Ploetzlich Liebe
nicht, dass dies die längsten, einsamsten drei Wochen meines Lebens waren.
»Schön.« Elliot nickt. »Und das Arbeitspensum können Sie bewältigen?«
»Also«, ich zögere, »ich bemühe mich. Das ist schon ein ziemlicher Unterschied zu unserem System zu Hause.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Aber ich arbeite hart und ich tu alles, was ich nur kann, um mitzukommen«, höre ich mich furchtsam erklären. Im Kleingedruckten des Austauschvertrags befand sich nämlich eine Klausel, die besagte, dass beide Colleges uns rauswerfen können, sollten wir nicht in der Lage sein, das Minimum an »akademischen Voraussetzungen« zu erfüllen. Und so weit werde ich es auf keinen Fall kommen lassen.
»Das merke ich«, versichert Elliot mir. »Aber ich glaube, wir sollten mit Ihnen doch etwas anders vorgehen.«
Ich blinzele. »Wie bitte?«
»Ab sofort werde ich Ihnen andere Aufgaben stellen als Carrie und Edwin.« Sie fährt fort: »Sie werden immer noch Teil der Tutorengruppe sein und es steht Ihnen natürlich frei, es mit ihrer Lektüreliste aufzunehmen, aber was Ihre eigenen Essays betrifft, halte ich es für besser, Ihnen passendere Themen vorzugeben. Etwas, das nicht ganz so … fordernd ist.« Sie wirft mir ein Lächeln zu, das vermutlich beruhigend wirken soll, aber ich hänge noch immer an ihren Worten fest. Anders. Passender. Weniger fordernd.
Ich werde degradiert.
»Das hört sich für Sie doch hoffentlich gut an?«
»Klar«, kann ich sagen. »Aber …« Ich schlucke, plötzlich steigen mir die Tränen in die Augen. »Waren sie wirklich so schlecht? Meine Essays, mein ich.« Ich denke an die Stunden, in denen ich mich mit ihrer Leseliste abgerackert und darum gekämpft habe, einen Sinn zu sehen in Themen wie Feminismus oder der verrückten theoretischen Konstruktion der perfekten Gesellschaft. Ich weiß, dass ich längst
nicht so weit bin wie die anderen in meinem Kurs, aber ich hätte nicht gedacht, dass ich mich so schlecht machte.
Elliot lacht leichthin. »So formulieren wir diese Dinge hier nicht. Aber wenn Sie es wirklich wissen wollen, ihre Arbeit … war ganz ordentlich.«
Erleichterung durchflutet mich, mit »ganz ordentlich« kann sie mich nicht nach Hause schicken. Aber dann denke ich nach.
»Und warum müssen wir dann etwas ändern?« Ich bemühe mich, meine Stimme im Griff zu behalten, es ist mir peinlich, dass ich mich über eine blöde Leseliste so aufrege.
Elliot sieht mich erstaunt an. »Ich dachte, Sie wären froh, wenn man Ihnen den Druck nehmen würde. Auf diese Weise könnten Sie mehr Spaß haben und diesen Austausch wirklich so genießen, wie Sie es wollen.«
So wie ich es will.
Ich falte die Hände ordentlich. »Das ist kein Problem«, lüge ich. »Das kann ich schaffen.«
Elliot scheint davon nicht überzeugt zu sein. »Sie können es ruhig zugeben, Natasha.« Wieder ein kleiner Lacher. »Ich weiß, dass dies nicht der Stil ist, an den Sie gewöhnt sind, warum nehmen Sie die neuen Aufgabenstellungen also nicht einfach an und amüsieren sich? Ich versuche Ihnen einen Gefallen zu tun. Meine anderen Studenten würden für so eine Chance töten.«
»Dann geben Sie sie ihnen doch«, sage ich, ohne nachzudenken.
Sie schaut weg und dann trifft mich die Einsicht mit Wucht. Für sie bin ich nur die dumme Kalifornierin, das
Partygirl, das eigentlich gar nicht hier sein muss. Sie weiß, es spielt keine Rolle, ob ich versage, denn ich werde einfach wieder zurück zu meinen Filmkursen gehen. Die anderen hier müssen wirklich hart arbeiten und klug sein, um Erfolg zu haben. Aber ich nicht.
Die Wahrheit ist unheimlich schmerzhaft für mich. Meine Arbeit ist » ganz ordentlich«, aber sie schreibt mich trotzdem ab, weil ich süße Röckchen anhabe und das Haar offen trage. Natürlich blond hat sie nie gesehen, so viel ist klar.
Sollten intelligente Menschen nicht eigentlich über so eine himmelschreiende Diskriminierung erhaben sein?
»Ich schaffe das«, wiederhole ich schließlich mit eisiger Stimme, ehe sie meine schlimmsten Befürchtungen bestätigen kann. »Ich möchte gern dasselbe machen wie die anderen. «
Elliot mustert mich eingehend. »Gut«, sagt sie, offensichtlich verwirrt. »Aber dann müssten Sie vermutlich zusätzlich zu dem Stoff für die nächste Woche noch etwas mehr Zeit auf die Lektüre von MacKinnon und Dworkin verwenden. In ihrer Argumentation klafften doch einige recht große Lücken.«
»In Ordnung«, antworte ich ruhig. »Und vielleicht sollten Sie von Edwins
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