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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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merkte jemand, dass hier nicht irgendwelche jungen Kerle hinzugetreten waren. Der Fernseher wurde stumm geschaltet und viele Männeraugen blickten mich fast wie Kinder erwartungsvoll an. Noch bevor ich etwas sagen konnte, hörte man von draußen Kirchenglocken läuten. Erst sehr fern, dann auch in der Nähe. Alle erhoben sich und BBC blendete in weißer Schrift auf schwarzem Grund ein:
    „Please stay tuned: Prime Minister Gordon Brown to address the Nation.“
    Hinten in einer Ecke der Lobby filmte eine Fernsehkamera mit. Alle standen, hörten die Glocken, fassten sich an den Händen und warteten auf Gordon Brown, der nun vor dem Kamin in seinem Arbeitszimmer stand und sichtlich bewegt der traurigen Pflicht nachkam, den Tod des Staatsoberhaupts bekannt zu geben und die Verdienste Ihrer Majestät in einer kurzen, bewegenden Rede zu würdigen. Ich traute mich kaum zu atmen, so still war es im Raum.
    Nach der Rede wurde live zum Buckingham-Palast geschaltet, wo nun die Fahne auf Halbmast gesetzt wurde. Dazu spielte man die Hymne.
    Alle im Saal erhoben sich und sangen God Save the Queen , selbst die Kameraleute.
    „Ersetzt den Regenbogen durch was Schwarzes“, flüsterte ich danach den beiden hinter der Rezeption zu. Der Wasserstoffblonde eilte sofort davon, während die Household Guards im Fernsehen irgendeine Zeremonie durchführten.
    „Königliche Hoheit, werden Sie der Prince of Wales und nehmen Sie dadurch Ihre Position an erster Stelle in der Thronfolge ein?“, rief eine Reporterin mit Kameramann. Was sollte ich Bub aus der Schweiz in einem solchen Moment sagen? Ich kam mir so unendlich deplatziert vor, aber ein paar Worte wurden wohl von mir erwartet.
    „Die Thronfolge und der Titel Prince of Wales sind nicht automatisch miteinander verbunden. Der Titel liegt jetzt bei der Krone, da mein Großvater König wurde. Im Moment ist das aber auch unwichtig. Wir sind alle am Anfang der Trauer um eine große Königin. Diese Zeit der Trauer ist sehr wichtig, damit die Erinnerung an Ihre Majestät in unseren Herzen weiterleben kann. In der Trauerzeit werde ich die dem Kronprinzen zufallenden Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen. Was darüber hinaus sein wird, wird mein Großvater zusammen mit Seiner Majestät Regierung zu gegebener Zeit entscheiden. Ich möchte hier nun mit meinen Freunden ohne mediale Aufsicht um meine Urgroßmutter trauern. Ich danke für Ihr Verständnis.“
    In der Tat erlosch wenige Sekunden später das rote Licht an der Kamera und sie wurde abgebaut.
    „Seiner Majestät Regierung“, wiederholte ein schon älterer Glatzkopf mit Jeansjacke meine Worte mit Betonung auf dem ersten, und die Tränen kullerten ihm über die Wangen. Die Anwesenden baten mich, von der letzten Audienz bei der Queen zu berichten, es wurde gemeinsam der letzte Toast auf die Königin ausgebracht und nochmals die Nationalhymne gesungen. Danach leerte sich die Lobby. Ich ging mit Simon und Timm in unser Apartment hoch. Während Simon und Timm weiter BBC schauten, führte ich ein langes Telefongespräch mit meinem Vater. Er war der Meinung, ich solle nicht verzichten. Ein Titel auf der Visitenkarte sei auch heute noch ein Türöffner.
    „Sascha!“, rief Timm plötzlich und deutete auf den Fernseher.
    „Das erste Statement der Königsfamilie stammt nach Sky News von Sascha, dem nun nach der Thronfolgeregelung automatisch die Rolle des Kronprinzen zufällt. In dem Statement betont Seine Königliche Hoheit die Bedeutung der Trauerzeit, damit die Erinnerung an die Königin in unseren Herzen weiterleben könne. Die Entscheidung, welche Aufgaben er nach der Trauerzeit wahrnehmen werde, stehe nur dem König und Seiner Majestät Regierung zu. Sir Wilfried, Sie haben das Originalstatement gesehen, das wir aus rechtlichen Gründen nicht zeigen dürfen. Was können Sie dazu sagen?“
    Sir Wilfried, neben dem Nachrichtensprecher am Tisch sitzend, holte tief Luft.
    „Es gibt sehr schwere Stunden der Pflichterfüllung. Nun ja, in meinem Herzen wird die Erinnerung an die Queen einen Ehrenplatz einnehmen, ganz gewiss. Das Statement ging über diesen Satz ja kaum hinaus und das war auch angemessen. Was hätte ein britischer Gentleman anderes tun sollen, als dem Journalisten eine höfliche Antwort zu geben und dann zu schweigen? Ich möchte seinem Beispiel folgen.“
    „Erlauben Sie dennoch eine Frage. Wann wird der Ascension Council zur Ausrufung König Georges VII. zusammentreten?“
    „Um 22 Uhr im St. James’s Palace,

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