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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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Hoheit“ gegrüßt, ansonsten ging es recht formlos zu. Simon und ich gaben uns mit Kaffee und Toast zufrieden. Ein Palast ist ein gefährlicher Ort für die schlanke Linie. Wir scannten die britischen Tageszeitungen, doch es schien ruhig zu sein. Offenbar wurde nicht jeder noch so kleine Schritt unsererseits beäugt. So ganz traute ich dem Frieden jedoch nicht, zumal Jack Kern bis jetzt noch keinen seiner Interview-Gutscheine hatte einlösen wollen.
    Von Seiten der alteingesessenen Windsors erhielt ich, abgesehen von einem kurzen formellen Gratulationsschreiben zur Thronbesteigung, keine Nachricht. Ich empfand das als seltsam, war mir aber auch nicht sicher, ob sie von mir nicht vielleicht eine Einladung zum Tee erwarteten. Ich hatte ja kaum eine Ahnung davon, wie sich ein König in der Gesellschaft zu verhalten hatte. Mr Grant hatte deshalb versprochen, inoffiziell bei den Büros der verschiedenen Prinzen und Prinzessinnen anzufragen. Ob dabei schon etwas herausgekommen war, wusste ich nicht.
    Gegen acht schalteten wir unsere Laptops an und wie immer galt unser erster Blick im Netz der Seite queer.de, dort war über Nacht nichts gelaufen. Simon bloggte, dass Arbeitsbeginn sei und der Tag im Zeichen des Antrittsbesuchs des Diplomatischen Corps stehe.
    Punkt neun trat Grant in unser Büro und bat uns beide an den Konferenztisch. Er habe vom Außenministerium einen Stapel Kärtchen bekommen: Vorne drauf stehe das Land und hinten der Name des Botschafters sowie ein politisch korrekter Smalltalk-Satz. Simons Teil des Stapels war kleiner als meiner. Grant meinte, er habe zudem meiner Mutter versprochen, ihr Sohn werde morgen für ein längeres Gespräch anrufen.
    Von der Schlussdiplomprüfung waren wir noch ans Auswendiglernen gewöhnt, trotzdem war der Stapel von 150 Kärtchen ein Brocken. Wir nahmen das sehr ernst und schreckten aus der Konzentration auf, als uns Grant wenig später mitteilte, im Grünen Salon stehe ein leichtes Lunch-Büffet bereit.
    Der Grüne Salon, der mit Spiegeln, Parkett, Leuchtern und Stuck doch sehr „schlossig“ aussah, wie Simon es nannte, war so etwas wie die Mensa für die Chefetage des Palastes. Wir wurden angekündigt mit: „His Majesty and the Prince Consort“, und dann musste ich antworten: „Guten Appetit allerseits“, das reichte hier als Reverenz an den König. Das Büffet bot ein Schnitzel an. Wir begnügten uns mit Salat mit nur ganz wenig Sauce und einer kleinen Portion Pommes frites. Es wurde vom Büffet aus serviert; so weit ging das Mensa-Feeling dann doch nicht, dass der König oder die Lords mit Tablett hätten anstehen müssen. Für das gewöhnliche Personal gebe es jedoch eine Selbstbedienung neben der Küche, erklärte mir Butler Fletcher und fuhr fort, die Queen habe sich abwechselnd mal zu diesem und mal zu jenem Stab gesetzt, wenn es denn im Salon nebenan keine offiziellen Gäste gegeben hatte. Heute setzten wir uns zu Grants Leuten, also auch zur Post-Nanny, die sich nach den ersten Höflichkeiten zu fragen traute, wie es mit ihrer Anstellung weitergehe.
    „Wenn Sie Beruf und Glauben künftig auseinanderhalten, können Sie bleiben. Daran hat sich nichts geändert. Im Zweifel lieber mir oder Simon einen Brief zu viel als zu wenig vorlegen. Wir fallen nicht so schnell in Ohnmacht wie Sie.“
    Diese Spitze hatte ich mir nicht verkneifen können und das Schöne daran war: Sie musste es schlucken. König zu sein hatte auch Vorteile.
    Earl Binnester beugte sich an mein Ohr: „Es gibt eine heikle Entwicklung, Majestät. Wenn ich Sie möglichst gleich, nachdem Sie fertig gespeist haben, sprechen könnte?“
    „Bei mir, in einer Viertelstunde“, antwortete ich und der Earl gab Grant durch ein Handzeichen zu verstehen, dass die Vorladung auch für ihn galt. Ich wurde nervös und plötzlich sehr schnell beim Essen. Da passierte es: Ich war mit dem Essen fertig und Grants Leute noch mittendrin. Da der Kellner mich sowieso immer diskret im Auge behielt, wollte er gleich abräumen, obwohl die anderen noch nicht fertig waren. Ich stibitzte deshalb schnell ein paar Pommes von Simons Teller, damit die anderen weiter essen konnten und der Kellner wieder seine Warteposition einnahm.
    „Bitte heute Abend keine solchen … äh … Aktionen mit dem Essen“, flüsterte Grant.
    „Waren die Prinzen William und Harry immer Engelchen zu Tisch?“, fragte Simon.
    „Ein Gentleman schweigt diskret“, antwortete Grant.
    „Ich schlage vor, wir hören uns jetzt an, was der Earl

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