Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
ernst an.
»Weißt du noch, dass ich dir einmal gesagt habe, ich würde Kali nicht unterrichten, um gewalttätiges Verhalten zu fördern?«, fragte er mich. Ich nickte stumm.
»Zu welchem Zweck lehre ich es euch?«
»Zur Selbstverteidigung«, gab ich die gewünschte Antwort. Guro nickte auffordernd.
»Und … um die Kultur zu bewahren. Um sicherzustellen, dass diese Techniken nicht verloren gehen.« Noch immer wartete Guro auf mehr. Meine Antworten waren korrekt, aber noch nicht das, worauf er hinauswollte.
»Und?«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis es mir wieder einfiel. »Um die Familie zu schützen«, sagte ich leise. »Um jene zu beschützen, die einem wichtig sind.«
Guro lächelte. Dann bückte er sich, öffnete die Schnallen an der Kiste und klappte den Deckel auf.
Überwältigt holte ich Luft. Auf dem grünen Samt lagen zwei Schwerter in passenden Lederscheiden. Es waren dieselben Waffen, mit denen ich beim Turnier gearbeitet hatte.
Guros Blick wanderte von der Kiste zu mir. »Sie gehören dir«, erklärte er schlicht. »Ich habe sie einige Jahre, nachdem du in meinen Kurs gekommen bist, anfertigen lassen. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass du sie irgendwann brauchen würdest.« Meine offensichtliche Verblüffung entlockte ihm ein Lächeln. »Noch haben sie keine eigene Geschichte. Das liegt nun in deiner Hand. Und eines Tages kannst du sie hoffentlich an deinen Sohn weitergeben.«
Leicht benommen löste ich die Schwerter aus ihrer Halterung und nahm sie hoch. Sofort spürte ich ihre perfekte Balance, die tödliche Schärfe ihrer Klingen. Ich verstärkte meinen Griff, stand auf und ließ sie herumwirbeln, bis ich das leise Summen hörte, mit dem sie die Luft durchschnitten. Und wieder hatte ich das Gefühl, dass sie einfach perfekt passten, dass sie in meiner Hand lagen, als hätten sie die ganze Zeit auf mich gewartet. Dieser Umstand entlockte mir ein Lächeln, das von der makellos polierten Oberfläche der Waffen gespiegelt wurde.
Okay, jetzt war ich allem gewachsen, was diese scheinsaugenden Arschlöcher mir entgegenzusetzen hatten.
»Eines wäre da noch.« Guro griff in die Kiste und holte eine kleine Metallscheibe hervor, die an einem Lederband hing. In ihrer Mitte war ein Dreieck mit einem fremdartigen Symbol eingeritzt, das ich noch nie gesehen hatte.
»Zu deinem Schutz«, erklärte Guro, als er es ins Licht hielt. »Es hat meinen Großvater beschützt und davor dessen Vater. Und nun wird es auch dich beschützen.«
Guro hängte mir den Talisman um. Er war überraschend schwer, und als ich ihn unter mein Shirt schob, traf er mit einem leisen Klimpern auf mein Eisenkreuz. »Danke«, murmelte ich leise.
»Was auch immer dir bevorsteht, Ethan – du bist dabei nicht allein.«
Verlegen senkte ich den Blick. Guro schien zu spüren, wie unwohl ich mich fühlte, denn er wandte sich ab und ging Richtung Flur. »Komm mit. Sehen wir mal nach, was deine Freunde in der Zwischenzeit angestellt haben.«
Keirran saß am Küchentresen, hatte die Arme auf die Granitarbeitsplatte gestützt und war offenbar mit einem heißen Getränk versorgt worden. Neben ihm saß das kleine Mädchen, das mit Wachsmalkreiden auf einem Stück Papier herumkritzelte, was die Halbfee – die immerhin Prinz des Eisernen Reiches war – völlig zu fesseln schien.
»Eine … Lamia?«, riet er gerade, als ich zu ihnen stieß und ihm über die Schulter spähte. Unter den vielen verschiedenen Malversuchen gab es ein gedrungenes Ding mit vier Beinen und zwei Köpfen, das eindeutig undefinierbar war.
Das Mädchen sah ihn stirnrunzelnd an. »Ein Pony, Dummerchen.«
»Ach ja, natürlich. Ich bin aber auch blöd. Was kannst du sonst noch malen?«
»Hi«, meldete ich mich leise zu Wort, während das Mädchen nur abfällig schnaubte und wieder anfing zu kritzeln. »Wo ist Kenzie?«
»Im Arbeitszimmer.« Keirran sah flüchtig zu mir hoch. »Sie hat gefragt, ob sie kurz den Computer benutzen dürfte. Ich glaube, sie will irgendetwas über den Park herausfinden. Vielleicht solltest du mal nach ihr sehen.«
Ich grinste breit. »Und du kommst hier alleine klar?«
»Fertig!«, verkündete die Kleine und richtete sich triumphierend auf. »Was ist das?«
Mit einem Lächeln schickte Keirran mich weg. Ich verließ die Küche und nickte Guros Frau höflich zu, die mir im Flur entgegenkam. Hinter mir hörte ich, wie Keirran hilflose Rateversuche unternahm, zu denen ein Drache und ein Mantikor gehörten.
Ich entdeckte Kenzie in einer Ecke
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