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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Freely
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Schriften bis vor kurzem unbekannt waren. Sein
Kitab al-Shamil fi l

Sinaa al-Tibbiyya
(Umfassendes Buch über die Kunst der Medizin), ein 80-bändiges Kompendium, das er im Alter zwischen 30 und 40 verfasste, galt als verschollen, bis man 1952 Fragmente eines Bandes in der Bibliothek der Cambridge University fand; drei weitere Bände wurden in der medizinischen Bibliothek an der Stanford University entdeckt, von denen einer auf 1243/4 datiert ist. In einem der interessantesten Teile dieser Fragmente beschreibt Ibn an-Nafis minuziös seine chirurgischen Techniken, gibt Beispiele für spezifische Operationen und erörtert die Pflichten des Chirurgen sowie die Beziehung zwischen Ärzten, Krankenpflegern und Patienten.
    Ibn an-Nafis ist der Entdecker des sogenannten kleinen Blutkreislaufs – dem zwischen Herz und Lunge. Dass ihm diese Entdeckung gelang, war bis 1924 unbekannt. Damals fand der ägyptische Arzt Dr. Muhyi el-Din Tatawi eine Handschrift mit dem Titel
Die Epitome des Kanons
, eine Einführung in das Werk von Ibn Sina, in der Ibn an-Nafis erstmals den Lungenkreislauf beschreibt.
    Es ist durchaus möglich, dass europäische Mediziner durch eineÜbersetzung von Andrea Alpago aus Belluno (gest. 1520) von dieser Entdeckung erfuhren. Als erster Europäer schrieb Michael Servet[us] (um 1510 – 1553) über den kleinen Blutkreislauf, ein Arzt und Theologe aus Aragon, den Calvin wegen seiner unorthodoxen religiösen Auffassungen verurteilte und der in Genf auf dem Scheiterhaufen starb. Die endgültige Theorie des Blutkreislaufs legte der englische Arzt William Harvey (1578 – 1657) in seinem Werk
Exercitacio anatomica de motu cortis et sanguinis
vor, das 1628 veröffentlicht wurde und gemeinhin als Beginn der modernen Medizin gilt.
    Der Nachfolger des Ibn an-Nafis war sein Schüler Ibn al-Quff, der sich als Chirurg und Autor verdient machte; seine bekannteste Abhandlung trägt den Titel
Der Pfeiler betreffs der Kunst der Chirurgie
. Ibn al-Quff gilt als der Erste, der die Existenz von Kapillaren im Blutkreislauf ableitete. Im Jahr 1661 gelang es Marcello Malpighi aus Bologna (1628 – 1694) als dem ersten europäischen Wissenschaftler, mit Hilfe eines Mikroskops die Kapillaren nachzuweisen und ihre Funktion im Blutkreislauf zwischen den Arterien und Venen zu erklären.
    Während der Mameluckenzeit war Damaskus die zweitgrößte Stadt des Reiches. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts machte es Kairo sogar seinen Ruf als Zentrum der Wissenschaft streitig, als es einen der berühmtesten Astronomen in der Geschichte der islamischen Wissenschaften hervorbrachte, Ibn asch-Schatir (um 1305 – um 1375).
    Ibn asch-Schatir wurde vermutlich um 1305 in Damaskus geboren. Als er sechs Jahre alt war, starb sein Vater und er wuchs bei seinem Großvater auf, der ihm die Kunst der Elfenbeinintarsien beibrachte. Mit ungefähr zehn Jahren zog er zum Studium der Astronomie nach Kairo, wo ihn die Arbeit von Abu Ali al-Marrakuschi inspirierte, der um 1280 ein Kompendium zur mathematischen Astronomie und zu den mathematischen Instrumenten verfasst hatte.
    Nach Abschluss seines Studiums kehrte Ibn asch-Schatir nachDamaskus zurück, wo er zum ersten Astronomen der Umayyaden-Moschee ernannt wurde. Seine wichtigste Aufgabe war die genaue Bestimmung der fünf täglichen Gebetszeiten sowie von Beginn und Ende des heiligen Monats Ramadan. Darüber hinaus konstruierte er astronomische Instrumente und stellte Beobachtungen und Berechnungen für astronomische Tafeln an.
    Die ersten Tafeln des Ibn asch-Schatir, die allerdings nicht überliefert sind, beruhten offenbar auf eigenen Beobachtungen, auf die er das gängige ptolemäische Modell zur Berechnung der Angaben für Sonne, Mond und Planeten anwendete. Doch in seinem späteren Werk
Kitab nihayat al-sul fi tashih al-usul
(Endgültige Untersuchung zur Richtigstellung von Prinzipien) entwickelte er ein neues Planetenmodell, das sich deutlich von dem des Ptolemaios unterscheidet und auf Grundlage dessen er dann in
al-Zij al-Jadid
(Neues astronomisches Handbuch) neue Tafeln erstellte. Im Vorwort berichtete er über den Anstoß zu diesem Werk: Er hatte die Bücher früherer islamischer Astronomen gelesen, die zwar Zweifel am ptolemäischen Planetenmodell geäußert hatten, aber es war ihnen nicht gelungen, eine alternative Theorie zu formulieren.

    Deshalb bat ich den allmächtigen Gott um Inspiration und mir dabei zu helfen, Modelle zu finden, die das Erforderliche leisten würden, und Gott

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