Plötzlich durch Gewalt
geöffnet hatte, als Conrad Lakeman mich beauftragte, seine Tochter zu suchen.
Ich weiß nicht, wie lange es
dauerte, bis das Feuer in mir etwas nachließ. Zoll um Zoll hob ich den Kopf,
bis ich meine Hände nicht mehr auf den Boden stützen mußte, um mich halbwegs zu
halten. Mit langsamen schmerzhaften Bewegungen erhob ich mich von den Knien auf
die Füße.
Was ich keineswegs konnte, war,
mich gerade aufzurichten. Ich hielt mich in gekrümmter Haltung vornübergebeugt,
beide Hände fest auf meinen Magen gedrückt. In diesem Augenblick war ich fest
überzeugt, daß ich in dieser Haltung den Rest meines Lebens verbringen würde;
und das konnte im allerhöchsten Falle noch fünfzehn Minuten dauern.
»Jetzt begreife ich es«, sagte
eine klare, helle Stimme irgendwo hinter mir. »Sie müssen ein Masochist sein,
Danny .«
Es dauerte eine Weile, bis ich
mich herumgedreht hatte, um sie anzusehen. Die Tür zum Atelier stand noch
offen, und Pandora lehnte gegen den Türrahmen, die Arme unter ihren Brüsten
verschränkt; sie sah mich ruhig an.
»Ich dachte, er bringt Sie um«,
sagte sie. Sie schien enttäuscht zu sein, daß er es nicht getan hatte.
»Das dachte ich auch«,
flüsterte ich heiser.
»Es wäre nie dazu gekommen,
wenn Sie mir zugehört hätten, als Sie herkamen«, sagte sie gleichgültig. »Aber
Sie mußten den starken Mann spielen, Douglas auf den Kopf hauen und mit Ihrer
Waffe in der Küche herumfuchteln. Es ist alles Ihre eigene Schuld .«
»Sie haben völlig recht«,
stimmte ich ihr zu und fühlte mich elend. »Aber macht es Ihnen etwas aus, mir
auch zu sagen, was, zum Teufel, zwischen Ihnen und dem Bärtigen und Suzy Lakeman vorgeht ?«
»Sitzen Sie noch nicht tief
genug drin, daß Sie Ihre Nase noch in Dinge stecken, die Sie nichts angehen ?« fragte sie.
»Na schön«, murmelte ich. »Im
Augenblick würde ich mich auch mit einem Drink zufriedengeben; etwa ein Glas
reiner Alkohol, das wäre im Moment gerade das Richtige .«
»Was glauben Sie, wo Sie hier
sind? Bei der Heilsarmee etwa«, erwiderte Pandora verächtlich und schlug mir
dann die Tür vor der Nase zu.
Langsam drehte ich mich um und
betrachtete die Treppe. Im Augenblick erschien sie mir so steil und hoch, daß
der Mount Everest daneben nur ein Maulwurfshaufen war. Ich brauchte lange, um
die Stufen hinauf und zu meinem Wagen hinauszukommen, weil ich ein alter, alter
Mann war, und jemand hatte mir die Eingeweide herausgerissen und sie durch
einen Block weißglühenden Metalls ersetzt.
Die Rückfahrt zu meinem
Apartment brauchte viel Zeit, aber als ich es schließlich geschafft hatte,
ließen die Schmerzen schon etwas nach. Ein heißes Bad half, und ein Glas
ordentlicher Kognak machte es noch besser. Über meinem Magen zeichnete sich ein
Fleck in der Größe eines Silberdollars ab, der dunkelblau angelaufen war; aber
ich würde es schon überleben. Ich trank noch mehr Kognak, um das Ereignis zu
feiern. Dann ging ich wieder fort.
Alles, was mir meine Schmerzen
und Plagen bisher eingebracht hatten, waren eine Unmenge Fragen und nicht eine
einzige Antwort. Warum hatte jemand Joey Benard umgelegt? Und überhaupt: Wer
hatte die Waffe abgedrückt? Warum hatten Pandora und Douglas Sheatham diese Suzy aus dem Apartment geschleppt und sie
dann in Douglas’ Atelier gefangengehalten ? Warum
wollte Suzy nicht zu ihrem alten Herrn nach Hause zurück?
Ich fuhr durch den dunklen
Central Park und fragte mich, ob ich mich nicht auf meinen Geisteszustand untersuchen
lassen sollte, um festzustellen, ob ich noch ganz bei mir wäre. Der dumpfe
Schmerz unter meiner Gürtelschnalle verlich dieser
Überlegung Nachdruck. Diese Geschichte, die mit der Jagd nach Suzy Lakeman begann, hatte mir bisher nicht viel mehr als
Bauchschmerzen eingetragen. Na ja, genaugenommen kamen noch lumpige tausend
Dollar dazu. Aber da saß ich und arbeitete immer noch an der Geschichte, ohne
daß mich ein Klient für meine Zeit oder gar für meine Bauchschmerzen bezahlte.
Eigentlich — meinte ich — sollte ich sofort umkehren und nach Hause fahren,
wenn ich auch nur noch halb bei Sinnen wäre.
Und trotzdem: ich hatte da so
eine Ahnung. Mein sechster Sinn, der sich immer meldet, wenn es um Geld geht,
machte Überstunden. Wenn ich irgendwie dahinterkäme, was eigentlich vorging,
würde sich das für mich bezahlt machen. Davon war ich überzeugt.
Ich parkte meinen Wagen vor der
würdigen Fassade eines Hauses in der Park Avenue und trat dann in die Vorhalle,
um nach Harold H.
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