Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
würde ich dir nur nehmen. Deshalb ist es besser, wenn ich gehe. Nach dieser Nacht wirst du mich nicht wiedersehen.«
Wie vorausgesehen hatte meine Erklärung verheerende Auswirkungen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie schlug entsetzt beide Hände vor den Mund. »Nein!«, keuchte sie mit Panik in der Stimme. »Oh nein! Bitte, du darfst nicht gehen! Was … was soll ich denn tun … ohne dich?« Schluchzend brach sie in Tränen aus.
Ich verkniff mir ein triumphierendes Lächeln, überquerte den Bach und zog sie an mich. »Nicht weinen«, flüsterte ich und streichelte ihr übers Haar. »Glaube mir, es ist besser so. Dein Volk würde mich niemals akzeptieren – sie würden mich mit Eisen und Fackeln vertreiben und versuchen, mich zu töten. Sie würden es tun, um dich zu schützen. Es ist selbstsüchtig von mir, mich mit dir zu treffen.«
Schniefend blickte Brynna zu mir auf, und in die finstere Verzweiflung auf ihrem Gesicht mischte sich wilde Entschlossenheit. »Mir ist egal, was die anderen sagen! Nimm mich mit dir. Ich werde alles tun, alles, was du willst. Aber bitte verlass mich nicht. Ich würde es nicht überleben, wenn du gehst!«
Wir schmiegten uns aneinander, das Mädchen legte den Kopf an meine Brust und ihr strahlender Schein hüllte uns ein. Schließlich lehnte ich mich zurück, um ihr in die Augen sehen zu können. »Liebst du mich, Brynna?«
Ohne zu zögern, nickte sie. »Von ganzem Herzen.«
»Würdest du alles für mich tun?«
»Ja.« Sie klammerte sich an mein Hemd. »Alles, Liebster. Du musst nur fragen. Einfach alles.«
Ich trat zurück, stieg über den Zaun und entfernte mich so weit von ihr, dass die Schatten mein Gesicht verbargen. »Dann komm«, sagte ich leise und streckte ihr eine Hand entgegen. »Komm mit mir.« Ich wartete. Wartete ab, ob sie jahrelange Erziehung, fest verwurzelte Ängste, Furcht einflößende Geschichten und zahllose Warnungen, dem schönen Feenprinzen bloß nicht in den Wald zu folgen, innerhalb eines Augenblicks vergessen würde.
Sie zögerte nicht. Ohne sich auch nur einmal umzudrehen, kam sie zu mir, legte ihre Hand in meine und lächelte mich voll kindlichem Vertrauen an. Ich erwiderte ihr Lächeln und führte sie in den Wald hinein.
»Wo gehen wir hin?«, fragte sie wenig später, als wir Hand in Hand durch den Wald eilten. Schatten streckten sich uns entgegen, Äste griffen nach ihr und krallten sich in ihre Kleidung. Sie wussten, dass ein Mensch hier im Wald nichts zu suchen hatte, doch Brynna verspürte auch weiterhin keinen Argwohn und war einfach nur glücklich, bei ihrem Prinzen zu sein, auch wenn der sie durch einen finsteren Wald zerrte, in dem nicht einmal die Bäume ihre Anwesenheit tolerierten.
»Du wirst schon sehen«, erwiderte ich und zog sie geschickt zur Seite, als sich ihr ein Dornbusch in den Weg stellen wollte. Und da ich wusste, dass sie mich so lange nerven würde, bis ich nachgab, fügte ich noch hinzu: »Das ist eine Überraschung.«
Ein Irrwisch huschte hinter uns zwischen den Bäumen herum und versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Als ich ihn finster anstarrte, wirbelte er davon, doch sein leises Gelächter hallte zwischen den Ästen nach. In den Büschen erhob ein Kobold sein mit Warzen überzogenes Haupt und musterte uns finster. Er fuhr sich zwar mit der schwarzen Zunge vielsagend über die Lippen, wagte es aber nicht, uns zu nahe zu kommen. Brynna schien das alles nicht zu sehen, sie summte nur leise vor sich hin und folgte mir immer tiefer in den Wald.
Schließlich erreichten wir eine kleine runde Lichtung, auf der grob behauene Steine einen Kreis um einen verwitterten Altar bildeten. Er wurde zu verschiedenen Anlässen benutzt – Tänze, Blutrituale, Opferungen –, doch heute diente er einem anderen Zweck. Brynna musterte den Steinkreis neugierig, bevor sie sich wieder lächelnd zu mir umdrehte. Sie war vollkommen ahnungslos.
Rowan stand ganz in unserer Nähe, er lehnte mit verschränkten Armen an einem der Steine und grinste mich spöttisch an. Der Schein machte ihn unsichtbar für die Augen der Sterblichen, doch in mir weckte sein Anblick Entschlossenheit. Ich war schon so weit gekommen – nun wurde es Zeit, die Beute zu erlegen.
Sanft zog ich Brynna zum Altar, und sie folgte mir widerstandslos, immer noch voller Vertrauen, dass ihr Prinz sie beschützen würde. Ich hob sie hoch, setzte sie auf den flachen Stein, nahm ihre Hände und sah ihr tief in die Augen.
»Liebst du mich?«, fragte ich
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