Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
Stock über den Schädel ziehen und mich erst danach entschuldigen.
Irgendwo über mir summte etwas. Ich blickte zur Decke, und in diesem Moment kam halb fallend, halb flatternd etwas herabgesegelt und landete direkt auf meinem Gesicht. Als ich hastig zurücksprang, fiel das winzige Ding zu Boden und blieb dort liegen wie ein benommener Vogel.
Vorsichtig trat ich näher heran, jederzeit bereit, es zu erschlagen, falls es mich anfallen sollte. Das Ding lag zuckend auf dem Betonboden. Auf den ersten Blick sah es aus wie eine zu groß geratene Wespe oder eine geflügelte Spinne. Soweit ich das erkennen konnte, war es grün, langgliedrig und mit zwei transparenten Flügeln ausgestattet, die zerknittert an seinem Rücken klebten. Ganz sanft stieß ich es mit meinem Stock an. Mit einem langen, dünnen Arm schlug es schwach nach dem Holz.
Eine Blumenelfe? Was will die denn hier? Im Vergleich zu anderen Feen waren Blumenelfen relativ harmlos, doch wenn ihnen langweilig war oder sie sich beleidigt fühlten, konnten auch sie ziemlich üble Streiche anzetteln. Und Größe hin oder her – sie waren immer noch Feen. Die Versuchung war groß, diese hier einfach wie eine tote Spinne unter eine Bank zu fegen und zu meinem Wagen zu gehen, doch da hob sie den Kopf vom Boden und sah mich mit großen, ängstlichen Augen an.
Es war Distel, Todds kleine Freundin. Zumindest nahm ich an, dass es dieselbe Fee war; für mich sahen alle Blumenelfen ziemlich gleich aus. Doch ich glaubte, das spitze Gesicht wiederzuerkennen, genauso wie die gelben Haare, die den Kopf umgaben wie die Samen einer Pusteblume. Sie öffnete den Mund und schlug mühsam mit den Flügeln, schien aber zu schwach zu sein, um aufzustehen.
Stirnrunzelnd ging ich in die Hocke, um sie besser sehen zu können, hielt aber weiter den Rattanstock bereit, falls das alles nur eine List war. »Wie bist du hier reingekommen?«, murmelte ich und stupste sie noch einmal an. Die Blumenelfe schlug nach dem Stockende, blieb aber auf dem Boden liegen. »Bist du mir gefolgt?«
Sie antwortete mit einem unverständlichen Summen, dann verließen sie offenbar ihre Kräfte. Was sollte ich jetzt tun? Offensichtlich steckte die Kleine in Schwierigkeiten, aber einer Fee zu helfen verstieß gegen jede Regel, die ich mir im Laufe der Jahre auferlegt hatte: Fall niemals auf, verzichte auf jede Interaktion mit dem Feenvolk, schließe keine Verträge mit ihnen und nimm niemals ihre Hilfe an. Das einzig Kluge wäre, sich jetzt ohne einen Blick zurück aus dem Staub zu machen.
Andererseits … wenn ich ihr dieses eine Mal half, wäre die Blumenelfe mir etwas schuldig, und mir fiel so einiges ein, das ich im Gegenzug verlangen konnte. Zum Beispiel, dass sie mich in Frieden ließ. Oder Todd in Frieden ließ. Oder jedes Vorhaben aufgab, mit dem das Halbblut sie beauftragt hatte.
Oder noch besser: Ich könnte verlangen, dass sie niemandem von meiner Schwester und meiner Verbindung zu ihr erzählte.
Das ist doch dämlich , sagte ich mir, während ich zusah, wie die Blumenelfe langsam auf meinen Stock zukroch und versuchte, sich daran hochzuziehen. Du weißt genau, dass Feen jeden Handel zu ihrem Vorteil verdrehen, selbst wenn sie dir etwas schuldig sind. Das wird nicht gut ausgehen.
Tja. Wann hatte ich mich schon jemals durch kluge Entscheidungen hervorgetan?
Seufzend bückte ich mich und hob die Blumenelfe an den Flügeln auf. Dann hielt ich sie dicht vor mein Gesicht. Sie baumelte schlaff zwischen meinen Fingern und schien halb weggetreten, auch wenn ich keine Ahnung hatte, warum. Kam mir das nur so vor, oder war diese Fee irgendwie … durchsichtig? Nicht nur die Flügel, sie schien insgesamt zu flackern wie in einem unscharfen Film.
Dann blickte ich an der betäubten Fee vorbei und entdeckte etwas, das in der Dunkelheit am Ende des Umkleideraums kauerte. Bleich und geisterartig sah es aus, lange Haare schwebten wie Nebel um seinen Kopf.
»Ethan?«
Sobald Guros Stimme durch den Raum hallte, verschwand das Ding. Hastig zog ich den Reißverschluss auf und stopfte die Blumenelfe in meine Tasche, gerade noch rechtzeitig, bevor mein Trainer in der Tür erschien. Mit schmalen Augen sah er mich an.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte er, während ich die Tasche schulterte und auf ihn zuging. Bildete ich mir das nur ein, oder sah er wirklich kurz zu der Ecke hinüber, wo das gruselige Geisterwesen gehockt hatte? »Ich dachte, ich hätte etwas gehört. Es ist doch nicht Chris, der sich irgendwo
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