Ploetzlich Liebe
aber so was tu ich nicht.«
»Das heißt, das war eine ganz heiße Sache. Sonst würdest du was erzählen.«
»Vielleicht …« Ich werde rot.
»Ha, ist ja Wahnsinn, Em.« Natasha scheint sich aufrichtig für mich zu freuen.
»Ist es nicht. Ich hab Morgan den Freund ausgespannt.«
»Hast du nicht«, sagt Natasha. »Und Morgan ist … Nun ja, wenn ihr nicht genug daran lag, ihn zu halten, dann solltest du dich deswegen nicht fertig machen, okay?«
Ich zögere. »Ich dachte, sie wäre deine Freundin.«
Natasha seufzt. »War sie, damals, aber … ich weiß nicht. Ich hab das Gefühl, ich kenne sie überhaupt nicht. Oder sie kennt mich nicht oder so. Jedenfalls gibt es nichts, was dir leidtun sollte.«
»Und genau das solltest du dir auch zu Herzen nehmen«, sage ich. »Die haben nicht das Recht, so was zu dir zu sagen, Tash. Das hast du nicht verdient.«
Wieder Pause. »Tut mir leid«, sagt sie leise, »dass ich mich bei dir ausgekotzt hab. Ich wusste nicht, wen ich sonst anrufen sollte.«
»Schon in Ordnung, ehrlich. Du weißt doch, dass du immer anrufen kannst.«
Sie schnieft. »Du bist die Einzige, die versteht, was ich durchmache, wo ich versuche, jemand anders zu sein.«
»Du versuchst, ein anderer Teil von dir zu sein«, korrigiere ich sie, aber sie scheint mich nicht zu hören.
»Ich muss jetzt Schluss machen. Ich muss mich noch auf meinen Kurs morgen vorbereiten. O Gott«, sagt sie. »Professor Elliot. Die war da. Du hättest sehen sollen, wie sie mich angeguckt hat!«
»Ach, das wird schon werden.«
»Tja, na denn …« Natasha schluckt. »Sind ja nur noch zwei Wochen, was?«
»Genau.« Ich beiße mir auf die Lippe. »Noch zwei Wochen, dann sind wir wieder zu Hause.«
Der Gedanke lastet noch eine Weile auf mir. Nur noch zwei Wochen und dann zurück in die Realität – zu Studienplänen und doofen philosophischen Thesen, zu meinen
Eltern, zu der alten Emily Lewis. Nur noch zwei Wochen. Das sollte ein Trost sein, aber jetzt seh ich das gar nicht mehr so.
Ich komme zu spät, ich hab eine Weile gebraucht, bis das perfekt relaxte Outfit – gefunden war. Als ich am Bearbeitungsraum ankomme, habe ich Bauchweh vor Nervosität. Den ganzen Morgen schon spiele ich unterschiedliche Szenarien im Kopf durch: Was, wenn er es bereut oder nie wieder ein Wort mit mir reden will …?
Am Ende nehme ich all meinen Mut zusammen und schiebe mich in den Raum. Ryan springt auf, sein Polohemd blitzt braun über der weiten, dunklen Cordhose.
»Em, hi.« Eine peinliche Pause entsteht, dann versuche ich ein Lächeln.
»Ryan. Hey.« Ich schlucke. Plötzlich kommt mir der Raum viel kleiner vor als gestern. Keine zwei Meter breit und voller Geräte … völlig unmöglich, seinem umwölkten Blick zu entgehen. Oder sich nicht zu berühren.
»Hi«, sagt er noch einmal, und nachdem ich die Tür zugemacht habe, ist er nur Zentimeter von mir entfernt. Er streckt die Hand aus und umfasst meine Wange. Ich rühre mich nicht, plötzlich rast mein Herz. Dann beugt er sich vor und küsst mich, langsam und zärtlich und so, wie ich es die ganze Nacht immer wieder durchlebt habe.
Ich entspanne mich ein wenig in seinen Armen und so bleiben wir für einen himmlischen Augenblick: ganz nah, aber fast ohne jede Bewegung, seine Lippen ganz leicht auf meinen.
»Mit uns ist also alles in Ordnung?«, fragt er. Ich spüre seinen Atem warm in meinem Ohr und zittere ein wenig.
»Mit uns ist alles okay«, sage ich, ich strahle förmlich. So viel mehr als okay.
»Wir haben nämlich massenhaft Arbeit zu erledigen.« Mit einem Grinsen löst Ryan sich von mir, schiebt einen Stuhl vor den Monitor und nimmt einen Stapel Bücher von dem anderen, der für mich ist. »Bis Freitag muss das perfekt sein.«
»Wie wär’s denn, wenn wir uns auf brillant einigen?« Ich hocke mich neben ihn, so nah, dass unsere Schenkel sich berühren. Ich kann es nicht glauben, ich reagiere hypersensibel auf seinen Körper, trotz sämtlicher Schichten von Cord und meinem Rock.
»Damit könnte ich leben.« Er greift nach einem laminierten Blatt. »Also, laut Plan müssen wir heute mit dem zweiten Akt fertig werden.«
»Den benutzt du?«, frage ich erstaunt. Ich hab meinen Plan schon wochenlang nicht mehr gesehen, seit ich beschlossen hatte, dass es viel stressiger war, sich daran zu halten, als einfach aufzugeben und ihn in seinem eigenen Tempo arbeiten zu lassen.
»Selbstverständlich.« Er grinst. »Ist doch alles total durchdacht. Und farblich markiert. Und
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