Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
Daumen meine Wange streichelte. »Zumindest genug, um mit dem Rest der Feenwelt mitzuhalten. Vielleicht sogar genug, um nicht zu altern.« Er lachte leise, als fände er den Gedanken faszinierend. »Du solltest dich besser an dieses Gesicht gewöhnen, Königin. Denn ich habe vor, sehr, sehr lange zu bleiben. Wahrscheinlich sogar für immer.«
Mir stiegen die Tränen in die Augen und das warme Gefühl reinen Glücks breitete sich in mir aus, verdrängte alle Finsternis und ließ nur noch Platz für überschäumende Freude. Und dabei fiel mir nichts anderes ein als: »Aber bist du nicht schon jahrhundertealt?«
Ash zog mich noch dichter an sich. »Ich bin für dich bis ans Ende der Welt gereist, und dir fällt nichts Besseres ein, als dass ich mich gut gehalten habe?«, fragte er empört, doch seine Augen strahlten und er lächelte breit. Ich beschloss, dass mir dieser Ash gefiel. Er war jetzt so gelöst und unbeschwert, als hätte die Seele einen Teil von ihm befreit, der in der Kälte des Winterhofes nie hatte ans Licht kommen dürfen. Ich bekam Lust, ihn noch ein wenig zu ärgern.
»Also, von gut war eigentlich nie die Rede …« Doch in diesem Moment umfasste Ashallayn’darkmyr Tallyn zärtlich mein Gesicht und drückte seine Lippen auf meine, begleitet vom Jubel des Eisernen Hofes. Und damit begann der erste Tag unseres gemeinsamen »Für Immer« – genauso, wie es sein sollte.
Ein warmer Wind strich durch die Bäume in einem gewissen Tal und ließ die Blätter rauschen, dann pfiff er durch das Skelett einer riesigen Echse, das im Zentrum der Senke aufragte. Wie es dort hingestreckt mitten auf der Lichtung lag, wirkte es extrem fehl am Platz, ein Relikt des Todes zwischen so viel Leben. Der einst schlammige Boden war mit Blumen bedeckt, Vögel zwitscherten in den Bäumen und die Sonne bahnte sich strahlend einen Weg zwischen den Wolken hindurch und ließ den Nebel verdunsten, der an einzelnen Stellen im Tal noch immer zwischen den Dornen hing. In diesem farbenfrohen Reigen wirkte das Skelett mit seinen ausgebleichten Knochen und dem aufgerissenen Maul bedeutungslos, und auch hier tat die Natur langsam, aber stetig ihr Werk. Moose und Flechten krochen an dem toten Riesen empor, winzige Blumen sprossen zwischen seinen Rippen und schlangen zarte Wurzeln um die Knochen. Die Jahreszeiten würden nicht mehr oft wechseln, bis er völlig verwandelt war.
Zwischen den Dornenranken schob sich ein Schatten hervor. Als er blinzelnd ins Sonnenlicht trat, entpuppte er sich als großer, grauer Kater mit goldenen Augen. Er schlich durch das Tal, vorbei an dem langsam verschwindenden Skelett bis zu einem großen Holunderbaum, der in voller Blüte stand. Vor dem Stamm setzte er sich, legte den buschigen Schwanz um die Pfoten und schloss die Augen, als wollte er dem Geräusch des Windes in den Bäumen lauschen. Als ein paar weiße Blütenblätter um ihn herumwirbelten und seine langen Schnurrbarthaare umspielten, schien er zu lächeln.
»Es freut mich, dass du endlich Frieden gefunden hast.«
Das Rascheln der Blätter über ihm klang fast wie Gelächter. Der Kater stand auf, hob den Kopf und ließ den Wind durch sein Fell streichen. Dabei beobachtete er aufmerksam, wie ein Blütenblatt durch die Luft wirbelte. Plötzlich zuckte er mit dem Schwanz und sprang so schnell ins Unterholz, dass nur ein grauer Schatten zu erkennen war, der vollständig vom Licht verschluckt wurde.
Überlebenshandbuch für das Nimmernie
Haftungsausschluss
Dieser Leitfaden soll all jenen, die wagemutig genug sind, in das Reich der Feen reisen zu wollen, eine minimale Chance einräumen, die Begegnung mit den dort existierenden Kreaturen zu überleben. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Verfasserin dieses Leitfadens keinerlei Haftung übernimmt für Verlust oder Beschädigung der Seele, unwiderrufliche Verführungen sowie zufällige oder beabsichtigte Todesfälle. In der Regel ist eine Reise durch das Feenreich mit erheblicher Gefahr verbunden und deshalb nicht zu empfehlen. Betrachten Sie dies als ausdrückliche Warnung.
Vorbereitung
Auf eine Reise in das Nimmernie kann man sich nicht angemessen vorbereiten. Es gibt jedoch ein paar Regeln, deren Beachtung Ihre Überlebenschancen beträchtlich steigern können.
Was zieht man an?
Die richtige Kleidung für das Nimmernie sollte sowohl praktisch als auch bequem sein. Falls Sie nicht sicher sind, ob ein Kleidungsstück geeignet ist, fragen Sie sich Folgendes: Würde es mich behindern, wenn
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