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kannte, und anderen Leuten, unter denen ich den Leiter der Abteilung für Kunstförderung der Caisse des dépôts et consignations wiedererkannte. Sie setzten sich an den Nebentisch; ich mußte notgedrungen aufstehen und sie begrüßen. Bredane war sichtlich erfreut, mich zu sehen, immerhin verdankte er mir, was den heutigen Abend anging, eine ganze Menge. Das Gespräch zog sich in die Länge, Valérie setzte sich zu uns. Ich weiß nicht mehr, wer den Vorschlag machte, noch im Bar-bar einen trinken zu gehen; vermutlich Bredane selbst. Ich beging den Fehler zuzustimmen. Die meisten Swingerclubs, die versucht haben, einmal in der Woche einen SM-Abend in ihr Programm aufzunehmen, sind damit gescheitert. Das Bar-bar dagegen, das sich von Anbeginn auf sadomasochistische Praktiken spezialisiert hatte, ohne jedoch - mit Ausnahme ganz bestimmter Veranstaltungen - auf einem allzu strengen dress-code zu bestehen, war seit der Eröffnung ständig gut besucht. Meinen Informationen nach war das SM-Milieu ein recht spezifisches Milieu, das sich aus Leuten zusammensetzte, die für landläufige sexuelle Praktiken nur noch wenig übrighaben und es daher verabscheuen, normale Swingerclubs zu besuchen.
In der Nähe des Eingangs ging eine etwa fünfzigjährige, mit Handschellen gefesselte und geknebelte Frau mit pausbäckigem Gesicht in einem Käfig auf und ab. Als ich genauer hinsah, stellte ich fest, daß sie außerdem noch an den Knöcheln mit Metallketten an die Streben des Käfigs gekettet war; sie trug lediglich ein Korsett aus schwarzem Skai, auf das ihre großen schlaffen Brüste hinabhingen. Es handelte sich den Bräuchen des Lokals entsprechend um eine Sklavin, die von ihrem Herren für die Dauer des Abends versteigert werden sollte. Das schien ihr allerdings keinen großen Spaß zu machen, ich stellte fest, daß sie sich nach allen Seiten drehte, um ihren stark von Zellulitis gezeichneten Hintern zu verstecken; aber das war unmöglich, der Käfig war von allen vier Seiten her einsehbar. Vielleicht verdiente sie sich damit ihren Lebensunterhalt, meines Wissens konnte man sich für tausend bis zweitausend Franc am Abend als Sklave oder Sklavin verdingen. Ich hatte ganz den Eindruck, daß es sich um eine einfache Angestellte handelte - eine Telefonistin bei der staatlichen Krankenkasse zum Beispiel -, die diesen Job machte, um sich etwas hinzuzuverdienen. Es war nur noch ein Tisch frei, und zwar neben dem Eingang zur ersten Folterkammer. Kurz nachdem wir uns gesetzt hatten, wurde ein glatzköpfiger, dickbäuchiger höherer Angestellter in einem dreiteiligen Anzug von einer schwarzen Domina mit nacktem Hintern an einer Leine an uns vorbeigeführt. Auf der Höhe unseres Tisches blieb sie stehen und befahl ihm, den Oberkörper freizumachen. Er gehorchte. Sie holte Metallklammern aus ihrer Tasche ; er hatte für einen Mann ziemlich stark ausgebildete, fette Brüste. Sie machte die Klemmen an seinen Brustwarzen fest, die lang und rot waren. Er verzerrte das Gesicht vor Schmerz. Dann zog sie wieder an seiner Leine: Er ließ sich auf alle viere nieder und folgte ihr, so gut er konnte; die im gedämpftem Licht bleich schimmernden Falten seines Bauches wabbelten hin und her. Ich bestellte einen Whisky, Valérie einen Orangensaft. Ihr Blick war hartnäckig auf den Tisch gerichtet; sie beobachtete nicht, was um sie herum geschah, und nahm auch nicht an der Unterhaltung teil. Marjorie und Géraldine, die beiden Mädchen, die ich aus der Abteilung für bildende Kunst kannte, schienen dagegen sehr erregt zu sein. »Ganz schön brav heute abend, ganz schön brav... «, brummte Bredane enttäuscht. Er erklärte uns anschließend, daß sich an manchen Abenden die Gäste Nadeln in die Eier oder die Eichel stechen ließen; einmal hatte er sogar einen Typen gesehen, dem seine Domina mit einer Zange einen Fingernagel ausgerissen hatte. Valérie zuckte vor Abscheu zusammen.
»Ich finde das widerlich«, sagte sie, unfähig, sich länger zu beherrschen.
»Warum widerlich?« protestierte Géraldine. »Solange die Leute freiwillig daran teilnehmen, sehe ich nicht, was daran schockierend sein soll. Das ist eine Abmachung, das ist alles. «
»Ich glaube nicht, daß man freiwillig der Erniedrigung und dem Schmerz zustimmen kann. Und selbst wenn es der Fall sein sollte, scheint mir das kein ausreichender Grund zu sein. «
Valérie war wirklich aufgebracht, ich überlegte einen Augenblick, ob ich das Gespräch auf
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