Platon in Bagdad
der englischen Sprache als diesen, über den bisher noch nie ein Buch in jener Sprache geschrieben wurde.« Die erste vollständige englische Übersetzung, 1570 in London veröffentlicht, wurde von Sir Henry Billingsley, dem späteren Bürgermeister von London, angefertigt und enthält ein »sehr fruchtbares Vorwort« von John Dee, der betont, das Buch enthalte »vielerlei Ergänzungen, Scholien, Annotationen und Erfindungen, die den berühmtesten und wichtigsten Mathematikern entnommen wurden, sowohl aus alten Zeiten als auch unserer Zeit«.
Adelard verfasste die
Quaestiones naturales,
um »etwas Neues aus seinen arabischen Studien vorzutragen«. Es sind 76 Fragen; davon befassen sich 1 – 6 mit Pflanzen, 7 – 14 mit Vögeln, 15 – 16 mit der Menschheit im Allgemeinen, 17 – 32 mit der Psychologie, 33 – 47 mit dem menschlichen Körper und 48 – 76 mit der Meteorologie und Astronomie. Durchweg sucht er eher nach natürlichen und nicht nach übernatürlichen Ursachen für bestimmte Phänomene; diesesVerfahren übernahmen spätere europäische Autoren. Seine Beobachtungen sind größtenteils akkurat, und er merkt an, er ziehe die Vernunft der Autorität vor.
In einer besonders interessanten Passage fragt ihn sein Neffe, ob denn nicht »die Wirkung in ihrer Gesamtheit letztlich auf Gott zurückgeführt werden müsste«. Adelard antwortet: »Ich nehme Gott nichts weg. Alles nämlich, was ist, ist von ihm und durch ihn. Aber es ist nicht verworren, und es ist nicht ohne Unterscheidung, die wir, soweit das menschliche Wissen darin gelangt, vernehmen müssen. Nur wo dieses Wissen vollständig versagt, sollte man eine Sache auf Gott zurückführen.«
Die
Quaestiones naturales
blieben bis zum Ende des Mittelalters weit verbreitet: Drei Auflagen erschienen vor 1500, und es gab eine hebräische Fassung. Adelards weitere Werke reichten von der Trigonometrie bis zur Astrologie und von der platonischen Philosophie bis zur Falknerei. Auch in seiner letzten Schrift, die sich mit dem Astrolab befasst, erklärt er noch einmal »die Meinungen der Araber«, hier in Bezug auf die Astronomie. Er beschreibt die Funktionsweise des Astrolabs und seine verschiedenen Anwendungen bei Himmelsmessungen. Dabei verwendet er zahlreiche arabische Begriffe und zitiert aus seinen anderen Werken, insbesondere aus den Übersetzungen von Euklids
Elementen
und der Planetentafeln des al-Chwarizmi.
Als Alfons VI., König von Kastilien und León, die Mauren im Jahr 1085 besiegt hatte − es war der erste größere Erfolg der Reconquista, der christlichen Rückeroberung von Al-Andalus −, entwickelte sich Toledo zum Zentrum der Übersetzertätigkeit aus dem Arabischen ins Lateinische. Der Impuls für diese Übersetzungsbewegung ging offenbar von Raimund, dem Erzbischof von Toledo (1125 – 1151), aus, wie den Widmungen eines zeitgenössischen Übersetzers aus Toledo, Dominicus Gundissalinus (um 1110 – um 1190), zu entnehmen ist.
Gundissalinus, Erzbischof von Segovia, fertigte verschiedeneÜbersetzungen und Adaptionen arabischer Philosophie an, darunter Werke von al-Kindi, Ibn Ruschd, al-Farabi, al-Ghazali und Ibn Sina, außerdem ein Buch des jüdischen Mediziners Isaak Israeli. Gundissalinus fertigte die ihm zugeschriebenen Übersetzungen vermutlich in Zusammenarbeit mit anderen Übersetzern an, die des Arabischen mächtig waren, obwohl bei nur einem Werk,
De anima
von Ibn Sina, ein Koautor genannt wird. Dabei handelte es sich um einen konvertierten Juden namens Abraham ibn Dawud, lateinisch Avendehut, der üblicherweise mit dem als Johannes von Sevilla bekannten Übersetzer identifiziert wird.
Gundissalinus verfasste fünf eigene Werke zur Philosophie, die weitgehend auf seinen aus lateinischen Quellen übersetzten Büchern aufbauten. Ihm verdankt man die Einführung des arabischjüdischen Neuplatonismus im lateinischen Abendland, den er mit dem christlichen Neuplatonismus des Augustinus und des Boëthius verband. Seine Schrift
De divisione philosophiae
(Über die Einteilung der Philosophie), die auf Modellen des Aristoteles sowie des al-Farabi und anderer beruht, bietet eine Einteilung der Wissenschaften, die die traditionelle Aufteilung des Studiums in das
Trivium
(Grammatik, Rhetorik und Logik) und das
Quadrivium
(Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musiktheorie) überwindet und spätere Klassifikationsmodelle beeinflusste.
Plato von Tivoli ist nur über sein Werk bekannt, das er zumindest teilweise zwischen 1132 und 1146 in Barcelona
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