Plötzlich Royal
Sascha.“
Danach stand mir ein schwieriger Anruf bevor. Einen Notfallzettel hatte ich noch immer von der Verlobungsfeier meiner Schwester her in der Brieftasche, irgendwie war er da hängen geblieben. Sir Geoffreys Mobilfunknummer stand darauf. Simon und ich beide gingen Hand in Hand langsam vom Quartierbüro wieder hoch zur Villa, während ich telefonierte.
„Buckingham-Palast, Sir Geoffrey?“
„Hier ist Sascha Philipp Burger, Viscount of Dover“, meldete ich mich so korrekt wie möglich, um ihm einen Gefallen zu tun. „Wie geht es Ihnen nach diesem Entscheid?“
„Man versucht seine Pflicht zu erfüllen. Was kann ich für Sie tun?“, antwortete er brüsk.
„Ich möchte Sie und Ihre Frau zur Zeremonie meiner eingetragenen Partnerschaft einladen und gleichzeitig fragen, an wen ich protokollarisch korrekt weitere Einladungen senden soll. Die eingetragene Partnerschaft ist die rechtlich verbindliche gleichgeschlechtliche Heirat, etwa wie die Civil Union bei Ihnen in Großbritannien, und kann nur von einem Richter getrennt werden wie die Ehe auch. Sie findet am Samstag in zwei Wochen hier in Zürich statt.“
Es dauerte sehr lange, bis Sir Geoffrey antwortete.
„Das wird nicht möglich sein und ich denke nicht, dass es angebracht wäre, eine Einladung zu solch einem Anlass einem Royal zuzusenden oder – Gott bewahre – gar Ihrer Majestät. Ich verstehe, Sie und Ihr Partner fürchten zu Recht das Veto des Palastes und schaffen vollendete Tatsachen. Eine nicht gerade diplomatische Vorgehensweise, und Sie bürden mir damit die Pflicht auf, Ihre Majestät von Ihrer Absicht in Kenntnis setzen zu müssen.“
„Es geht um Liebe. Ich lass mir Simon nicht verbieten“, antwortete ich trotzig.
„Ja, Sie sind ein sehr selbstständiger Mensch. Vielleicht ist es dem Palast recht, wenn diese Angelegenheit außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs abgewickelt wird. Wir werden hier im London beraten müssen, wie wir mit dieser neuen Lage umgehen wollen. Ich danke Ihnen für die Mitteilung.“
„Danke für Ihr Verständnis, Sir Geoffrey.“ Mehr war nicht drin. Etwas irritiert beendete ich das Gespräch.
Wir würden im Buckingham-Palast sowieso hochkant rausfliegen, war sich Simon sicher, aber wir wollten nicht freiwillig verzichten. Sie sollten wenigstens zu ihrer Homophobie stehen müssen. Geld war für mich ja kein Problem. Ich war nicht auf eine Pension als Royal angewiesen.
„Das Paar wünscht sich einen zwanglosen Studenten-Gartenbrunch, ohne Kleiderzwang, aber auch ohne CSD-Fummel, einfach Studenten, Schwule und Freunde beim Feiern“, schrieben wir auf Deutsch und Englisch auf die Einladung für die engsten Freunde. Für Verwandte und Kollegen benützen wir eine formellere Einladung. Selbst an den Palast schrieben wir. Immerhin war ja der Thronfolger mein Großvater. Es blieb jedoch still in England. Die Ankündigung unserer Hochzeit wurde vom königlichen Haushalt einfach ignoriert. Ich hatte nichts anderes erwartet.
Mit weißen Röhrenjeans und weißen Sakkos gingen mein Zukünftiger und ich an einem nebligen Mittseptembermorgen ins Zentrum von Zürich-Hottingen, um die Partnerschaft per Unterschrift zu schließen. Es würde ein goldener Tag werden. Nach der Zeremonie bummelten wir, unsere Eltern und ein paar Verwandte und Freunde, meine Schwester und ihr Schwanstein-Prinz, aber ohne dessen CSU-Eltern, durch das Quartier hoch zur Villa, die oberhalb der Nebelgrenze lag. Etwas britischen Flair konnten wir dem Quartier sogar bieten. Simons Vater war Dozent für Anglistik an der Universität, trug einen echten schottischen Kilt und hatte vom angelsächsischen Club drei Dudelsackpfeifer organisiert. Der etwas knorrige Schotte und seine blonde, zierliche Frau waren überzeugt, ihr Sohn Simon würde eines Tages den Titel Prince Consort tragen. Der Gatte von Königin Victoria habe diesen Titel innegehabt, ebenso Prinz Philipp, der Ehemann der Queen, erklärte er. An einer Hochzeit durfte man ja träumen.
Ein geradezu malerischer Blick über das Nebelmeer zum Uetliberg und zu den Alpen begrüßte uns bei der Villa.
Einige Gäste, allerdings ungebeten, waren doch noch aus London angereist: Jack Kern und ein paar andere von der neugierigen Zunft, die uns beide fotografierten. Es würde ein unglaublich kitschiges Foto werden: Brautpaar, Nebelmeer, Alpen. So ganz sicher sei sich sein Chef nicht, ob sich eine schwule Traumhochzeit verkaufen ließe, aber zumindest mal ausprobieren könne man es ja, erzählte
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