Ploetzlich Liebe
State Street mit ihr, Lexi und der Notfall-Kreditkarte ist nicht nötig – und ich bin verwandelt. Natürlich lass ich mich auf nichts ein, was mega-nuttig wirkt, doch selbst wenn die beiden sich an meine »Muss die Scham bedecken«-Richtlinie in Sachen Geschmack und Anstand halten, gelingt es ihnen immer noch, mich mit einer ganzen Kollektion hautenger Jeans, winziger Polohemden, Miniröcke und Sneakers auszustatten.
»Und ich würde immer noch sagen, du brauchst ein wenig Zeit auf der Sonnenbank.« Von ihrem Sessel im Nagelstudio aus unterzieht Morgan mich noch einmal einer Prüfung.
Ich schüttele den Kopf. »Nein, danke. Die Tönung und die Nägel, das ist schon mehr als genug.« Meine dünnen erdbeerblonden
Haare sind jetzt eindeutig mehr blond als erdbeer und voluminös geföhnt. Fehlen nur noch ein Paar Ugg Boots und ein winzig kleiner Kläffer, dann geht Emily Lewis hier »irgendwie total« als Einheimische durch. Natürlich nur, solange ich den Mund nicht aufmache.
»Gut, wenn du grottenblass rumlaufen willst …«, lässt Lexi sich von meiner anderen Seite her vernehmen. Sie kriegt blutroten Lack auf die Zehennägel gepinselt, damit die zu ihrem neuen Lippenstift passen.
»Das geht schon in Ordnung so«, sage ich hartnäckig.
»Wie wär’s denn mit getönter Tagescreme?«, feilscht Morgan. »Du siehst nämlich echt aus, als wärst du irgendwie ewig nicht draußen gewesen. Nimm’s nicht krumm.«
»Tu ich nicht.«
»Aber diese Pumas waren ein cooler Fund.« Sie lässt den Blick an mir herunterwandern und ich hab den Eindruck, sie sieht mich mehr als Sammlung von Einzelteilen und weniger als ganzen Menschen. »Das war ein guter Anfang.«
Anfang? Ich tu so, als würde ich meine fertige Hand genau ansehen, dabei überlege ich, was sie noch für mich vorgesehen haben. Obwohl mein Spiegelbild jetzt eindeutig aufpoliert und sehr blond ist, fühle ich mich kein Stück anders als in meinem alten, unhippen Zustand. Ehrlich gesagt, ich muss mich zwingen, nicht unruhig auf meine Uhr zu gucken, denn die vereinbarte Zeit für das Treffen unserer Filmgruppe rückt unheilvoll näher.
Was mich wiederum daran erinnert, dass ich neben der zweifelhaften Ehre, ein frisch in Besitz genommenes Psi-Delta-Häschen zu sein, vermutlich auch noch einen der
unteren Ränge auf der persönlichen Hitliste meines Studienpartners belege.
»Also«, spreche ich vorsichtig das überfällige Thema an, »was war da neulich auf der Party eigentlich mit Ryan los? Irgendwie sah der ganz verstört aus.«
Morgan zögert. »O Gott, das weißt du nicht? Er ist ausgerastet. Es war der Hammer.«
»Echt Wahnsinn«, hallt Lexi nach.
»Ich kann gar nicht glauben, dass du das nicht mitgekriegt hast.« Morgan lebt auf und wackelt mit den Zehen in der kleinen Schüssel mit warmem Wasser rum. »Das war ja so was von skandalös.«
»Weil er dich gesehen hat mit … Ben, oder?«
»Genau. Aber wir haben nicht mal was getan !«, ereifert sie sich. »Nur so abgehangen. Echt, erwartet der etwa von mir, dass ich total die Nonne bin?«
Ich denke an ihre Mittagspausen-«Work-outs« und sag gar nichts.
»Und genau genommen hast du ja auch nie gesagt, dass das mit euch exklusiv ist«, hebt Lexi hervor, deren Lipglossstick auf halbem Weg zum Mund in der Schwebe bleibt.
»Ich weiß!«, dramatisch wirft Morgan das Haar zurück. »Na, jedenfalls hab ich gerade mit Ben gechillt und da waren auch noch haufenweise andere Leute, wir waren ja nicht etwa allein oder so – da kommt Ryan reingetobt, total stinksauer. «
Ich hab das Gefühl, sie nimmt sich da gerade ein paar dichterische Freiheiten heraus, aber nun ist sie voll im Erzählstrom,
ist also auch egal. »Und er dann: Was machst du da mit dem? Und ich dann: Geht dich das was an? Und er: Äh, ja, ich bin dein Freund. Und ich lach nur so, ach was!« Morgan macht jetzt doch mal eine Pause zum Luftholen. »Und dann fängt er mit Ehrlichkeit und Vertrauen und so an und ich sag: Das reicht. – Ist doch wahr.«
»Genau.« Lexi nickt.
»Warst du dabei?«, frage ich, während die stumme Chinesin meinen Nägeln den letzten Schliff gibt und sich zurückzieht. Ich bedanke mich bei ihrem Rücken.
»Nein, aber sie hat mich angerufen, irgendwie ein paar Minuten später oder so.«
»Das war ja so furchtbar!« Morgan fordert unsere Aufmerksamkeit wieder ein. »Ich war ein Wrack.«
»Total das Wrack«, bestätigt Lexi mit wippendem Kopf.
»Ich mein, wie kann er nur so gemein sein?«
Meine Lider zucken.
»Und
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