Plötzlich Fee - Sommernacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Sommernacht - The Iron Fey, Book 1: The Iron King
auch, dass einige der Eiszapfen tatsächlich abgestürzt und am Boden zersprungen waren, wo ihre Splitter wie Glasscherben funkelten.
Meine Kidnapper trugen mich in eine große Höhle, deren Boden mit Scherben aus Eis übersät war. Pfützen hatten sich gebildet, und das Wasser tropfte wie Regen von der Decke. Die Kreaturen ließen mich auf den eisigen Boden gleiten und krabbelten von mir weg. Ich rieb mir die tauben, schmerzenden Glieder und sah mich um, während ich mich fragte, wo ich wohl war. Die Höhle war so gut wie leer, nur in einer Ecke stand eine Holzkiste mit schwarzen Steinen – oder Kohle? Mehr davon waren an der gegenüberliegenden Wand neben einem hölzernen Torbogen aufgestapelt, der in die Dunkelheit führte.
Ein schrilles Pfeifen wie von einer Dampflok, die in einen Bahnhof einfährt, drang aus dem Tunnel, und schwarzer Rauch quoll daraus hervor. Ich roch Asche und Schwefel, dann hallte eine tiefe Stimme durch die Höhle: »HABT IHR SIE HERGEBRACHT?«
Die kleinen Kreaturen flitzten auseinander, und mehrere Eiszapfen fielen mit einem fast melodischen Klimpern von der Decke. Ich versteckte mich hinter einer Säule aus Eis, als schwere Schritte durch den Tunnel schepperten. Durch den Rauch konnte ich nur einen riesigen,
schrecklich verzerrten Umriss erkennen, der definitiv nicht menschlich war, und ich zitterte vor Angst.
Aus der Rauchwolke trat ein gewaltiges schwarzes Pferd. Seine Augen glühten wie Kohlen, und aus seinen geblähten Nüstern stieg Dampf. Es war ungefähr so groß wie die Pferde, die man vor Bierkutschen spannte, doch damit endete auch schon jede Ähnlichkeit mit einem normalen Pferd. Erst dachte ich, es wäre mit Eisenplatten bedeckt. Durch das schwarze, rostige Metall wirkte sein Körper unförmig, und es bewegte sich durch das Gewicht merkwürdig. Dann erkannte ich, dass sein Körper aus Eisen bestand und aus seinen Rippen Kolben und Hebel hervorragten. Mähne und Schweif bestanden aus Kabeln, und in seinem Bauch brannte ein großes Feuer, das man durch die Lücken in seiner Haut sehen konnte. Das Gesicht, das es mir nun zuwandte, war eine schreckliche Maske, aus deren Nüstern Flammen züngelten.
Ich wich zurück, sicher, dass ich nun sterben würde.
»BIST DU MEGHAN CHASE?« Die Stimme des Pferdes ließ die Wände vibrieren. Immer mehr Eiszapfen stürzten herab, doch das war im Moment meine geringste Sorge. Ich erschauderte, als das eiserne Monster über mir aufragte, den Kopf schüttelte und Flammen spie. »ANTWORTE MIR, MENSCH. BIST DU MEGHAN CHASE, DIE TOCHTER DES SOMMERKÖNIGS?«
»Ja«, wisperte ich, als das Pferd näher trat und mit seinen eisernen Hufen das Eis zermalmte. »Wer bist du? Was willst du von mir?«
»ICH BIN EISENPFERD«, erwiderte das Biest. »EINER VON KÖNIG MACHINAS LEUTNANTS. ICH HABE
DICH HIERHER BRINGEN LASSEN, WEIL MEIN HERR ES BEFOHLEN HAT. DU WIRST MIT MIR ZUM EISERNEN KÖNIG KOMMEN.«
Von der dröhnenden Stimme bekam ich Kopfschmerzen. Ich versuchte, mich trotz des Hämmerns in meinem Kopf zu konzentrieren. »Der Eiserne König?«, fragte ich ratlos. »Wer …?«
»KÖNIG MACHINA«, erklärte Eisenpferd. »HERRSCHER DES EISERNEN HOFES UND GEBIETER ÜBER DIE EISERNEN FEEN.«
Eiserne Feen?
Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Ich sah mich um, erblickte die unzähligen Augen der gremlinartigen Monster, den massigen Körper von Eisenpferd, und mir wurde von den möglichen Folgen schwindelig. Eiserne Feen? Konnte es so etwas geben? In den ganzen Geschichten, Theaterstücken und Gedichten waren sie mir nie begegnet. Woher kamen sie? Und wer war dieser Machina, Herrscher über die Eisernen Feen? Und was noch wichtiger war …
»Was will er denn von mir?«
»ES STEHT MIR NICHT ZU, DARÜBER BESCHEID ZU WISSEN.« Eisenpferd schnaubte und schlug mit einem klappernden Geräusch mit dem Schweif. »ICH GEHORCHE NUR. DOCH WENN DU DEINEN BRUDER WIEDERSEHEN WILLST, WÄRE ES KLUG, MIT UNS ZU KOMMEN.«
»Ethan?« Ruckartig riss ich den Kopf hoch und starrte Eisenpferd in das ausdruckslose Maskengesicht. »Was weißt du von ihm?«, rief ich. »Geht es ihm gut? Wo ist er?«
»KOMM MIT MIR, DANN WERDEN ALL DEINE FRAGEN BEANTWORTET. DER EISERNE HOF UND MEIN HERR MACHINA ERWARTEN DICH.«
Ich stand auf, als Eisenpferd sich umdrehte und scheppernd Richtung Tunnel lief. Die Kolben quietschten und die Scharniere beschwerten sich lautstark, während das Pferd sich vorwärtsschob. Als ich sah, wie sich ein Hebel löste und zu Boden fiel, wurde mir
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