Plötzlich Royal
make them fall; Confound their politics, Frustrate their knavish tricks, On Thee our hopes we fix, God save us all!
Thy choicest gifts in store, On him be pleased to pour; Long may he reign; May he defend our rights, And ever give us cause, To sing with heart and voice, God save the King!
Ich hatte Gänsehaut bekommen angesichts des tausendstimmigen Chores, der die Hymne laut und mit viel Emotion mitgesungen hatte. Dieses Mal war es nicht einfach Teil eines Rituals oder des Protokolls, sondern hier war alles improvisiert und kam von Herzen und nicht aus dem staubigen Handbuch eines Zeremonienmeisters.
Ob alle die kleine, aber durchaus brisante Änderung der dritten Strophe mitbekommen hatten, die sich die schwule Gemeinde erlaubt hatte? Mir sprach die Änderung aus dem Herzen, doch ich durfte im Moment keine Miene verziehen, denn nun war der Schweizerpsalm dran. Da Simon und ich wohl die Einzigen waren, die den Text dazu konnten, spielte die Kapelle ohne Gesangsbegleitung eine Strophe der Schweizer Nationalhymne.
Nun folgte der entscheidende Moment. Ein Fähnrich näherte sich zackig Simon, der die Regenbogenfahne aus der Stange löste, so dass nur noch ein kleiner Ruck notwendig war, und reichte sie Prince Harry. Der Fähnrich und der Prinz falteten die Fahne, wie sie nach britischem Reglement gefaltet werden musste. Jede Bewegung war da vorgeschrieben. Dann trug der Fähnrich die gefaltete Fahne zum letzten verbleibenden Mast und zu einem bereits wartenden Soldaten. Dort wurde sie zackig wieder entfaltet und am Seil befestigt.
Simon flüsterte mir ins Ohr: „Erste und dritte Strophe.“
Die Kapelle begann zu spielen.
Im ersten Moment erkannte ich die Melodie gar nicht, da ich sie noch nie mit Blechblasinstrumenten gehört hatte, doch es war Glad To Be Gay von Tom Robinson. Die trotzige Melodie passte halbwegs zu den Hymnen zuvor und die tausend Schwulen und Lesben auf dem Platz fanden den Text wie zuvor den der Hymne auf dem zuvor verteilten Flugblatt. Für Demos war Timm ja perfekt zu gebrauchen.
Ob CNN live drauf geblieben war, während wir alle die „Schwulen-Hymne“ gesungen hatten? Es blieb danach einen langen Moment still, so als ob alle erwarteten, dass Gott ob dieser Unverfrorenheit einen Blitz herabfahren ließe, doch nichts geschah.
Ein Kommando der Wachen hallte viel zu laut über den Platz. Die Bärenfellmützen marschierten weg und damit war die Zeremonie wohl abgeschlossen.
Timm stellte mir den nicht mehr ganz so jungen Tom Robinson vor, der tatsächlich höchstpersönlich anwesend war. Doch Robinson war im idealen Alter, um bei nächster Gelegenheit den Ritterschlag zu empfangen.
Prince Philip meinte, dass sich mit dem ganzen Auftritt hier die Monarchie wohl in das etwas seltsame neue Zeitalter gerettet hätte. Nur der traditionelle britische Morning Dress sei offenbar auf der Strecke geblieben, fürchtete er mit Blick auf meine schwarzen Jeans. Er wollte sich nun gerne nach Kensington Palace zurückziehen. Einen gemeinsamen Fünfuhrtee würde er schätzen, falls Seine Majestät keine anderen Pläne habe.
Die Polizei würde sich nun nicht mehr trauen, Regenbogenfahnen in die Tonne zu schmeißen. Ich fühlte mich nicht so, als hätte ich das entscheidende Tor in einem Fußballspiel geschossen, spürte aber immerhin eine tiefe Erleichterung. Tom Robinsons Lied war vor der Königsfamilie und dem Premier gesungen worden und die Kapelle hatte die Melodie gespielt. Ein geradezu ungeheuerlicher Vorgang, und der Text war ja nach wie vor aktuell, wenn auch die angesehenen westlichen Medien inzwischen wohlwollender berichten, als es die nicht gesungene zweite Strophe nahelegte.
„Wir haben die zweite nicht gesungen, weil da von Nackten die Rede ist“, erklärte Timm, als hätte er meine Gedanken erraten.
„Wissen Sie, in wie vielen Ländern, sogar im Commonwealth, allein das öffentliche Singen dieser Hymne der Schwulen eine schwere Straftat ist, David?“, wandte ich mich an den Premier.
„Mir ist das bewusst, Sascha. In mir juckt es, Sie darauf hinzuweisen, dass Tagespolitik nicht die Aufgabe des Königs ist, aber Sie sind intelligent und wissen das ja selbst.“
„Ich mische mich nicht in andere Bereiche Ihrer Politik ein.“
„Schade!“, stichelte Timm spitz, doch Cramer ging darauf nicht ein.
„Ich habe heute früh in der Times eine repräsentative Umfrage gesehen. Bei einer Mehrheit der Bevölkerung kommen Sie gar nicht mal so schlecht an. Ihr Trumpf ist Ihre
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