Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
stand ein wenig abseits und starrte auf den Fluss hinaus. »Na dann.« Diesmal schnaubte Puck übertrieben fröhlich. »Es wäre wahrscheinlich ziemlich unhöflich, ihn warten zu lassen.«
Gemeinsam mit dem Wolf und Grimalkin nahm er die ersten Stufen, hielt aber inne, als er merkte, dass ich ihnen nicht folgte. »Äh, Prinz … kommst du nicht mit?«, fragte er mich. »Immerhin ist das hier doch deine Party.«
»Geht schon mal vor«, erwiderte ich mit einem Winken. »Wir kommen gleich nach. Schreit, falls ihr angegriffen werdet.«
»Glaub mir, das werde ich«, meinte Puck und ging hinter Grim und dem Wolf die Treppe hinauf.
Ariella zeigte keinerlei Reaktion und blickte unverändert auf den Fluss hinaus. »Ari«, sagte ich leise und trat vorsichtig hinter sie. »Was ist denn los?«
Sie schwieg mehrere Herzschläge lang, und ich fragte mich schon, ob sie mich überhaupt gehört hatte, als sie schließlich vorsichtig Luft holte und die Augen schloss.
»Wir sind fast da«, flüsterte sie und ein Schauer lief über ihren Körper. »Ich hatte nicht gedacht, dass es so bald sein würde. Und jetzt … jetzt gibt es wohl kein Zurück mehr.«
»Ari.« Behutsam legte ich ihr eine Hand auf den Arm. »Sprich mit mir. Ich will dir helfen, aber das kann ich nicht, wenn du dich vor mir verschließt. Ich könnte …«
Abrupt drehte sie sich um, und bevor ich irgendwie reagieren konnte, umfasste sie mit beiden Händen mein Gesicht und presste ihre Lippen auf meine.
Vollkommen überrascht erstarrte ich, doch dann entspannte ich mich, schloss die Augen und drückte mich an sie. Daran erinnerte ich mich so gut. An das Gefühl von ihren Lippen auf meinen, die kühle, sanfte Berührung ihrer Finger auf meiner Haut. Ich erinnerte mich an ihren Geruch, an die langen Nächte, in denen wir uns in den Armen lagen und gemeinsam unter dem kalten Sternenhimmel träumten.
Einen Moment lang reagierte mein Körper rein instinktiv. Ich wollte sie an mich ziehen, die Arme um ihren Körper schlingen und ihren leidenschaftlichen Kuss ebenso hingebungsvoll erwidern … doch dann hielt ich inne.
Ich erinnerte mich so deutlich, jeder strahlende Moment mit Ariella war auf ewig in meinem Gedächtnis verankert. Was wir gehabt hatten, was wir miteinander geteilt hatten, einfach alles. In meiner Erinnerung hatte ich einen Schrein für sie errichtet und ihn voller Trauer, Wut und Reue gepflegt. Jedes Detail unserer Beziehung war mir präsent: die Leidenschaft, das Gefühl der Leere, wenn wir nicht zusammen waren, die Sehnsucht und … ja, die Liebe. Ich hatte Ariella geliebt. Ich wusste ganz genau, was sie mir einst bedeutet hatte, was ich damals für sie empfunden hatte …
… und was ich nun nicht mehr für sie empfand.
Sanft zog ich ihre Hände von meinen Schultern, schob sie von mir weg und beendete so den Kuss. »Ari …«
»Ich liebe dich, Ash«, hauchte sie, bevor ich irgendetwas sagen konnte, und das traf mich wie ein Schlag in die Magengrube. In ihrer leisen Stimme schwang eine solche Verzweiflung mit, als müsste sie schnell alles loswerden, bevor ich zu Wort kam. »Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. Niemals. Selbst als ich wusste, dass du dich in Meghan verlieben würdest und als ich so wütend war, dass ich mir wünschte, ihr würdet beide tot umfallen, selbst da konnte ich nicht aufhören, dich zu lieben.«
Ich hatte einen dicken Kloß im Hals und schluckte krampfhaft. »Warum sagst du mir das jetzt?«
»Weil ich sonst nicht mehr die Gelegenheit dazu haben werde.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Und ich weiß ja, durch das Versprechen, das du Meghan gegeben hast, und nach allem, was wir durchgemacht haben, um hierherzugelangen … ich weiß, dass es für dich kein Zurück mehr gibt, aber …« Sie drückte sich an mich und blickte zu mir hoch. »Liebst du mich noch? Ich kann nicht … ich muss es wissen, bevor wir weitermachen. Ich habe ein Recht, das zu wissen.«
Erschöpft schloss ich die Augen. So viele Gefühle tobten in mir, Schuld, Trauer und Reue, doch diesmal waren meine Gedanken ungetrübt. »Ariella.« Als ich ihre Hände in meine nahm, spürte ich, wie ihr Puls raste. Es fiel mir nicht leicht, das zu sagen, aber ich musste es aussprechen, und sie musste es hören. Selbst wenn sie mich danach hassen würde. »Als ich dich an jenem Tag verlor, war mein Leben beendet. Ich dachte, ich würde sterben. Ich wollte sterben, aber erst, nachdem ich Puck ebenfalls getötet hätte. Es gab nur noch einen Daseinszweck
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