Plötzlich Royal
erhielt der Sergeant eine Meldung und wandte sich dann wieder zu uns.
„Ich muss Ihnen mitteilen, Hoheit, John, dass sich Sir Geoffrey selbst umbringen wollte. Im Handgemenge mit einer Agentin, die zu Johns Team gehört, löste sich ein Schuss, der den Sir schwer verletzte. Wir gehen deshalb von Attentätern innerhalb des Palastes aus, die Sir Geoffrey eingelassen hatte, und bringen nun alle VIPs weg vom königlichen Haushalt.“
„Scheiße!“, entschlüpfte es mir. Der Sergeant quittierte meinen unköniglichen Ausdruck mit einem leichten Grinsen. Wir fuhren auf einer Straße wohl in westliche Richtung. Doch sicher war ich nicht, man verlor in der Büchse schnell die Orientierung.
„Der Premier! Headset links am Haken.“ Der Sergeant deutete auf mich. Ich setzte es auf.
„Hallo, hier Sascha?“
„Hier, David, bleiben wir bei den Vornamen. Ihr Großvater hat mit den Pfeilen ein gefährliches Schlangengift abbekommen. Dank seiner Kevlarweste zum Glück in einer gerade noch beherrschbaren Dosis, so sagte es mir das Krankenhaus eben. Seine Majestät ist jedoch nicht mehr in der Lage, selbstständig zu atmen. Laut dem ihren Großvater behandelnden Arzt ist das aber normal für die Art von Gift. In Algerien ist eben ein Überschall-Kampfjet mit einem speziell für diese Art Gift hergestellten Antiserum aufgestiegen, hier haben sie nur einen sehr beschränkten Vorrat eines allgemeinen Gegengiftes. Das genau passende Serum führt mit größerer Sicherheit zur Genesung Seiner Majestät.“
„Algerien? Gibt es so was nicht auch am Pasteur-Institut in Paris?“
„Keine Ahnung. Sir Geoffrey hat versucht, sich zu erschießen. Eine Agentin hielt ihn im letzten Moment noch davon ab. Trotzdem ist er ernsthaft verletzt. Man geht davon aus, dass Sie und Simon das Ziel seines Attentats waren. Um seine möglichen Komplizen nicht zu einer spontanen Tat zu provozieren, bringen wir Sie nach Heathrow, damit Sie außer Sichtweite sind, bis sich die Gemüter beruhigt haben. Obama ist gerade unterwegs zu seiner Air Force One. Es ist ein gigantisches Desaster. Ich bin erst einen Monat im Amt und schon mussten Sie unbedingt als Homo-Aktivist im Palast rumrennen. Und was dieses verdammte Schlossgespenst Geoffrey angeht: Ich gehe selbst ins Krankenhaus und trete ihm höchstpersönlich in seinen viktorianischen Arsch!“
Cramer hatte komplett die Nerven verloren und seine Stimme überschlug sich.
„Bitte. David! Wir stehen alle unter Schock!“, versuchte ich ihn zu beruhigen. „Für Simon wäre es wohl das Beste, in die gewohnte Umgebung zurückzukehren.“
„Sicher, er kann gerne in die Schweiz zurückfliegen“, antwortete Cramer wieder ruhiger.
„Eigentlich meinte ich, wir beide würden uns am liebsten zu Hause erholen.“
„Nein!“, wies er meine Bitte entschlossen zurück. Der Radpanzer hielt an.
„Ist das Ihr letztes Wort?“, fragte ich verzweifelt.
„Wenn die Ärzte morgen früh mir bestätigen, dass der König außer Lebensgefahr ist, dürfen Sie beide vorübergehend nach Zürich fliegen. Bis dahin bleiben Sie in den Wellington Barracks bei den Gardisten und erzählen dort bitte Scotland Yard jedes Detail über Geoffrey. Kopf hoch, Sascha, wir Briten lassen uns nicht unterkriegen.“
„Sicher, danke, David“, beendete ich das Gespräch und gab das Headset dem Sergeant zurück. Der Motor wurde abgestellt. Einen beklemmenden Moment lang blieb es totenstill in dieser Blechbüchse auf Rädern. Dann klopfte jemand an die Heckklappe und rief: „ All clear!“
Wir befänden uns in einem Innenhof an der Rückseite der Kaserne, erklärte John. Jede Menge mit Maschinengewehren bewaffnete Gardisten schützten den Hof. Wir folgten John eilig in das Gebäude hinein, wo Simon und ich in ein Offiziersquartier geführt wurden. Mein Mann rief dann seine Eltern an; meine konnte ich leider nicht erreichen. Später erwartete uns ein Team von Scotland Yard, das unterwürfig betonte, das sei keinesfalls ein Verhör. Sie würden sich lediglich ein paar Hinweise benötigen.
Wir erzählten ihnen alles, was wir wussten. Doch als sie wenig später mich und Simon getrennt befragen wollten, brachte mich das ungemein auf die Palme. Denn so würde man nur mit Verdächtigen verfahren. Die Psychologin im Team meinte, es sei besser, wenn ich in gewohnter Umgebung etwas Distanz zu den Ereignissen gewänne, und die Ermittler verzichteten auf getrennte Befragungen.
Am Abendessen in der Offiziersmesse waren alle niedergeschlagen, denn das
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