Ploetzlich Mensch
einer weiblichen Stimme holte Dean zurück in die Wir k lichkeit. Im ersten Moment glaubte er, die junge Frau wäre zurückg e kehrt, um ihm endgültig den Rest zu geben. Dann klärte sich sein Blick und er erkannte erleichtert, dass sein Gegenüber langes rotes Haar ha t te und die weiße Kleidung einer Krankenschwester trug.
„ Keine Angst, Herr Grimes. Sie sind in Sicherheit. Man hat Sie in ein Krankenhaus gebracht. Es ist alles in Ordnung“, sprach die äußerst attraktive Frau beruhigend auf ihn ein. „Der Arzt wird gleich nach Ihnen sehen.“
Sein Pulsschlag beruhigte sich ein wenig. Er ließ sich zurück in die weichen Kissen sinken, während die Krankenschwester mit tänzel n dem Trippelschritt das Zimmer verließ. Er hatte keine Ahnung, wie er hierhergekommen war. Er konnte sich an nichts erinnern, was nach den Ereignissen im Park geschehen war. Nur das verschwommene G e sicht eines Zentauren in rosafarbenem Jogginganzug geisterte vor se i nem inneren Auge herum. Er versuchte dieses irritierende Bild beiseite zu wischen.
Wie lange war er bewusstlos gewesen? War das alles wirklich passiert oder hatte er nur geträumt?
Was für eine nette Vorstellung. Doch sein schmerzender Körper führte ihm die Wirklichkeit unbarmherzig vor Augen. Ein kurzer Blick auf seine bandagierten Arme zeigte ihm, dass seine Haut übersät war von tiefen Kratzern und Blutergüssen. Nein, es war definitiv kein Traum gewesen.
„ Ah, unser Schwerverletzter ist zurück unter den Lebenden“, erklang in diesem Moment eine meckernde, männliche Stimme aus Richtung der Tür. Dean hörte das dumpfe Klappern von Hufen auf dem Linol e umboden. Ein gehörnter Satyr im Arztkittel trat an sein Bett und warf ihm über den Rand einer völlig unmodischen Hornbrille einen prüfe n den Blick zu. „Wie geht es Ihnen, junger Mann?“
Junger Mann?
Dean fand die Formulierung so unpassend, dass er überhaupt nicht in Erwägung zog, darauf zu reagieren. Für wen hielt sich dieser gehör n te Trottel? Dean mochte vielleicht das Aussehen eines Mannes von Mitte zwanzig haben, aber selbst wenn dieser Satyr schon die fünfzig überschritten hatte, so war er immer noch gut einhundertfünfzig Jahre jünger als er.
„ Sie haben uns wirklich ganz schön durcheinandergebracht, mein Lieber. Jemand muss beim Ausstellen Ihrer Papiere ordentlich g e schlampt haben. Sie werden doch tatsächlich als Vampir geführt. Ist das zu fassen?“, fuhr der Arzt ungerührt fort und gab dabei das für S a tyrn so typische meckernde Lachen von sich. Es hallte unangenehm in Deans ohnehin schon dröhnendem Kopf wider.
„ Na ja, wir haben Ihnen trotzdem die richtige Behandlung zuko m men lassen. Ihnen wurde übel mitgespielt. Ihre Wunden sind schwer und flächendeckend, aber es wurden zum Glück keine inneren Organe verletzt. Eine leichte Gehirnerschütterung, mehrere geprellte Rippen, eine zertrümmerte Kniescheibe … Ähm, ja, das müssten die schlimm s ten Schäden sein, von den zahlreichen Hämatomen und Schürfwunden mal ganz abgesehen. Wär vielleicht doch nicht schlecht, wenn Sie ein Vampir wären. Dann würde das Ganze schneller verheilen und Sie hä t ten nicht solche Schmerzen. Mäh, hä, hä“, sagte der Arzt mit einem Augenzwinkern und das Lachen bohrte sich erneut wie ein Nagel in Deans Kopf.
Er hatte große Lust, diesem taktlosen Ziegenbock seine dämlichen Bemerkungen zurück in den Hals zu stopfen. Was redete der Kerl da für einen Schwachsinn? „Wenn Sie ein Vampir wären …“
Er war ein Vampir!
„ Nun, auch für einen Menschen ist eine schnelle Heilung heutzutage kein Problem mehr. Schwester Lissy wird Ihnen gleich einen Heiltrank verabreichen, der zwar bitter schmeckt, aber I hre schlimmsten Verle t zungen bald wieder verschwinden lassen wird“, verkündete der Satyr im weißen Kittel mit einem charmanten Zahnpastawerbungs-Lächeln und war schon wieder aus dem Raum getrabt, bevor ihm Dean auch nur eine Frage hätte stellen können.
„ Idiot“, brummte er, während auch die rothaarige Krankenschwester sein Zimmer mit dem zuckersüß gesäuselten Hinweis verließ, dass Schwester Lissy gleich kommen würde.
Na toll.
In was für einem Irrenhaus war er denn hier gelandet?
Am liebsten wäre er aufgestanden und gegangen. Doch schon der Versuch seine Beine zu heben, zeigte ihm auf schmerzhafte Weise, dass diese Option nicht zur Verfügung stand. Frustriert sank er zurück auf sein Kopfkissen. Wie hatte es die junge Frau nur geschafft, ihn so
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