Ploetzlich blond
berühmt. Der könnte dir sicher einen Platz an der Tribeca Highschool besorgen. Die würden dich mit Kusshand nehmen. Komm doch morgen früh gleich mit.«
Lulu verzog wieder das Gesicht. »Äh … danke, aber das ist nichts für mich.«
Ich schüttelte den Kopf. »Mensch, Lulu. Du bist erst siebzehn. Wenn du jetzt nicht zur Schule gehst, machst du es nie mehr. Sag mal, wieso wohnst du eigentlich alleine und nicht zu Hause?«
Ihr hübsches Elfengesicht nahm einen verwunderten Ausdruck an. »Aber ich wohne doch gar nicht alleine«, sagte sie. »Ich wohne mit dir zusammen.«
»Schon. Aber warum wohnst du nicht bei deinen Eltern?«
»Meine Mutter ist mit meinem Snowboardlehrer abgehauen und hat keine Zeit mehr für mich«, sagte Lulu fröhlich. »Und die neue Frau von meinem Vater ist gerade mal fünf Jahre älter als ich. Hättest du an meiner Stelle Lust, zu Hause zu wohnen?«
Mit diesen Worten trank sie ihren Drink aus, sprang vom Hocker, lief auf die Tanzfläche zurück und ließ mich an der Theke sitzen.
Allerdings blieb ich dort nicht lange allein, denn schon im nächsten Moment ließ Justin Bay sich auf dem Barhocker nieder, den Lulu gerade frei gemacht hatte. »Erwartest du etwa ernsthaft, dass ich dir glaube, dass du dich an nichts - an gar nichts – von dem erinnerst, was in Paris zwischen uns war …?«
Ich winkte dem Barkeeper, der mir einen zweiten Nikki Spezial rüberschob.
»Darüber möchte ich nicht mit dir reden«, sagte ich zu Justin. »Du bist Lulus Freund. Und nein, ich erinnere mich an nichts. Ich habe eine Amnesie. Das Wort kommt aus dem Grie chischen und bedeutet genau das: ohne Erinnerung sein .«
»Wow.« Justin schlang mir einen Arm um die Taille und beugte sich vor, um mich auf den Hals zu küssen. »Da fällst du einmal auf den Kopf und wirst zur Intelligenzbestie? Ich bin beeindruckt. Aber ich sag dir was, Nikki. Wenn jemand deiner Erinnerung auf die Sprünge helfen kann, dann ich. Ich hab da so meine Methoden …«
Es war Wahnsinn. Mein Körper reagierte sofort auf die Wärme seiner Lippen an meinem Hals. Es fühlte sich an, als würde mein Rückgrat unter Strom stehen. Angenehm … unter Strom stehen.
Die Sache war nur die, dass Lulu ungefähr zehn Meter vor uns tanzte.
Was als Nächstes passierte, war eine genauso impulsive Reaktion auf das, was er gesagt hatte, wie die meines Körpers auf die Berührung seiner Lippen: Ich schüttete ihm nämlich den Inhalt des Glases, das der Barkeeper mir hingeschoben hatte, ins Gesicht.
Die Leute um uns herum schrien erschrocken auf, als Justin spuckend und prustend vom Hocker sprang. Er sah total geschockt aus, und noch geschockter, als er seine tropfnassen Lippen ableckte. »Du trinkst Wasser?«
»Das ist ein Nikki Spezial «, erklärte ich würdevoll und rutschte von meinem Barhocker. »Ich trinke keinen Alkohol.
Und ich lasse mich auch nicht mit den Freunden meiner Freundinnen ein. Merk dir das.«
Um mich herum wurde applaudiert, während ich hoch erhobenen Hauptes davonging.
Lulu tanzte mit drei anderen Mädchen, die sich alle im 80's-Look gestylt hatten. Es war, als hätte sie eine verschlüsselte Geheimbotschaft losgeschickt, bevor wir losgegangen waren. Irgendwie verrückt. Da war ich eines der erfolgreichsten Models der Welt, und es war mir nach wie vor ein Rätsel, wie diese Mädchen das machten. Woher sie wussten, welcher Look gerade angesagt war, meine ich.
»Lulu!«, versuchte ich, gegen die ohrenbetäubende Musik anzubrüllen. »Ich geh jetzt nach Hause. Du kannst ruhig bleiben, aber ich wollte dir sagen, dass es mir reicht.«
Lulu hörte auf zu tanzen und starrte mich entgeistert an.
»Auf keinen Fall«, rief sie und schüttelte ihre auftoupierte Mähne. »Wir haben eine Abmachung. Wir gehen nie allein. Wenn du gehst, gehe ich auch. Ich sag nur schnell Justin Bescheid, okay?«
»Ach so … äh«, rief ich. »Justin ist, glaub ich, sauer auf mich.«
»Oh.« Lulu verstand sofort, was ich meinte. »Hat er dich mal wieder angemacht?«
Jetzt war ich diejenige, die sie anstarrte. »Du hast es gewusst?«
Lulu verdrehte die Augen. »Klar. Ich weiß, dass Nikki sofort willenlos wird, wenn ein Typ sie küsst. Sie kann einfach nicht Nein sagen. Aber ich hab gedacht, das Problem wäre durch die Seelenübertragung vielleicht behoben worden.«
»Ich habe Nein gesagt«, rief ich. »Deswegen ist er jetzt sauer.«
Ich fand es ziemlich absurd, dass wir diese intime Unterhaltung schreiend auf einer Tanzfläche führten …
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