Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
Streitigkeiten zu schlichten, Rohstoffe zu verwalten, mir Beschwerden anzuhören und irgendwie dafür zu sorgen, dass mein Land und mein Volk nicht den anderen Feenhöfen zum Opfer fielen, die uns am liebsten tot sehen würden. Und all das, während ich ganz nebenbei mein eigenes Königreich wieder aufbauen und seine Position festigen musste. Man will ja nicht jammern, aber das war schon ziemlich viel verlangt von einer einst durchschnittlichen Siebzehnjährigen, die erst kürzlich ein ganzes Reich voll Eiserner Feen geerbt hatte. Zugegeben, manche Tage waren anstrengender als andere.
Ich rutschte auf meinem Thron herum, einer riesigen Monstrosität aus Holz und Eisen, die auch durch die dicken Kissen, auf denen ich saß, kein bisschen bequemer wurde. Anfangs hatte ich scherzhaft vorgeschlagen, wir sollten bei den langen Sitzungen einen Fernsehsessel benutzen, doch sowohl Glitch als auch mein oberster Berater, ein Elsterling namens Fix, hatten das kategorisch abgelehnt. Sie meinten, die Eiserne Königin müsse stark und beeindruckend wirken, selbst im Sitzen. Zumindest nach außen hin müsse die Eiserne Königin unverwundbar erscheinen. Sie verstanden unter »unverwundbar« wahrscheinlich steif und verspannt. Zumindest war mein Rücken dieser Meinung.
Das ist das Eiserne Reich , dachte ich während einer kurzen Pause zwischen zwei Audienzen. Da muss es doch nicht so altmodisch zugehen. Ich wette, Diode könnte es so einrichten, dass Petitionen auch per E-Mail eingehen können oder so.
Der nächste Bittsteller trat vor. Es handelte sich um eine Drahtnymphe, deren Heimat dicht an der Grenze zum Winterreich lag. Geduldig hörte ich zu, wie sie die neuesten Entwicklungen schilderte: Kleine Gruppen von Winterrittern terrorisierten die Stämme, die dicht an der Grenze lebten. Ich würde mit Mab darüber reden müssen; sie hatte dafür zu sorgen, dass ihre Untertanen sich ebenfalls an das Friedensabkommen hielten. Darauf freute ich mich schon. Die Winterkönigin hasste mich sowieso, weil ich Oberons Tochter war, und jetzt, wo ich ebenfalls eine Königin war, musterte sie mich stets mit einer Miene, die man nur noch als gruselig bezeichnen konnte. Trotzdem: Ich war eine Königin. Ich hatte meinen eigenen Hof, und laut Feengesetz musste die Winterkönigin mich anhören, ob ihr das nun passte oder nicht.
»Alkalia«, sagte ich schließlich. Ganz bewusst hatte ich mir den Namen der Nymphe gemerkt. »Es war richtig, mich auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Sobald es mir möglich ist, werde ich mit Königin Mab darüber sprechen.«
»Zu großzügig, Majestät.« Die Nymphe verbeugte sich und wurde hinausbegleitet. Mit einem Nicken wies ich Fix an, die Angelegenheit in meinen Organizer einzutragen, der bereits eine lange Liste von Dingen enthielt, die erledigt werden mussten.
»Lasst uns eine Pause machen«, sagte ich und stand auf. In meinem Rücken knackte es, als ich mich streckte. Fix zwitscherte eine Frage und der Schrotthaufen auf seinem Rücken wackelte, als er sich zu mir umdrehte. »Wir sitzen jetzt seit fast vier Stunden hier«, erwiderte ich. »Ich habe Hunger, mein Kopf tut weh und mein Hintern ist schon ganz taub, weil ich so lange auf diesem Folterinstrument hocken musste. In einer Stunde machen wir weiter, okay?«
Fix grummelte zustimmend, doch in diesem Moment schwangen knarrend die Türen zum Thronsaal auf und Glitch kam herein. Die Eisernen Feen wichen scharenweise zur Seite, als mein Erster Leutnant sich dem Thron näherte. Sein schmales Gesicht war angespannt. Hinter ihm ging eine Gestalt in einem zerrissenen Mantel, dem der Staub einer langen Reise anhaftete und dessen tiefe Kapuze das Gesicht verdeckte.
»Majestät.« Am Fuß des Throns angekommen, verbeugte sich Glitch. Die Stimme meines Ersten Leutnants klang ernst, doch zugleich schien er sich ein Lächeln verkneifen zu müssen. »Dieser Reisende hat einen langen Weg auf sich genommen, um eine Audienz zu erbitten. Ich weiß, dass du momentan sehr beschäftigt bist, aber bedenkt man seine Strapazen, könntest du ihn vielleicht doch anhören.«
Glitch verbeugte sich noch einmal und trat zurück, bis er am Rand der Menge stand. Ich warf ihm einen fragenden Blick zu, doch er sah stur geradeaus, ohne irgendetwas preiszugeben. Normalerweise machte sich der Erste Leutnant nicht die Mühe, Bittsteller persönlich in den Thronsaal zu führen, er war durch seine anderen Pflichten völlig ausgelastet, zu denen unter anderem die Organisation unserer
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