Platon in Bagdad
Palermo. Danach kehrte er nach Ceuta zurück und verbrachte dort seinen Lebensabend.
Roger beauftragte al-Idrisi mit der Erstellung einer großen kreisförmigen Reliefkarte der Welt in Silber. Die Angaben dafür stammten aus griechischen und arabischen Quellen, vorwiegend aus Ptolemaios’
Geographie
, aber auch von Reisenden und Gesandten des Königs. Die Silbertafel ist schon seit langem verloren, aber die geographischen Einzelheiten übernahm al-Idrisi vermutlich in den Ausschnittskarten seines arabischsprachigen Kompendiums der Geographie,
Reise des Sehnsüchtigen, um die Horizonte zu durchqueren
, das überliefert ist. Dieses Kompendium befasst sich mit der physischen wie auch der beschreibenden Geographie und bietet Informationen zur politischen, wirtschaftlichen und sozialen Situation in den Ländern um das Mittelmeer und im Vorderen Orient – eine wahre Enzyklopädie der mittelalterlichen Welt. Über mehrere Jahrhunderte war al-Idrisis Werk in Europa ein beliebtes Lehrbuch, auch einige gekürzte Fassungen wurden veröffentlicht, die erste 1592 in Rom. 1619 erschien in Paris eine lateinische Übersetzung, und zwischen 1830 und 1840 entstand eine zweibändige Übersetzung ins Französische unter dem Titel
Géographie d
’
Édrisi
.
Friedrich II. (reg. 1212 – 1250), Kaiser des Heiligen RömischenReiches und König von Sizilien, war ein Enkel des Kaisers Friedrich I. Barbarossa und des normannischen Königs Roger II. Man nannte ihn
stupor mundi
, »das Staunen der Welt«, denn er war als Kind von sieben bis zwölf Jahren in Palermo aufgewachsen, wo er arabisch und sizilianisch sprach sowie Latein und Griechisch lernte. Als er 1211 im Alter von 14 Jahren zum Kaiser gewählt wurde, wandte er sich von seinen nördlichen Herrschaftsgebieten ab und dem Königreich Sizilien zu, wo er wie seine normannischen Vorfahren, die »getaufte Sultane« waren, im Stil eines orientalischen Potentaten in seinem Harem schwelgte.
Der Kaiser zeigte großes Interesse an den Naturwissenschaften und der Mathematik und lud verschiedene Gelehrte, die er als »Philosophen« bezeichnete, an seinen glanzvollen Hof, darunter Johannes von Palermo, Magister Theodorus und Michael Scotus. Er förderte auch ihre wissenschaftlichen Schriften und ihre Übersetzungen, zu denen Aristoteles’ Werke zur Physik und zur Logik gehörten, und schenkte im Jahr 1232 einige davon den Professoren an der Universität Bologna. In dem Brief, der dem Geschenk beilag, berichtete der Kaiser, wie er das Lernen seit seiner Jugend geliebt hatte und dass er sich neben den Staatsangelegenheiten noch die Zeit nahm, in seiner Bibliothek zu lesen, wo Handschriften aller Art »wohlgeordnet Unsere Schränke zieren«.
Von Friedrichs Gelehrtentum zeugt auch sein berühmtes Buch zur Falkenjagd,
De arte venandi cum avibus
(Die Kunst des Jagens mit Vögeln). Es ist nicht nur ein wissenschaftliches Buch zur Ornithologie, sondern zugleich ein detailliertes und schön illustriertes Handbuch zur Falknerei als Kunst und nicht als Sport. Friedrich sah sich in der Nachfolge von Aristoteles’
Zoologie
, die Michael Scotus Anfang des 13. Jahrhunderts übersetzt hatte. Allerdings kritisierte er auch einige Aspekte des Werks, so im Vorwort des Handbuchs: »Wir sind dem Aristoteles gefolgt, wenn es sich schickte, aber in vielen Fällen, und besonders, wenn er von der Natur einiger Vögel schreibt, scheint er von der Wahrheit abgewichen zu sein. Sokonnten Wir Uns dem Fürsten der Philosophen nicht immer anschließen, da er ja selten oder nie die Jagd betrieben hat, die Wir seit jeher geliebt und geübt haben.«
Friedrich II. führte unter anderem einen Briefwechsel mit dem berühmten Mathematiker Leonardo da Pisa, genannt Fibonacci (um 1170 – nach 1240), der ihm vorgestellt wurde, als er im Jahr 1225 in Pisa Hof hielt. Fibonacci hatte damals gerade sein
Liber quadratorum,
ein Buch über Zahlentheorie, abgeschlossen, das er dem Kaiser widmete: »Ich habe vom Podesta von Pisa gehört, daß es Euch gefällt, von Zeit zu Zeit der subtilen Beweisführung der Geometrie und der Arithmetik zu lauschen.«
Im Vorwort zu seinem berühmtesten Werk,
Liber abbaci
, dem Rechenbuch, schreibt Leonardo da Pisa über sein Leben. Sein Vater, ein Staatsbeamter der Republik Pisa, wurde um 1192 zum Leiter der pisanischen Handelskolonie in der algerischen Stadt Bugia (heute Bejaia) ernannt. Er nahm den Sohn mit nach Bugia, um ihn dort in der Kunst des Rechnens ausbilden zu lassen, das er »mit den neuen
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