Plötzlich Royal
mit dem bayrischen Prinzen durchkreuzt.“
„Hindert die beiden ja keiner daran, trotzdem zu heiraten. Doppelhochzeit mit Kate und William?“
„Ja, aber die Hochzeit einer künftigen Königin hätte einen ganz anderen Stellenwert gehabt.“ Cramer dachte kurz nach. „Vielleicht lässt sich da mit guter PR doch was für die Monarchie rausholen.“
„Hat Sir Geoffrey noch was ausgesagt?“, fragte ich. Papis Geldkofferaktion, wie man sie normalerweise nur der FIFA und Berlusconi nachsagte, war zwar nicht fein, aber hatte selbstverständlich nicht dieselbe Dimension wie ein Attentat.
„Ja, es geht dem viktorianischen Butler wieder besser. Er weiß von der Geldkofferpolitik Ihres Vaters. Er habe nach eigenen Angaben mitbekommen, dass Binnester mit russischen Rechtsextremen und arabischen Terroristen in Kontakt stand. Er habe gedacht, der Earl wolle mit Hilfe von gekauften russischen Killern das Problem des – Zitat: ‚verzogenen sodomitischen Schweizers in der neuen Königsfamilie ein für alle Mal lösen, nachdem ein paar naive Pedanten um Sir Wilfried den Anti-Katholiken-Paragrafen neu interpretiert‘ hätten. So lautete seine Sicht der Dinge.“
„Die führenden Rechtswissenschaftler sagen aber heute, Sir Wilfrieds Interpretation der alten Bill of Rights und des Act of Settlement sei die richtige“, stellte ich zur Sicherheit fest.
„Zweifellos. Sir Geoffrey glaubte, nachdem das kleinere Übel, nämlich die geschlechtsneutrale Thronfolge, von allen Kammern gutgeheißen wurde, seien die Attentatspläne vom Tisch. Sie hätten ja mit der Unterschrift des Monarchen unter das Gesetz bereits wenige Tage später nicht mehr in der direkten Thronfolge gestanden. Somit brauchte er Earl Binnester nicht mehr ans Messer zu liefern. Unser Zank mit Sir Geoffrey mag ebenfalls dazu beigetragen haben, dass er schwieg und nicht die Polizei informierte.“
„Und dann versuchte er, sich zu erschießen“, folgerte ich. „Das Attentat hatte ja aus seiner Sicht die schlimmstmögliche Folge. Der letzte Monarch alter Schule tot und ein verzogener schwuler Schweizer auf dem Thron.“
„Er konnte nicht wissen, dass die Ärzte Ihren Großvater noch retten würden. Die Terroristen mussten mit einem Virus noch nachhelfen. Wir gehen davon aus, dass das tödliche Attentat mit einem mit besonders aggressiven Ebola-Viren versetzten Antiserum aus Algerien ausgeführt wurde. Die Leute des Krankenhauses konnten nicht ahnen, dass sie durch das Verabreichen des Serums den Attentätern zum Erfolg verhalfen. Wir hatten Glück im Unglück, dass dies keine Seuche auslöste.“
Cramer hatte beim „verzogenen Schweizer“ nicht widersprochen. Ob ich wirklich so schlimm war? Doch etwas anderes schien mir bedenklicher. Keiner konnte sicher sein, ob Sir Geoffrey seine Rolle nur bestmöglich beschönigte oder wirklich die Wahrheit sagte. Earl Binnester, der ihn als Komplizen hätte benennen können, war ja tot.
„Er wird ja wohl den Rest seines Lebens in der Klapse, ich meine psychiatrischen Klinik verbringen“, hoffte ich. Cramer ließ sich viel Zeit mit der Antwort, und dies lag wohl nicht am Airbus A380, der gerade über Heathrow träge in den Himmel kletterte.
„Unsere Welt ist komplizierter als jene Elisabeths I., fürchte ich. Nach den Aufregungen der vergangenen Wochen muss die Monarchie zur Ruhe kommen“, erklärte der Premierminister. „Ein Prozess gegen Sir Geoffrey ist nicht im Interesse des Staates. Wir einigten uns im Kabinett auf die Informationspolitik, dass er sich nur ihretwegen erschießen wollte und deshalb vorerst in die geschlossene Anstalt geht und danach irgendwo weit weg in Pension. Er weiß von der Bestechung des Oberhauses und ein Prozess würde ihm eine Plattform für seine religiös radikalen Ansichten bieten. Womöglich würde er dadurch zum Vorbild für eine Art Anti-Sascha-Sekte.“
Mir gefiel das nicht, eine ehrliche Aufarbeitung der Attentate wäre mir lieber gewesen. Doch das entschied die Regierung, nicht der König.
„Was ist unsere offizielle Meinung zu Binnester?“
„Der Earl hat aus falsch verstandenem Patriotismus und aus kaum nachvollziehbarer Naivität Al-Quaida und sonstigen gewaltbereiten politischen Wirrköpfen die Palasttür geöffnet. Seine Leiche liegt irgendwo unter den Palasttrümmern und so entfällt auch hier ein spektakulärer Prozess, bei dem der ganze Oberhaus-Skandal auffliegen könnte. Eine Anklage wegen Bestechung gegen den Vater des Königs könnten wir dann nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher