Plötzlich Royal
königliche Haushalt war wohl nicht unglücklich darüber, dass wir am nächsten Morgen in unserer Suite blieben. So konnten sich alle ganz auf den König, den Präsidenten, meine Schwester Carmen und die Herzogsfamilie aus Bayern konzentrieren. Simon hatte sich wieder gefangen und die Zweisamkeit am Morgen beruhigte ihn zusätzlich.
Gegen zehn Uhr brachte uns eine Schneiderin tatsächlich Kleider, die sich besser mit meiner Allergie vertrugen. Die Hose war eine schwarze, ösenlose Jeans, der die Gesäßtaschen entfernt worden waren, so dass sie nicht von Weitem als Jeans erkennbar war. Die Frau meinte, die Hose passe einigermaßen, in der kurzen Zeit sei nicht mehr möglich gewesen.
„Es ist perfekt“, lobte ich vor dem Spiegel. „Das bin nun wirklich ich.“
„Sie bleiben uns doch länger erhalten? Als Sohn oder Bruder der künftigen Königin sind Sie auch wichtig, Eure Hoheit“, traute sich die Schneiderin zu fragen.
„Ich denke nicht. Man hat mir zu verstehen gegeben, dass ein schwules Paar hier unerwünscht ist.“
„Sir Geoffrey spricht nicht für alle Mitarbeiter“, trotzte sie und verabschiedete sich.
Doch Sir Geoffrey war eben Sir und sie nur Sally, Sara oder Sandra. Ich wusste ihren Namen nicht mehr, auch wenn sie ihn beim Eintreten genannt hatte. Es dauert bei mir immer viel länger, bis ich mir den Namen einer Frau merkte, als den eines hübschen Jungen.
Gegen Mittag geleitete uns ein Butler zum Ausgang im Innenhof des Palastes. Dieses Jahr würden die Kutschen dort losfahren und dann die Mall entlang bis zum Exerzierplatz der Horse Guards gleich hinter der Downing Street. Cramer würde dann dort zu uns stoßen. Er musste ja an seinem Amtssitz nur zur Hintertür hinausgehen und schon stand er auf dem Platz der Truppenparade zum Geburtstag des Königs. Mein Großvater feierte jedoch zu einer ganz anderen Jahreszeit Geburtstag. Schon zu Zeiten der Queen führte man die Parade aufgrund der besseren Wetteraussichten jeweils im Frühsommer durch und nicht im April zum tatsächlichen Geburtstag der Monarchin.
Als wir hinter dem Butler die mit rotem Spannteppich bedeckte Treppe mit dem goldenen Geländer hinuntergehen wollten, saßen unten auf einem Kanapee bereits die Obamas. Ein Typ vom Secret Service hielt uns an.
„He, wer seid ihr beiden? Halt!“, befahl er in Südstaaten-Sheriff-Englisch und begann mich mit einem Metalldetektor zu scannen.
„Walker, bitte!“, tadelte ihn Obama. Darauf stoppte der Leibwächter und grinste uns breit an. Wir grüßten den Präsidenten und die First Lady und setzten uns auf zwei Stühle in ihrer Nähe. Ganz sicher war ich mir nicht, ob man sich wirklich auf die guten Stücke setzen durfte. Ich spürte eine Anspannung im Bauch und auch Obama schien sich unwohl zu fühlen. Anscheinend war der Zeitplan durcheinander geraten. Es war schon ziemlich merkwürdig, dass der Präsident warten musste. Er wirkte ebenfalls angespannt und hielt mit der First Lady Händchen.
„Ich habe nichts dagegen, wenn Sie beide sich auch die Hand halten“, meinte er. „Wir warten auf das all clear des Secret Service. Ein nicht autorisierter Straßenkehrer sei angehalten worden.“
Ich war dankbar für die Erlaubnis, Simon die Hand zu halten. Das gab gleich wieder etwas Selbstvertrauen.
„Zu Ihrer Bemerkung wegen Dan Choi. Ich werde Don’t Ask Don’t Tell noch vor Ende des Jahres abschaffen.“ Der Präsident blickte mich sehr entschlossen an. Ich konnte nicht mit mehr als „Danke!“ antworten, denn mein Großvater wurde bereits angekündigt und trat im selben Moment mit einigen Paaren der Königsfamilien herein: Prince William in Begleitung von Kate Middleton, Leopold und Carmen. Prince Harry würde auf dem Exerzierplatz mitmarschieren müssen. Mit meiner Schwester und Leopold tauschte ich ein paar Höflichkeitsfloskeln und verkniff mir die indiskrete Frage an das Paar, warum sie noch immer nur verlobt und nicht verheiratet seien.
Der Premierminister, die übrigen Familienmitglieder und weitere Ehrengäste erwarteten die Parade auf einer Tribüne direkt am Exerzierplatz. Leider befanden sich Simons Eltern nicht darunter. Ich hatte Earl Binnester in einem Brief um eine Einladung für die McTombrecks gebeten und nicht einmal eine Antwort erhalten.
Die diesjährige Kutschenparade zu den Horse Guards stehe im Zeichen der jungen Paare des Könighauses und selbstverständlich des Staatsgastes, war im Tagesprogramm zu lesen.
Alle erhoben sich, auch das Präsidentenpaar, als
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