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Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Titel: Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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gesehen. Es war unglaublich – damals war der Schleier hier so dünn, wie ich es noch nie zuvor erlebt habe. So viele Menschen, und fast alle waren bereit, an uns zu glauben.« Mit düsterer Miene schüttelte sie den Kopf. »Das ist alles sehr seltsam. Wir haben keinen einzigen Exilanten gesehen, kein Halbblut, absolut niemanden. Was ist hier geschehen?«
    »Wir müssen weitersuchen«, beharrte Kenzie. »Es muss doch irgendjemanden geben, der weiß, was hier los ist. Gibt es noch einen Ort, an dem wir nachsehen könnten?«
    Annwyl nickte. »Einen gibt es noch«, murmelte sie. »Und wenn wir dort niemanden finden, ist niemand mehr hier. Folgt mir.«
    Sie führte uns auf einen neuen Weg, der bald zu einem Schotterpfad wurde und sich durch eine fröhlich gestaltete Anlage aus Blumen und Grünpflanzen schlängelte. Er wurde durch rustikale Holzgeländer abgegrenzt und war von Bänken gesäumt. Aus dem ganzen Grün ragten sogar noch ein paar Spätblüher hervor. Mir drängte sich automatisch der Begriff idyllisch auf, als wir hinter Annwyl durch diesen prächtigen Garten wanderten. Idyllisch und pittoresk, auch wenn ich das niemals laut gesagt hätte. Keirran und Annwyl waren Feen, Kenzie war ein Mädchen, es war also völlig okay, wenn ihnen so etwas auffiel. Doch als verbrieftes Mitglied im Klub der Männlichkeit würde ich bestimmt nicht anfangen, mich über Blumenarrangements zu äußern.
    »Wo sind wir?«, fragte ich stattdessen. »Was ist das hier?«
    Annwyl blieb unter einem Baum stehen, dessen Stamm von einem hölzernen Zaun geschützt wurde. Trotz des kühlen Wetters stand er in voller Blüte. Sie sah hinauf in die Zweige und sagte: »Das hier ist Shakespeare’s Garden , ein Garten für den berühmtesten Menschen der Welt. Wir kommen hierher, um dem großen Barden Tribut zu zollen, jenem Sterblichen, der die Sinne der Menschen für die Magie geöffnet hat. Der die Menschen wieder daran erinnert hat, dass es uns gibt.« Sanft strich sie mit den Fingern über ein trockenes Blatt. Sofort schien der Ast, an dem es hing, zu erschauern, und das Blatt bekam wieder Kraft und Farbe. »Doch jetzt ist er leer, hier ist niemand mehr. Und das macht mir Angst.«
    Ich legte den Kopf in den Nacken und suchte die Zweige ab. Außer Blättern war nichts zu sehen, nur ein einzelner schwarzer Vogel saß ganz oben auf einem Ast und widmete sich der Gefiederpflege. Annwyl hatte recht: Es war wirklich merkwürdig, dass wir nirgendwo auf Feen gestoßen waren. An einem Ort wie diesem, der alles zu bieten hatte, was sie sich nur wünschen konnten: Kunst, Inspiration, eine schwelgerische Natur und einen niemals endenden Strom an Schein, ausgehend von den vielen Menschen, die tagtäglich hier durchkamen. Hier sollte es eigentlich nur so von Feen wimmeln.
    »Gibt es keine Stelle mehr, an der wir es noch versuchen könnten?«, fragte Kenzie. »Irgendwelche anderen … Feentreffs?«
    »Doch«, gab Annwyl zu, aber sie klang nicht überzeugt. »Es gibt noch ein paar. Sheep Meadow  …«
    »Sheep wie Schafe?«, krähte Razor.
    »… Tavern on the Green und Strawberry Fields . Doch wenn wir bis jetzt niemandem begegnet sind, glaube ich nicht, dass wir dort mehr Glück haben werden.«
    »Aber wir können auch nicht einfach aufgeben«, beharrte Kenzie. »Der Park ist groß. Es muss noch Stellen geben, wo wir …«
    Ein Schrei zerriss die Stille und ließ uns zusammenfahren. Er war leise und schien sich zwischen den Bäumen zu verlieren, aber ein paar Sekunden später hörte man es wieder: ein verzweifeltes Geräusch voller Angst.
    Keirran zog sein Schwert. »Kommt!«
    Hastig rannten wir los, lauschten auf das Echo des Schreis und konnten nur hoffen, dass wir die richtige Richtung eingeschlagen hatten.
    Am Ende von Shakespeare’s Garden teilte sich der Weg. Keuchend blieb ich stehen, um mich zu orientieren. Links war gerade noch das Dach des Freilufttheaters zu erkennen, aber direkt vor uns …
    »Ist das etwa … ein Schloss?«, fragte ich mit einem fassungslosen Blick auf die steinernen Türme, die über den Baumkronen aufragten.
    » Belvedere Castle «, antwortete Annwyl und trat hinter mich. »Eigentlich ist es kein richtiges Schloss, es beherbergt eine Wetterwarte und ist ein beliebter Aussichtspunkt.«
    »Ist es deswegen so klein?«
    »Seht mal!«, rief Kenzie, packte meinen Arm und deutete auf einen der Türme.
    Die Zinnen des steinernen Schlösschens waren übersät mit bleichen, geisterhaften Gestalten, die über die Mauern krochen

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