. 789), ein nestorianischer Christ, der bei al-Mahdi als Hofastrologe tätig war, bezeichnete die Astrologie als die »höchste aller Wissenschaften«, denn für die Abbasiden war die astrologische Geschichte von großer Bedeutung, und die Kalifen gaben auch Horoskope in Auftrag. Unter al-Mansurs Herrschaft wurde auch der
Tetrabiblos
des Ptolemaios, das bedeutendste astrologische Werk der Antike, durch den christlichen Gelehrten al-Bitriq vom Griechischen ins Arabische übersetzt.
Der berühmteste Astrologe der frühen abbasidischen Zeit war Mash’allah, ein Jude aus Basra, dessen Befragung der Himmelszeichen zur Gründung von Bagdad beitrug. Seine Horoskope lassen sich auf die Zeit um 762 – 809 datieren, und von al-Mansur bis al-Ma’mun diente er allen Kalifen als Astrologe. Er schrieb über die verschiedenen Aspekte der Astrologie, doch die astrologische Geschichteist sicherlich sein interessantestes Werk. Seine Schriften wurden ins Lateinische übersetzt, und Kopernikus bezieht sich auf ihn.
Gabir ibn Hayyan (um 721 – um 815), im Abendland als Geber der Weise bekannt, gilt in der muslimischen Welt als Begründer der Alchemie. Er wurde in Kufa im südlichen Mesopotamien geboren und zog in seinen späteren Jahren nach Bagdad, wo er bei Harun ar-Raschid Hofastrologe wurde. Das
Corpus Gabirianum
enthält gewissermaßen alles, was über die Alchemie im Islam in der Abbasidenzeit bekannt ist. Von den antiken Griechen hatten die muslimischen Alchemisten die Vorstellung übernommen, man könne Stoffe wie Schwefel und Quecksilber in Gold umwandeln. Die islamische Alchemie befasste sich zudem mit der Astrologie, der Astrokosmologie, der Magie und anderen okkulten Wissenschaften. Diese Wissenschaftszweige fasste man unter den »verborgenen«
(khafiyyah)
Wissenschaften zusammen, im Gegensatz zu den »offenen«
(jaliyyah)
Wissenschaften wie der Mathematik.
Griechische Werke wurden auch deshalb ins Arabische übersetzt, weil die Verwaltung des Abbasidenreichs Sekretäre brauchte, die ausgebildet werden
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