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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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Anti-Sascha-Gesetz endlich aus den Medien verschwindet.“
    „Was für eine Geste?“ Der Typ konnte reden, ohne Luft zu holen.
    „Morgen kommt Präsident Obama auf Staatsbesuch. Sie, Sascha, werden ihn am Flughafen abholen und übermorgen mit ihm, dem König und Prince William sowie mit den Schwansteins an der königlichen Geburtstagsparade Trooping the Colour teilnehmen. Simon platzieren wir prominent an Ihrer Seite, wenn Sie versprechen, auf eindeutig schwule Gesten zu verzichten. Es wird auch bis ins ziemlich prüde Indien live berichtet. Nicht dass die uns aus der Liveübertragung aussteigen, wenn Sie Simon küssen. Gerade auf dem Subkontinent muss das zarte Pflänzchen der Schwulenemanzipation gepflegt werden, mit kleinen, vorsichtigen Schritten.“
    Das indische Fernsehen hatte jüngst die homosexuelle Emanzipation als „westliche Verführung der Jugend“ gegeißelt. Aber mich mit dem Premier streiten mochte ich zu diesem Zeitpunkt nicht.
    „Aber Simon und ich sitzen in derselben Kutsche?“
    „Ja. Der amerikanische Präsident unterstützt die Idee, denn er fürchtet, dass die Wähler der LGBT-Community im November bei den Kongresswahlen zu Hause bleiben. Die Bilder werden auch Ihrem Anliegen nach Gleichberechtigung guttun, oder nicht?“
    Warum müssen Politiker immer so viel reden? Immerhin hatte Cramer nicht so einen finsteren Ton drauf wie Brown.
    „Na gut, Simon und ich machen den Obama-Empfang und wir reden danach nochmals. Im Moment bin ich etwas skeptisch. Ich bin kein Royal-Typ. Ich krieg den Wolf, wenn ich einen Anzug trage.“
    „Dieses Problem würde sich durch eine geeignete Wahl der Textilien bestimmt lösen lassen. Abgemacht, wir sehen uns morgen. Details über das Gesetz und den Staatsbesuch finden Sie in Ihrer Mailbox. Meine Assistentin wird Ihre Fragen beantworten. Guten Abend in die Schweiz, Eure Hoheit.“
    „Gruß an Ihre Frau, Premier Cramer.“
    Ich kam mir etwas überrumpelt vor, und auch Simon hatte deutlich an Gesichtsfarbe verloren. Während er sich um alle anderen E-Mails kümmerte, schaute ich mir die Bill of Royalty 2010, wie das Gesetz offiziell hieß, genauer an. Es war – wie Cramer schon gesagt hatte – im Grunde ein Sparprogramm, und das mit der Gleichberechtigung und ein paar kleinen, neuen Kompetenzen für den Monarchen war wohl dazu gedacht, vom Wesentlichen abzulenken. Simon meinte, in Wirklichkeit gehe es doch darum, einen offen Schwulen auf dem Thron zumindest für die kommenden Jahrzehnte zu verhindern. Er hatte wohl recht. Die fünfzig Millionen Pfund, die Cramer jährlich für den König ausgab, spielten nun wirklich keine Rolle angesichts der vielen Milliarden, die in seinem Haushalt fehlten. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass jemand auf solch eine Idee gekommen wäre, wenn die Queen noch leben würde. Da hätte es einfach geheißen: The Queen is not amused , und damit wäre dieses Gesetz vom Tisch gewesen.
    Am nächsten Tag, dem letzten Freitag im Juni 2010, standen wir am Flughafen Zürich, und zu der Freude, das Studium geschafft zu haben, mischte sich ein unangenehmes Gefühl im Bauch. Das Studentenleben ging zu Ende und damit der Grund, dem Vereinigten Königreich fernzubleiben.
    Wir trugen unser „Hasselhoff-Outfit“, wie wir es nannten, als ich am Check-in unsere Buchungsnummer eintippte. Da blitzte es auch schon und ein Fernsehteam der Sendung Glanz und Gloria wollte noch ein paar Abschiedsworte hören. Wir erklärten brav, dass es eine große Ehre sei, an Trooping the Colour teilnehmen zu dürfen, und wir würden uns darauf freuen, den größten Redner aller Zeiten, Präsident Obama, zu treffen, der von König George VII. zur Parade eingeladen worden war.
    Wir winkten ein zweites Mal, ließen die Schweizer Reporter hinter uns und mussten nach der Sicherheitskontrolle nun kräftig spurten, denn peinlicherweise war über Lautsprecher mit der üblichen, betont neutralen Stimme zu hören:
    „Die Passagiere Burger und McTombreck von Flug BA709 werden gebeten, sich bei Gate E58 einzufinden. Passengers Burger and McTombreck travelling to London Heathrow are kindly requested to proceed to gate E58.“
    Der Lautsprecher wiederholte sich gerade, als wir aus der Mini-U-Bahn stiegen, die einen zum Midfield Terminal E bringt.
    Erstaunlicherweise stand jedoch nicht der erwartete Airbus 319, sondern ein Langstreckenflugzeug, eine Boeing 777, am Fingerdock. Einige Chinesen wurden beim Einstieg rechts wegdirigiert und gingen diszipliniert nach hinten.

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