Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
hatte, in der ihre Träume unversehrt waren. Als der Mond unterging und die Sterne am Himmel verblassten, überzog ich den Altar mit einer dünnen Reifschicht. Die Kälte reichte aus, um sie zu wecken.
Zitternd setzte sie sich auf und sah sich verwirrt um. Als sie mich neben einem der Steine entdeckte, verschwand die Schläfrigkeit aus ihrem Blick und sie begann zu strahlen. Sie hob ihr Kleid auf, zog es an und kam mit ausgebreiteten Armen zu mir, um mich zu umarmen.
Während sie auf mich zukam, musterte ich sie kalt und umgab mich mithilfe des Scheins mit eisiger Luft. Noch bevor sie mich erreichte, blieb sie zögernd stehen und sah mich verwirrt an.
»Liebster?«
Als ich sie so ansah, wurde mir klar, wie einfach das werden würde. Sie war so zerbrechlich, ihr Herz lag in meiner Hand wie eine zarte Glaskugel, in der all ihre Wünsche, Hoffnungen und Träume ruhten. Wenige Worte, mehr brauchte es nicht, um aus diesem eifrigen, strahlenden Wesen eine leere, gebrochene Hülle zu machen. Rowans spöttischer Kommentar, mit dem er sich über meine Unwissenheit lustig gemacht hatte, hallte noch in meinen Ohren. Dachtest du tatsächlich, die Sache würde ein glückliches Ende nehmen? Bei einer Sterblichen und einem Feenwesen? Was dachtest du denn, wie es ausgeht?
Ich blickte ihr direkt in die Augen, lächelte kalt und zerschmetterte die Illusion. »Geh nach Hause, Mensch.«
Sie sank ein wenig in sich zusammen und ihre Lippen begannen zu zittern. »W-was?«
»Das alles langweilt mich.« Ich verschränkte die Arme, lehnte mich gegen den Stein und musterte sie abfällig. »Du langweilst mich, genau wie dieses ganze Gerede von Liebe, Schicksal und Ehe.«
»Aber … aber du hast doch gesagt … ich dachte …«
»Was dachtest du? Dass wir heiraten würden? Dass wir zusammen durchbrennen? Und jede Menge Halbblutkinder kriegen?« Angewidert schüttelte ich den Kopf, was sie noch weiter in sich zusammensacken ließ. »Ich hatte nie vor, dich zu heiraten, Mensch. Es war nur ein Spiel, und das Spiel ist nun vorbei. Geh nach Hause und vergiss das Ganze, denn genau das werde ich auch tun.«
»Ich dachte … ich dachte, du liebst mich …«
»Ich weiß ja nicht einmal, was Liebe ist«, erklärte ich wahrheitsgemäß. »Außer dass sie dich schwach macht und dass du niemals zulassen solltest, dass sie dich vereinnahmt. Sonst wird sie dich am Ende vernichten.« Sie schüttelte heftig den Kopf, doch ich konnte nicht sagen, ob sie damit Widerspruch oder Ungläubigkeit ausdrücken wollte. Es war mir auch egal. »Nichts von alledem war echt, Mensch. Versuche nicht, mich zu finden, denn du wirst mich nicht wiedersehen. Es war ein Spiel, und du hast verloren. Und nun sag mir Lebewohl.«
Wie betäubt sank sie auf die Knie, während ich mich umdrehte und zwischen den Bäumen verschwand. Kurz darauf zerriss ein grauenhafter, durchdringender Schrei die Stille und ein Vogelschwarm stieg erschrocken zwischen den Bäumen auf. Ich blickte nicht zurück. Während immer mehr Schreie ertönten, einer schrecklicher als der andere, tauchte ich in die Tiefen des Waldes ein, und das Triumphgefühl überlagerte meine leisen Zweifel.
Als ich mich dem Steig näherte, der mich ins Winterreich zurückbringen würde, spürte ich plötzlich, dass ich nicht allein war. Zwischen den Bäumen stand eine große, dunkle Gestalt in einer weiten Robe, deren Gesicht von einer Kapuze verdeckt wurde. Während ich nach meinem Schwert griff, hob sie ihren knorrigen Stab und deutete damit auf mich …
Keuchend kam ich zu mir und hob das Gesicht von dem kalten Steinboden des Schlosses. Nur langsam fand ich in die Gegenwart zurück. Der Wächter ragte kühl und unbeteiligt über mir auf. Mühsam kämpfte ich mich auf die Füße und lehnte mich an die Wand, während die Erinnerung an jenen Tag mir noch klar und schmerzlich vor Augen stand.
Brynna. Das Mädchen, dessen Leben ich zerstört hatte. Nach unserem letzten Treffen hatte ich noch einmal beobachtet, wie sie allein und mit leerem Blick am Bach entlangwanderte. Danach hatte ich sie nie wieder gesehen und auch nie wieder an sie gedacht, bis mich eines Tages die alte Druidenpriesterin aufspürte. Sie stellte sich als Brynnas Großmutter vor, die Hohepriesterin des Clans, und verlangte zu wissen, ob ich derjenige sei, der ihre Enkeltochter getötet hatte. Das Mädchen war in eine tiefe Melancholie verfallen, hatte jede Nahrung verweigert und nicht mehr geschlafen, bis ihr Körper eines Tages einfach aufgegeben
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