Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ploetzlich Mensch

Ploetzlich Mensch

Titel: Ploetzlich Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary-Anne Raven
Vom Netzwerk:
Blut zu löschen schien.
    Sie war noch nie so brutal zu jemandem gewesen, doch es hatte so gut getan, auf diesen verdammten Mistkerl einzudreschen. Der ganze angehäufte Frust ihres bisherigen Lebens hatte in diesen Schlägen gel e gen. Es war wie ein bluthungriger Rausch gewesen. Wer weiß, was noch passiert wäre, wenn der Jogger sie nicht gestört hätte.
    Wie weit war sie davon entfernt gewesen, ihn umzubringen? Wie viel hatte noch gefehlt, bis ihre Schläge ihn getötet hätten?
    Konnte man einen Vampir auf diese Weise überhaupt töten?
    Sie durchschritt den Torbogen, der auf der Nordseite den Ausgang des Parks markierte, und lehnte sich gegen einen der beiden Elefanten, die das kunstvolle Torgebilde trugen. Der Stein in ihrem Rücken war angenehm kühl und schien die Glut in ihrer Brust zu lindern. Sie ve r suchte, ihren Atem zu beruhigen, während sie einen Blick zurück in den Park wagte.
    Der Vampir lag noch immer reglos auf dem Rasen. Doch er war nicht länger allein. Der massige Körper eines Zentauren stand über ihn gebeugt. Offenbar versuchte der Pferdefüßige gerade, seinen Puls zu fühlen.
    Sie hätte diesen verdammten Blutsau g er gern noch weiter zu dem, was am gestrigen Abend mit ihr passiert war, befragt, aber als der Ze n taur aufgetaucht war, hatte sie einfach die Flucht ergriffen.
    Warum , wusste sie selbst nicht. Schließlich war sie das Opfer und nicht dieser vermaledeite Vampir. Er hatte ihr aufgelauert und nicht anders herum. Sie hatte sich nur verteidigt. Na ja, zumindest zu A n fang.
    War das wirklich sie gewesen, die wie eine Wahnsinnige auf ihn ei n geprügelt hatte? In einem Anflug plötzlichen Selbstekels schleuderte Clara den blutverschmierten Ast, den sie noch immer in der Hand hielt, von sich. Das Holzstück flog quer über den Schotterweg und verschwand zwischen den mannshohen Brennnesseln gegenüber.
    Sie sank am Pfeiler herab auf den Boden und schloss die Augen. Mit einem Mal fühlte sie sich ausgebrannt. Das Feuer in ihrer Brust ließ langsam nach und gab ihrem Kopf wieder Raum zum Denken.
    Wie hatte es so weit kommen können? Wie war sie in eine solche S i tuation geraten? Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Es musste etwa sieben oder acht Uhr morgens sein. Schon vor Stunden hätte sie wi e der im Tempel sein müssen.
    Nun war es hell und an eine heimliche Rückkehr war nicht mehr zu denken. Sie war aufgeflogen. Unwiderruflich aufgeflogen. Das würde Ärger geben. Großen Ärger. Schmerzhaften, lang andauernden Ärger. Ihre Stimmung schlug von Wut in Verzweiflung um und auf einmal standen ihr Tränen in den Augen.
    Was sollte sie jetzt tun? Sie konnte nicht einfach in den Tempel z u rückkehren. Das war unmöglich.
    Erneut keimte die Wut in ihr auf. „Dieser verdammte, verdammte Mistkerl.“ Was hatte er ihr angetan? Hätte er nicht jemand anderen beißen können? Und warum hatte er es nicht wenigstens zu Ende g e bracht? Erneut loderte Glut in ihrer Brust auf.
    Was wäre passiert, wenn er sie wirklich getötet hätte? Wäre es dann endlich vorbei gewesen oder wäre die gesamte Stadt in Schutt und Asche gelegt worden? Benommen von all den Fragen, die in ihrem Kopf kreisten, starrte sie auf den kiesbedeckten Boden.
    Das Sirenengeheul eines nahenden Krankenwagens riss sie aus ihrer Lethargie. Offenbar hatte der Zentaur den Notruf gewählt. Es war höchste Zeit, von hier zu verschwinden. Mit den weiten Ärmeln ihrer Jacke wischte sie sich die letzten Tränen aus den Augen. Dann stand sie auf und rannte davon.

2
     
    „ Gib ihn mir zurück. Gib ihn mir zurück!“
    Der verzweifelte Ruf des jungen Satyrs hallte laut über die Lichtung, überdeckt vom höhnischen Gelächter seiner Peiniger. Die beiden Dunkele l fen machten sich einen Spaß daraus einen Beutel, der offenbar dem Ju n gen gehörte, immer wieder hin und her zu schleudern. Sie ließen den Satyr auf Armeslänge herankommen, um den Lederbeutel dann doch im letzten Moment wieder dem anderen zuzuwerfen. Der Satyr, der gut einen Kopf kleiner war, versuchte vergeblich sein Eigentum wiederzuerlangen, indem er verzweifelt von einem zum anderen hechtete, vom vielen Hin und Her bereits völlig außer Atem.
    „ Du wirst doch nicht schlappmachen, Klumpfuß“, war die belustigte Stimme von RelHa, dem jüngeren der beiden zu hören. „Komm her, dann bekommst du dein Täschchen vielleicht wieder.“ Mit einem höhnischen Grinsen hielt er dem kleinen Satyr den Beutel vor die Nase. Neue Hoffnung schien in dem Jungen

Weitere Kostenlose Bücher