Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)
Streichholzabsätzen zur Getränkevitrine in der Ecke des Wohnzimmers und holt eine Flasche heraus. Auch die Jungens vom Catering haben bestimmt einen Cognac, sagt sie, aber keinen so guten wie den. Die Flasche wird vielleicht nicht für alle Gäste reichen, aber in unserem intimen Kreis wollen wir doch mit einem Gläschen anstoßen. Sie schenkt auch sich und dem Schnurrbärtigen von dem Cognac ein, und sie erheben die Gläser. Der Schnurrbärtige, der sieht, dass keiner beabsichtigt, ein paar Worte zu sagen, beeilt sich, die Verantwortung zu übernehmen. Er wünscht allen Anwesenden viele Feste und viele Überraschungen, angenehme selbstredend. Und Avner wünscht er, dass er nicht zu lange ausbleibt, sonst wird für ihn, bis er kommt, nichts mehr zu essen und zu trinken übrig bleiben. Pnina und er lachen. Der mit den Brauen hat das Gefühl, dass sich diese Äußerung irgendwie auf ihn bezieht. Stimmt, er hat viel gegessen, seit er eingetroffen ist, aber er findet es trotzdem ein bisschen unschön von dem Schnurrbärtigen, ihn für einen Scherz zu verkaufen. Und auch Pnina – es kränkt ihn, dass sie über diesen schalen Witz lacht, wobei sie Kronen entblößt, die nicht dort wären, hätte es ihn nicht gegeben. Er beschließt, das war’s jetzt, Zeit zu gehen. Er wird es höflich machen, um niemanden zu verletzen, aber bei allem Respekt, er hat eine Frau zu Hause warten, und hier, an diesem Ort, ist nichts außer ein wenig angespannter Atmosphäre und unkoscherem Sushi.
Pninas Reaktion auf sein Abschiedsgestotter ist extrem. Sie können nicht gehen, sagt sie und umklammert seine Hand, dieses Fest ist so wichtig für Avner … auch so ist fast keiner gekommen. Sie werden schon noch kommen, fängt sie sich hastig, sie sind sicher nur unterwegs steckengeblieben, um diese Zeit jetzt ist Stau, aber wenn Avner vor ihnen kommt und die Tür aufmacht, wird er nur zwei Leute vorfinden. Wunderbare Menschen, aber nur zwei. Das Cateringteam nicht mitgezählt, natürlich. Und das kann deprimierend sein. Und das Letzte, was jemand an seinem fünfzigsten Geburtstag braucht, ist Deprimiertheit. Es ist sowieso ein hartes Alter. Und überhaupt hat Avner in den letzten Monaten wirklich keine leichte Zeit gehabt, auch ohne dieses leere Wohnzimmer, das ihn empfangen würde, wenn er zurückkommt.
»Auch drei ist wenig«, bemerkt der mit den Brauen mit böswilliger Nüchternheit. Um ehrlich zu sein, fügt er hinzu, er würde an Pninas Stelle einfach das Ganze streichen und abzublasen versuchen, bevor Avner eintreffe. Pnina stimmt hastig zu. Sie ruft den Leiter des Caterings und bittet ihn, dass sie aufhören, noch mehr Essen heraufzubringen, und dass er und sein Team vorläufig unten im Wagen warten sollen. Wenn der Rest der Gäste einträfe, würde sie ihnen eine SMS schicken, dann könnten sie weitermachen. Und bis dahin, erklärt sie allen, ohne die Hand von dem mit den Brauen loszulassen, setzen wir uns alle hier in irgendein Eck im Wohnzimmer und warten auf Avner mit einem Glas in der Hand. Vielleicht hätte sie von vornherein an etwas eine Spur Intimeres denken sollen. Schließlich ist fünfzig kein Alter für Rumgehüpfe und lautstarke Musik, fünfzig ist mehr das Alter fesselnder Gespräche mit nahestehenden Menschen mit Tiefgang. Der mit den Brauen hätte zu ihr gesagt, dass keiner der Menschen hier Avner nahesteht, doch er sieht, dass sie sich schon am Rande der Tränen bewegt, weshalb er beschließt zu schweigen und sich von ihr zum Sofa ziehen lässt. Sie platziert ihn dort, und der mit dem Pflaster und der Schnurrbärtige beeilen sich, sich ebenfalls hinzusetzen. Der Schnurrbärtige ist Weltmeister im Beruhigen, er hat in seinem Leben schon eine ganze Latte von Gesprächen mit Kunden gehabt, die ihr gesamtes Geld als Folge einer Bruchlandung der einen oder anderen Investition verloren haben, und er hat immer gewusst, wie er sich verhalten soll, speziell bei Frauen. Er erzählt Witze am laufenden Meter, schenkt allen Getränke ein, legt eine tröstende Hand auf Pninas bleiche Schulter. Wäre ein Fremder hereingekommen, hätte er sicher gedacht, sie seien ein Paar. Auch der mit dem Pflaster fügt sich nicht übel ein. Was sich günstig für ihn auswirkt, ist, dass er nirgendwohin will. Er hat eine Frau, die immer aussieht, als sei gerade jemand gestorben, der ihr nahestand, und ein nerviges zweijähriges Kind, das heute an der Reihe ist, gebadet zu werden. Hier kann er dasitzen, ein bisschen was trinken, sich an jemandem
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