Plötzlich Royal
engagieren, abgesehen von der Raumfahrt?“
„Ich musste heute schon ziemlich kämpfen, damit ich die Beziehung zu Simon offen leben kann. Lt. Dan Choi ist ein großer Amerikaner. Sie wissen, wer das ist, Mr President?“
„Er setzt sich dafür ein, dass Schwule und Lesben offen in meinem Militär dienen dürfen. Auch ich und Außenministerin Clinton engagieren uns für die Abschaffung von Don’t Ask Don’t Tell und werden bestimmt bald erfolgreich sein. Er muss also nicht dauernd vor dem Weißen Haus dafür demonstrieren“, antwortete Obama etwas genervt.
Der Stabschef unterbrach uns kurz und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
„Es wird ja erwartet, dass wir bei der Landung im Hyde Park ein paar Worte sagen. War unser Gespräch eben vertraulich oder offen?“, wandte sich Obama wieder an mich.
„Offen!“
Die Stabschef nickte. „Begrüßung durch den Bürgermeister, dann der Präsident, dann der Kronprinz, winken und danach bringt Sie Ihr Panzerwagen zur Downing Street“, erinnerte er den Präsidenten. Der Hubschrauber setzte auf, John und ein amerikanischer Kollege erhoben sich. Sie gaben das all clear und begleitet von den Klängen des Präsidentenmarschs Hail to the Chief stieg Obama aus, dahinter ich. Wir vier liefen schnell auf die Open-Air-Bühne, während unsere Ehegatten auf die Sitzplätze der Ehrengäste geführt wurden.
Als Obama sofort mit Winken begann, jubelte das Publikum, aber auch ein paar Plakate gegen den Afghanistan-Krieg wurden in die Höhe gehalten. Der Lord Mayor, der Bürgermeister von London, begrüßte uns in einer sehr traditionellen Robe. Anschließend trat er an das Mikrofon und sprach ein paar belanglose Begrüßungsworte, überreichte Obama den Schlüssel der Stadt und übergab dann das Wort an den Präsidenten.
Mit dem Hinweis auf die Bedeutung der Verhandlungen um die Aufstockung der Truppen in Afghanistan begann er und sagte viel Allgemeines über die tiefe Freundschaft zwischen den beiden Nationen und dass er sich auf die morgige Zeremonie mit der königlichen Familie genauso freue wie auf die politische Arbeit mit Premier Cramer. Auch vergaß er nicht zu erwähnen, welche Ehre es sei, als erster Staatsgast an der Gardisten-Parade Trooping the Colour teilnehmen zu dürfen. Zum Schluss bedankte er sich für den warmen Empfang durch den Kronprinzen Sascha und dessen Mann Simon und beglückwünschte Simon und mich zum zukunftsweisenden Mut, offen als schwules Paar aufzutreten.
Der Prompter ging aus und Obama und ich mussten die Plätze tauschen. Ich hoffte noch einen Moment, Cramers Leute hätten einen Text vorbereitet, der nun eingeblendet werden würde, doch der Monitor blieb dunkel und die etlichen tausend Leute vor der Bühne verstummten. Also zog ich etwas unsicher meine Notizen aus der Hosentasche des kratzenden Anzugs. Zweimal durchatmen und nun durfte ich nicht mehr der Freche von meinem Verein schwuler Studenten sein, sondern musste wie ein Mitglied der königlichen Familie reden.
„Mr President, First Lady, Lord Major, Ladies and Gentlemen“, begann ich. „Meine Studentenzeit liegt hinter mir. Der neue Lebensabschnitt als aktives Mitglied der Königsfamilie beginnt mit einem sehr eindrücklichen Erlebnis, nämlich dem Empfang durch Sie, meine Landsleute, und mit der Begegnung einer der größten Persönlichkeiten unserer Zeit: dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Sie haben bereits zwei Jahre Amtserfahrung. Ich bin seit zwei Jahren Kronprinz des Vereinigten Königreichs, von Nordirland und den Realms, wie beispielsweise Kanada, Neuseeland, Australien und Jamaika. Bisher hatte der Abschluss des Studiums Priorität. Nun beginnt eine Phase des fairen und sportlichen Kennenlernens, wie das Sir Wilfried so treffend formulierte. Simon und ich freuen uns darauf.“
Man unterbrach mich mit höflichem Applaus. Weit hinten bei den Anti-Afghanistan-Demonstranten wurde nun auch eine Regenbogenfahne gezeigt. Das gab mir Mut, um weiterzureden, das Lampenfieber verschwand mehr und mehr.
„Der Präsident sprach mich darauf an, wie schwierig die offen gelebte Civil Union mit Simon McTombreck werden würde. Ich baue auf den gesellschaftlichen Fortschritt und die damit verbundene zunehmende Toleranz gegenüber Minderheiten. Jemand, ich glaube, es war der erste afroamerikanische Präsident der USA, sagte einmal: Die Werte, von denen der Erfolg einer Nation wie den USA oder Großbritannien abhängt, sind harte Arbeit und Ehrlichkeit, Mut und Fairplay, Toleranz
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