Plötzlich Fee Bd. 3 Herbstnacht
durchbrechen wollten, bis ich das Schweigen nicht länger ertragen konnte.
»Es tut mir leid, Ash«, murmelte ich. »Was ich vorhin gesagt habe. Ich habe es nicht so gemeint.«
Er schüttelte leicht den Kopf. »Nein. Du solltest dich nicht entschuldigen.« Seufzend fuhr er sich mit der Hand durchs Haar, sah mich aber immer noch nicht an. »Ich war es doch, der dir beigebracht hat, wie man kämpft und sich verteidigt. Ich habe kein Recht, wütend zu sein, wenn du unter Beweis stellst, dass du jede meiner Lektionen umsetzen kannst.«
»Ich hatte einen ziemlich guten Lehrer.«
Er lächelte leise, doch seine Augen waren noch immer dunkel, als er den Blick auf die Wolken richtete, die über den Himmel glitten. »Du bist nicht mehr dasselbe Mädchen, dem ich bei seinem ersten Besuch im Nimmernie begegnet bin, als es auf der Suche nach seinem Bruder war«, erklärte er sanft. »Du bist gewachsen … hast dich verändert. Du bist jetzt stärker, so wie sie es war.« Er sprach ihren Namen nicht aus, aber ich wusste, wen er meinte: Ariella, seine große Liebe, die er durch den Angriff eines Wyvern verloren hatte, lange bevor wir uns begegnet waren. »Sie war immer die Stärkere von uns beiden«, fuhr Ash leise fort, seine Stimme kaum mehr als ein Murmeln. »Nicht einmal der Winterhof konnte ihren Geist brechen und sie gehässig und grausam werden lassen. Sie war die Beste von uns allen. Aber ich konnte sie nicht retten.« Er schloss die Augen und ballte die Fäuste, als die Erinnerung zurückkehrte. »Sie starb, weil ich nicht fähig war, sie zu beschützen. Ich kann nicht …« Seine Stimme zitterte leicht und er holte tief Luft. »Ich kann nicht mit ansehen, wie mit dir dasselbe passiert.«
»Ich bin nicht sie«, sagte ich und hakte mich bei ihm ein. »Du wirst mich nicht verlieren, das verspreche ich dir.«
Er zitterte und musterte mich aus dem Augenwinkel. »Meghan«, setzte er an, und ich konnte spüren, wie unwohl er sich fühlte. »Da ist etwas … was ich dir nie gesagt habe. Ich hätte es dir schon früher erzählen sollen, aber … ich hatte Angst, dass es zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden würde, wenn du es weißt.« Er unterbrach sich, als erwarte er, dass ich etwas sagen würde. Als ich schwieg, holte er tief Luft. »Vor langer Zeit sagte mir einmal jemand, dass ich, was die Liebe betrifft, verflucht sei; dass mir alle, die ich liebte, entrissen würden und dass ich, solange ich ohne Seele bliebe, alle verlieren würde, die mir wirklich wichtig seien.«
Mein Herz setzte einen Moment aus, dann schlug es schneller als zuvor. »Wer hat dir das gesagt?«
»Eine alte Druidenpriesterin.« Er schien jetzt zu zögern und aus dem Augenwinkel bemerkte ich das Aufflackern von dunkelblauer Reue. »Das war vor Ariella, damals in der alten Zeit, als die Menschen noch die alten Götter fürchteten und verehrten und diverse Rituale kannten, um uns fernzuhalten, die uns wiederum nur dazu anstachelten, nach Schlupflöchern zu suchen. Damals war ich noch wesentlich jünger und meine Brüder und ich trieben unsere grausamen Spielchen mit den Sterblichen, insbesondere mit den jungen, naiven Frauen, denen wir begegneten.« Er unterbrach sich wieder, neigte den Kopf und versuchte, meine Reaktion abzuschätzen.
»Erzähl weiter«, murmelte ich.
Er seufzte, löste ganz sanft meine Hand von seinem Arm und drehte sich zu mir um, so dass er mir ins Gesicht sehen konnte. »Es gab da ein Mädchen«, fuhr er fort und wählte seine Worte sehr sorgfältig. »In der Zeit der Sterblichen war sie gerade mal sechzehn und vollkommen unschuldig. Am liebsten pflückte sie Blumen und spielte am Bach, der am Waldrand floss. Das wusste ich, weil ich sie im Schutz der Bäume beobachtete. Sie war immer allein und völlig sorglos, so unwissend, was die Gefahren des Waldes betraf.« Leise Bitterkeit schlich sich in seine Stimme, dunkle Verachtung gegenüber der Fee in seiner Geschichte. Als er mit leiser, ausdrucksloser Stimme fortfuhr, wurde mir kalt. »Ich habe sie mit hübschen Worten, Geschenken und Liebesversprechungen in den Wald gelockt. Ich sorgte dafür, dass sie sich in mich verliebte, dass kein menschlicher Mann jemals solche Gefühle in ihr wecken würde wie ich, und dann habe ich ihr all das genommen. Ich sagte ihr, dass Sterbliche den Feen nichts bedeuteten und dass sie ein Nichts sei. Ich sagte ihr, dass es ein Spiel gewesen sei, sonst nichts, und dass dieses Spiel nun vorbei sei. Ich habe mehr gebrochen als nur ihr
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