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Plötzlich durch Gewalt

Plötzlich durch Gewalt

Titel: Plötzlich durch Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Masters zu suchen. Sein Apartment lag in der dritten Etage,
und der Fahrstuhl beförderte mich zu einem Vorplatz in der Größe einer
Sardinenbüchse; ich stand vor seiner Tür, die mit einem schlichten
schmiedeeisernen Klopfer versehen war.
    Die Tür öffnete sich etwa sechs
Zoll weit, fast unmittelbar nach meinem zweiten Klopfen. Zwei leuchtendblaue
Augen musterten mich gespannt mit nervösem Blick.
    »Was wollen Sie«, fragte der
Mann schroff.
    »Sind Sie Mr. Masters ?« fragte ich. »Harold Masters?«
    »Ja, was gibt’s denn ?«
    »Ihre Todesanzeige, und über
die möchte ich gerne mit Ihnen reden. Wissen Sie, ich meine die, die noch nicht
in den Zeitungen erschien, aber gesetzt wurde, um Ihnen zu zeigen, wie es
aussehen würde, wenn sie je gedruckt werden sollte.« Ich lächelte ihm
ermutigend zu. »Ich meine, mit Vierundfünfzig sind Sie noch zu jung, um zu
sterben — plötzlich durch Gewalt. Finden Sie nicht auch, Mr. Masters ?«
    »Sie kommen wohl besser
herein«, sagte er mit dünner Stimme.
    Die Tür öffnete sich weiter,
als er in die Wohnung zurücktrat. Ich folgte ihm hinein und schloß höflich die
Tür hinter mir. Dann erblickte ich die Waffe in seiner Hand. Es sah aus, als
finge die alte Geschichte von neuem an.
    »Das brauchen Sie nicht, Mr.
Masters, wirklich nicht .«
    Er war groß und dünn, und in
seinen Gesichtszügen lag der Ausdruck eines Mannes, der dazu geboren ist, sich
Sorgen zu machen. Falls es so weiterginge, würde ich in spätestens
vierundzwanzig Stunden ebenso aussehen.
    »Hier haben Sie meine Antwort«,
sagte er rauh und fuchtelte mit der Waffe herum. »Sie
sind hierhergekommen, um mich umzubringen. Sie haben sich aber gründlich
geirrt. Ich bin nicht so leicht einzuschüchtern. Ich werde Sie umlegen .«
    Seine Augen weiteten sich
plötzlich, und dann drückte er auf den Abzug. Die Waffe ging mit lautem Krachen
los, und das Geschoß grub sich irgendwo hinter mir in die Tür.
    Ich schlug mit der Handkante
fest auf sein Handgelenk, und die Waffe flog ihm aus der Hand; es gab keinerlei
Geräusch — weder dumpf noch sonstwie —, als sie auf
den dicken Teppich fiel.
    Masters starrte mich einen
Augenblick lang an, dann sagte er mit belegter Stimme: »Also gut, Sie können
mich auch gleich umbringen, damit es vorbei ist .«
    Dann vergrub er sein Gesicht in
den Händen und begann laut zu schluchzen.
    Ich habe es ja schon gesagt: es
war eine teuflische Nacht; vom Anfang bis zum Ende.
     
     
     

5
     
    Ich hob die Waffe vom Teppich
auf und steckte sie in die Tasche. Masters war noch völlig mit seiner Hysterie
in gedämpftem Moll beschäftigt. Darum zündete ich mir eine Zigarette an und sah
mich in dem Raum um, während meine Nervenspitzen aufmunternd zuckten und mir
nachdrücklich versicherten, daß ich noch am Leben sei.
    Seine Sammlung moderner Gemälde
bedeckte die Wände seines Apartments, als ob Farbe und Tapete unanständige
Sachen wären, die man am besten aus seiner Wohnung verbannte. Manche Namen, wie
Andrew Wyeth und Fausto Pirandello, kannte ich, aber Maler wie Picasso, Dali,
Chagall und Miro waren mir völlig unbekannt. Schließlich ist in meiner Wohnung
das, was moderner Kunst am nächsten kommt, ein Wandspiegel; und der gibt
getreulich das moderne und trotzdem klassische Profil eines gewissen Daniel
Boyd wider — vorausgesetzt, daß besagter Daniel Boyd hineinschaut.
    Ein weiterer Name, den ich auf
den Bildern erkannte, war Douglas Sheatham . Und ich erkannte
auch das Modell, selbst wenn es diesmal angezogen — also sagen wir: fast
angezogen — war. Auch mit einer Sonnenbrille hätte man den Glorienschein eines
tropischen Sonnenaufgangs nicht übersehen können, der ihr Gesicht umgab. Diese
leuchtendblauen Augen, diese prallen Brüste, die sich unter dem Gespinst hoben,
das sich der Maler in unzulänglicher Weise als Chiffon vorstellte. Pandora auf
einem Gemälde, das man am besten als »Brustbild mit Kopf« charakterisieren
konnte; mit oder ohne die Büchse ihrer schicksalhaften Tricks, je nachdem, mit
welchen Augen man das Bild betrachtete.
    »Also worauf warten Sie noch ?« fragte Masters mit brüchiger Stimme. »Sie sind doch
hergekommen, um mich zu ermorden, oder nicht ?«
    »Ich bin hergekommen, um mit
Ihnen zu reden«, antwortete ich. »Und Sie wollten mir ein Loch in den Kopf
schießen. Sammeln Sie eigentlich nur die Bilder von Halb- und Vollidioten? Was
versuchen Sie eigentlich? Wollen Sie eine neue Richtung begründen ?«
    Er blinzelte mich langsam an.
»Sie

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