Ploetzlich blond
ist?«
»Ja, genau der bin ich.« Gabriel streckte ihr seine Hand zur Begrüßung hin. »Hallo. Entschuldigen Sie bitte, dass ich mich nicht früher vorgestellt habe, aber man hat mich hier so schnell wieder rausgeschmissen, dass ich gar nicht dazu gekommen bin. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
Mom, die aussah, als wäre sie in Trance, schüttelte Gabriel die Hand und murmelte: »Sehr erfreut.« Gleichzeitig fragte Dad: »Wo waren Sie mit meiner Tochter?«
»Gabriel hat mich bloß zurückgebracht«, erklärte ich hastig. »Er hat mich … Ich kann das jetzt nicht auf die Schnelle erklären, das ist eine lange Geschichte. Aber es war nicht meine Idee, aus dem Krankenhaus zu verschwinden … er hat mich sozusagen gerettet.«
Gabriel warf mir ein dankbares Lächeln zu, das ich ebenso dankbar erwiderte, auch wenn er Nikki Howard offenbar für drogenabhängig hielt.
»Nun, wenn das so ist«, sagte Dr. Holcombe mit einer Herzlichkeit, die ein bisschen gezwungen klang, »dann müssen wir uns wohl bei Ihnen bedanken, Mr … ähem … Luna.«
»Nichts zu danken«, sagte Gabriel. »Wirklich nicht. Wobei ich der Meinung bin …«
Doch Dr. Holcombe schien sich nicht für Gabriels Meinung zu interessieren. Er wandte sich an meine Schwester. »Frida, ich würde mich mit deiner Schwester und deinen Eltern gern in Ruhe unterhalten. Geh doch nach unten und setz dich mit Mr Luna so lange in die Cafeteria.«
Sofort hörte Frida auf, mir todbringende Blicke zuzuwerfen, und starrte Gabriel verliebt an. Ich schwöre, dass ihre Pupillen dabei fast Herzchenform annahmen – sie sah aus wie eine Figur aus einem Zeichentrickfilm.
»Gerne«, hauchte sie mit einer Stimme, die ich bei ihr noch nie gehört hatte, und griff nach Gabriels Arm. »Komm mit.«
Ich hätte ihr in diesem Moment am liebsten eine gescheuert. Wieso benimmt sich meine Schwester Jungs gegenüber nur immer so – tut mir leid, aber anders lässt es sich nicht ausdrücken - mädchenhaft ? Doch dann fiel mir wieder ein, wie schön es sich anfühlt, geküsst zu werden, und ich konnte sie ein bisschen verstehen.
»Tja, also …« Gabriel warf mir einen hilflosen Blick zu, während Frida ihn zu dem Aufzug führte, aus dem wir gerade getreten waren. »Ich nehme an, wir sehen uns wieder …?«
Ich winkte ihm zu. »Äh …«
Bevor ich noch etwas sagen konnte, war er auch schon verschwunden. Möglicherweise für immer.
Aber es gab drängendere Probleme als die kindische Schwärmerei meiner Schwester für einen britischen Singer-Songwriter. Zum Beispiel, dass meine Mutter auf meine halb geöffnete Jacke starrte und sagte: »Um Gottes willen. Ist das etwa ein Hund in deiner Jacke?«
»Das ist Nikki Howards Hund«, erklärte ich.
»Wie kommst du«, wollte mein Vater wissen, »an Nikki Howards Hund?«
»Tja«, sagte ich. »Alles fing damit an, dass ich eines Morgens aufwachte und feststellte, dass jemand mein Gehirn in den Körper von Nikki Howard verpflanzt hat.«
Dr. Holcombe schaute sich unbehaglich um, öffnete die Tür zu einem Büro in der Nähe und winkte uns herein. »Komm doch bitte hier herein. Setz dich. Wir müssen uns unterhalten.«
»Oh ja«, sagte ich und folgte ihm hoch erhobenen Hauptes in den Raum. »Das kann man wohl sagen.«
»Du musst verstehen«, sagte Dr. Holcombe wenig später, als er hinter einem riesigen Mahagonischreibtisch saß und einen Becher Kaffee in den Händen hielt, »dass der Eingriff, den wir bei dir durchgeführt haben, notwendig war, um dein Leben zu retten.«
»Davon gehe ich stark aus«, entgegnete ich. »Ich nehme mal nicht an, dass sie aus lauter Jux und Tollerei Gehirne transplantieren, wenn es nicht nötig wäre. Wobei ich nicht weiß, womit ich die Ehre verdient habe, die Erste zu sein, bei der so eine Operation durchgeführt wurde.«
Dr. Holcombe räusperte sich. »Nun …«
»Moment mal.« Ich starrte ihn an. »Heißt das etwa … ich war nicht die Erste?«
»Um Gottes willen, nein. Das warst du nicht.« Dr. Holcombe lachte herzlich. »Die Jüngste vielleicht, aber auf keinen Fall die Erste.«
Ich blinzelte ihn entgeistert an. »Aber … das verstehe ich nicht. Ich habe erst vor ein paar Monaten einen Bericht über Gehirntransplantationen im Fernsehen gesehen, und da wurde ganz klar gesagt, dass diese Art von Operation bisher noch nie zuvor bei einem Menschen durchgeführt worden ist.«
»Zumindest nicht offiziell, das stimmt«, räumte Dr. Holcombe ein. »Die bisherigen Empfänger haben es vorgezo gen, in der
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