Platon in Bagdad
(Haus der Wissenschaft) übrig geblieben, das 1349 unter dem Emir Yusuf I. (reg. 1334 – 1354) begründet wurde. Nur Reste des maurischen Gebäudes sind erhalten, doch es trägt noch heute seinen ursprünglichen Namen, La Madraza, von
madrasa
, dem arabischen Wort für eine muslimische Hochschule. La Madraza war die letzte Hochschule in Al-Andalus und Vorläufer der Universität von Granada, die 1531 von Kaiser Karl V. gegründet wurde, als man im christlichen Spanien das Studium der Wissenschaften an der Stelle wieder aufnahm, bis zu der es das muslimische Al-Andalus vorangetrieben hatte.
VON TOLEDO BIS PALERMO:
ARABISCH INS LATEINISCHE
D ie islamische Wissenschaft in Al-Andalus stand in voller Blüte, als die ersten christlichen Gelehrten zum Studium auf die Halbinsel kamen. Dort studierten sie die Naturwissenschaften in arabischen Quellen und übersetzten diese ins Lateinische, häufig in Zusammenarbeit mit den vielsprachigen Schreibern vor Ort, meist Juden, von denen einige freiwillig zum Christentum konvertiert waren. Von Toledo bis Palermo fertigten Gelehrte Übersetzungen vom Arabischen ins Lateinische an und arbeiteten an eigenen wissenschaftlichen Werken.
Der erste Beleg für die europäische Aneignung der islamischen Wissenschaft ist eine lateinische Handschrift aus dem 10. Jahrhundert. Sie stammt aus der Bibliothek des Klosters Santa María de Ripoll in Katalonien und befindet sich heute im Archiv der Krone Aragón in Barcelona. Die Handschrift beginnt mit einem kurzen Aufsatz über das Astrolab und enthält eine Tafel der hellsten Sterne, die mit den arabischen Namen bezeichnet sind, unter denen wir sie noch heute kennen, zum Beispiel Altair, Vega, Rigel, Aldebaran und Algol. Eine weitere Handschrift aus dem 10. Jahrhundert, die in der Bibliothèque Nationale in Paris aufbewahrt ist, trägt den Titel
Mathematica alhandrei summi astrologi
(Mathematik von Alhandreus, dem Meister aller Astrologen). »Alhandreus« ist offenbar eine Verfälschung von »Alkindes«, lateinisch für al-Kindi, den islamischen Philosophen aus dem 9. Jahrhundert. Im Vorwortheißt es: »Dies sind die 28 Hauptteile der Sterne (d. h. Konstellationen), die das Schicksal aller Menschen unzweifelhaft vorbestimmen und aussprechen, die Zukunft wie auch die Gegenwart. Jeder kann eifrig Fortgänge und Heimkehren vorhersagen, Anfänge und Enden, mit Hilfe dieser äußerst dienlichen Horoskope.«
Die erste bedeutende Persönlichkeit in der europäischen Aneignung der griechisch-arabischen Wissenschaft war Gerbert d’Aurillac (um 945 – 1003), der spätere Papst Silvester II. (reg. 999 – 1003). Unter Gerberts schriftlichen Dokumenten findet sich ein Brief, mit dem er im Mai 984 an einen gewissen Lupitus von Barcelona die Bitte richtete, ihm eine Übersetzung, vermutlich eines arabischen Werks, zuzusenden, die dieser von einer Abhandlung zur Astrologie angefertigt hatte.
Gerbert selbst soll ein Traktat zum Astrolab mit dem Titel
De astrolabia
verfasst haben, sowie den ersten Teil des Werks
De utilitatibus astrolabii
, beide unter arabischem Einfluss. Zu seinen Schriften gehören nachweislich auch Werke zur Mathematik, darunter eine Abhandlung zum Abakus, einem Rechengerät, von dem man annimmt, dass es aus China, wo es noch immer in Gebrauch ist, in die islamische Welt kam. Er konstruierte auch ein Gerät zur Darstellung der Himmelssphäre, das er in seinen Astronomiekursen an der Kathedralschule zu Reims anwendete. Seine Schüler unterrichteten später an acht anderen Schulen in Nordwesteuropa, wo sie − ganz nach dem Vorbild ihres Lehrers – den Schwerpunkt auf die mathematischen Wissenschaften legten, die dieser aus islamischen Quellen in Spanien kennengelernt hatte.
Später gelangte Gerbert in den Ruf eines Zauberers, eine Legende, die in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts mit Wilhelm von Malmesbury ihren Ausgang nahm. Nach dessen Bericht floh Gerbert aus dem Kloster, um bei den Sarazenen Astrologie und die schwarzen Künste zu studieren, wo er »lernte, was Gesang und Flug der Vögel bedeute, wie man Gestalten aus der Unterwelt berufe, und was sonst Schädliches oder Heilsames der menschlicheFürwitz gefunden hat«. In einer Handschrift aus dem 13. Jahrhundert in der Bodleian Library in Oxford wird behauptet, Gerbert sei mit Hilfe von Dämonen Erzbischof und Papst geworden und habe einen Geist in einem goldenen Kopf zur Verfügung, den er bei der Lösung schwieriger mathematischer Aufgaben zu Rate ziehe.
Hermann der Lahme
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