Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
Puck erschien neben mir und spähte ebenfalls hinaus. Er benahm sich völlig normal, so als hätte der Wortwechsel zwischen uns nie stattgefunden. »Was guckst du?«
»Ich weiß nicht.« Sorgfältig suchte ich die Bäume und Schatten ab, versuchte den Sturm und die Dunkelheit mit Blicken zu durchdringen, konnte aber nichts Außergewöhnliches entdecken. »Es kommt mir so vor, als würden wir beobachtet.«
»Hm.« Puck kratzte sich an der Wange. »Ich spüre nichts. Und der Fellball ist noch da, was einiges zu sagen hat. Du weißt doch, sobald sich Gefahr nähert, verschwindet der schneller, als du puff sagen kannst. Bist du sicher, dass du nicht bloß paranoid bist?«
Der Regen strömte herab und in der Dunkelheit rührte sich nichts. »Ich weiß nicht«, sagte ich schließlich. »Könnte sein.«
»Tja, du kannst gern hier stehen bleiben und dir Sorgen machen. Ich werde jetzt essen. Wenn du etwas Großes, Hungriges siehst, das in unsere Richtung kommt, schrei …«
»Goodfellow.«
Mein Ton ließ ihn innehalten und er drehte sich wachsam zu mir um. Wieder standen wir uns gegenüber, diesmal im Eingang der Höhle. Ein heftiger Windstoß ließ das Feuer flackern.
»Warum bist du hier?«
Er blinzelte schnell und versuchte es halbherzig mit Humor: »Äh … weil ich nicht nass werden will?«
Ich wartete schweigend. Schließlich seufzte Puck, lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. »Müssen wir das wirklich durchkauen, Eisbubi?«, fragte er scheinbar fröhlich, doch sein Ton wirkte fast flehend. »Ich denke, wir wissen beide, warum ich hier bin.«
»Und wenn ich dich bitten würde, zu gehen?«
»Warum solltest du das tun?« Puck grinste kurz, wurde aber sofort wieder ernst. »Es ist wegen vorhin, oder?«, vergewisserte er sich. »Was ist los, Ash? Vor zwei Tagen war noch alles okay mit dir. Und zwischen uns.«
Ich blickte zu Grimalkin hinüber, der das aufgespießte Kaninchen mehr als neugierig musterte. Und trotz meiner Bemühungen, sie einzufrieren, spürte ich, wie die Finsternis wieder in mir aufstieg. »Ich werde dich töten«, flüsterte ich, woraufhin Puck überrascht die Augenbrauen hochzog. »Nicht heute Nacht. Vielleicht auch nicht morgen. Aber bald. Die Vergangenheit holt uns ein, Goodfellow, und diese Fehde hat schon viel zu lange gedauert.« Als ich ihn ansah, begegnete ich seinem ernsten Blick. »Jetzt gebe ich dir die Chance, zu verschwinden. Lauf weg. Geh zu Meghan und sage ihr, was ich vorhabe. Und wenn ich nicht zurückkomme, kümmere dich an meiner Stelle um sie.« Bei dem Gedanken an Meghan und die Möglichkeit, sie niemals wiederzusehen, bekam ich kaum noch Luft. Doch wenigstens wäre Puck für sie da, wenn ich versagte. »Verschwinde, Puck. Es wäre besser für uns beide, wenn du weg wärst.«
»Mann, du kannst einem wirklich das Gefühl geben, willkommen zu sein.« Puck schaffte es nicht ganz, seinen Ärger zu unterdrücken. Er stieß sich von der Wand ab und kam einen Schritt auf mich zu, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. »Nur damit das klar ist: Ich werde nirgendwo hingehen, ganz egal, ob du mir drohst, mich bestichst, nötigst oder anflehst. Versteh mich nicht falsch, ich bin vor allen Dingen ihretwegen hier, nicht deinetwegen, aber ich würde wetten, dass du es alleine nicht schaffen kannst. Also finde dich damit ab und gewöhn dich besser an meine Anwesenheit, Prinz, denn solange du unser Duell nicht hier und jetzt stattfinden lassen willst, werde ich nicht gehen. Und ich kann mindestens so stur sein wie du.«
Draußen tauchte ein Blitz alles in grelles, weißes Licht, der Sturm zerrte an den Ästen der Bäume. Puck und ich starrten uns wortlos an, bis ein lautes Knallen am Feuer uns ablenkte. Goodfellow beendete unser wortloses Ringen, indem er über die Schulter blickte. Dann stieß er einen spitzen Schrei aus.
»Hey!« Er wirbelte herum, stapfte zurück zum Feuer und deutete mit einer wilden Geste auf den leeren Spieß. »Mein Kaninchen! Grimalkin, du hinterhältiges, graues … Schwein! Ich hoffe, du lässt es dir schmecken, denn beim nächsten Mal hängst vielleicht du über dem Feuer!«
Wie erwartet bekam er keine Antwort. Lächelnd wandte ich mich wieder dem Regen zu. Weder das Toben des Sturms noch mein Gefühl, beobachtet zu werden, hatten nachgelassen, doch auch eine weitere Suche zwischen den Bäumen und in den Schatten ergab nichts.
»Wo steckst du?«, murmelte ich tonlos. »Ich weiß, dass du mich sehen kannst. Warum kann ich dich
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