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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Freely
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die Erbauer des ersten islamischen Observatoriums, das während der Regentschaft al-Ma’muns um 828 in Bagdad entstand. Darüber hinaus schrieb Al-Chwarizmi die erste umfassende Abhandlung zur Geographie in der islamischen Welt, wobei er einen großen Teil des Werks von Ptolemaios aktualisierte und neue Karten erarbeitete.
    Die erste Übersetzung der
Elemente
des Euklid ins Arabische entstand zur Regierungszeit Harun ar-Raschids mit Förderung des Wesirs Yahya ibn Chalid ibn Barmak. Angefertigt wurde sie von dem Mathematiker al-Hajjaj ibn Matar (tätig um 786 – 833). Für al-Ma’mun erarbeitete Al-Hajjaj eine verbesserte und gekürzte Fassung der
Elemente
, offenbar zur Verwendung als Schulbuch.
    Im Auftrag al-Mahdis entstand eine Übersetzung von Aristoteles’
Topik
ins Arabische aus dem Syrischen, in das es zuvor aus dem Griechischen übersetzt worden war. Später wurde das Werk direkt aus dem Griechischen ins Arabische übersetzt. Anlass für die Übersetzung der
Topik
war, dass darin die Kunst der systematischen Argumentation gelehrt wird, die im Diskurs zwischen muslimischen Gelehrten und Gelehrten anderer Glaubensrichtungen unerlässlich war, ebenso für die Bekehrung von Ungläubigen zum Islam, der unter den Abbasiden Staatsreligion geworden war. Die
Physik
des Aristoteles wurde unter Harun ar-Raschid zum ersten Mal ins Arabische übersetzt; vermutlich wollte man sie bei theologischen Disputationen zur Kosmologie zu Rate ziehen.
    In Bagdad zur Zeit Harun ar-Raschids spielen auch die Geschichten in
Tausendundeine Nacht
, deren »Erzählung von Aladin und der Wunderlampe« über die Wunder der neuen Wissenschaft berichtet und von den erstaunlichen Erfindungen und Entdeckungen, die man »Zauberern der Wissenschaft« andichtete. Denn im Volk entsprach das Bild des islamischen Wissenschaftlers im Mittelalter dem des niederträchtigen Mohren, der Aladin zu der Lampe führte. Scheherazade sagt über ihn: »Von seiner frühesten Jugend an hatte er die Zauberkunst und Zauberformeln, die Geomantie und Alchemie, die Astrologie, Ausräucherung und Verzauberung studiert, so dass er nach dreißig Jahren der Hexerei von der Existenz einer mächtigen Lampe an einem unbekannten Ort erfahren hatte, mächtig genug, um ihren Besitzer über die Könige und die Mächtigen der Welt zu erheben.«
    Harun ar-Raschids Sohn al-Ma’mun führte das Übersetzungsprogrammseiner Vorfahren weiter. Über al-Ma’muns Interesse an der Astrologie und seine Förderung intellektueller Forschung schreibt al-Masudi: »Zu Beginn seiner Regierungszeit … widmete er sich einige Zeit der Untersuchung astrologischer Urteile und Weissagungen, um dem von den Sternen vorgeschriebenen Weg zu folgen und sich nach dem Vorbild der vergangenen sassanidischen Kaiser … zu verhalten … Er ließ Juristen und allgemein gebildete Männer an seinen Sitzungen teilnehmen, er ließ solche Männer aus verschiedenen Städten bringen und ihnen Bezüge auszahlen.«
    Die islamische Astronomie war stark von Ptolemaios beeinflusst, dessen Werke ins Arabische übersetzt und außerdem in Zusammenfassungen und Kommentaren verbreitet wurden. Die erste Übersetzung des
Almagest
von al-Hajjaj ibn Matar entstand in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Das beliebteste Handbuch zur ptolemäischen Astronomie stammte von al-Farghani (gest. nach 861), der den
Almagest
anhand von Erkenntnissen früherer islamischer Astronomen korrigierte. Habash al-Hasib (gest. um 870) erstellte ein astronomisches Tafelwerk, in dem er die Winkelfunktionen Sinus, Kosinus und Tangens einführte, die bei Ptolemaios noch nicht auftauchen.
    Mit der Übersetzungsbewegung, an der Philosophen wie Naturwissenschaftler beteiligt waren, machte auch die islamische Wissenschaft rasche Fortschritte. Als Begründer der islamischen Philosophie gilt Abu Yusuf ibn Ishaq al-Kindi (um 801 – 866), lateinisch Alkindus, der im Abendland »der Philosoph der Araber« genannt wird. Al-Kindi stammte aus einer wohlhabenden arabischen Familie in Kufa im heutigen Irak und ging zum Studium nach Bagdad. Dort arbeitete er im Bait al-Hikma als Protegé al-Ma’muns und seiner unmittelbaren Nachfolger.
    Dank der Übersetzungsbewegung wurde al-Kindi, der selbst nicht übersetzte, der erste islamische Philosoph und Naturwissenschaftler und der Begründer der aristotelischen Denkschule imIslam. Er war ein Universalgelehrter und verfasste Schriften zu Geographie, Politik, Philosophie, Kosmologie, Physik, Mathematik, Meteorologie,

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