Plötzlich Royal
auseinanderzusetzen.
Die seriösen Zeitungen des Commonwealth wie die Times setzten den Nachruf ins Zentrum und berichteten erst auf Seite zwei ausführlich über die Krönung light.
„Chunt scho gut. Tänk a d’Community“, flüsterte mir Simon zu. Schweizerdeutsch empfanden wir als Geschenk des Himmels. Es war hier eine Art Geheimsprache zwischen uns, die es uns erlaubte, auch mal lümmelhaft zu reden. Die Sprache war unser Schutzschild gegen die Gentlemen, die selbst mit fundierten Deutschkenntnissen keine Chance hatten, unserer Züri-Schnurre zu folgen. Wenn man vom Teufel spricht …
„Verzeihung, Majestät, Colonel McLey, Comptroller und Vorsteher des Lord Chamberlain’s Office, und The Right Honourable Clarke Grant, Private Secretary to the Sovereign, erwarten Sie im Salon Ihrer Green Park Suite. Wenn Sie erlauben, gehe ich voran“, meldete die Dame mit einem derart freundlichen Lächeln, dass man ihr niemals hätte etwas abschlagen können.
Der Colonel mit seinem übertriebenen Schnurrbart sprach ein paar Worte mit Simon in ihrer schottischen Sprache. Es sei um eine bestimmte Whiskysorte gegangen, verriet mir Simon anschließend. Grant hob seine Hornbrille kurz an, und wir kümmerten uns zunächst um den roten Koffer mit den Gratulations- und Kondolenzschreiben. Er hatte schon Entwürfe einer Antwort bereit, die ich überflog und unterschrieb. Er hatte jeweils für jedes Land ein oder zwei individuelle Sätze hinzugefügt, so dass es nicht ganz so sehr nach Postwurfsendung aussah. Alle Exemplare wurden in den roten Koffer gelegt, der dann zurück in die Downing Street getragen werde.
Es klopfte, der Tee wurde serviert. Dadurch entstand eine kurze Unterbrechung. Ich nippte an der Teetasse, damit dadurch die Tafel eröffnet war und die Gentlemen den Tee nicht nur ansehen mussten. Dann schnitt ich ein persönlicheres Thema an.
„Ich sitze hier im Hotel, weil eine Vertrauensperson, wohl Sir Geoffrey, es nicht ertragen konnte, dass es Simon und mich gibt. Ich bin nicht die Queen und werde auch nicht versuchen, ihr in ihrer Perfektion nachzueifern. Mir ist sehr bewusst, dass der Palast wichtige Repräsentationsaufgaben hat. Er ist aber auch eine Wohnung. Es wird dort King Alexander IV, leben, aber eben auch Sascha Burger.“
„Sicher, selbst die Queen hatte einen Feierabend“, gab Grant zu. „Wir könnten es akzeptieren, wenn Sie vor neun Uhr und nach siebzehn Uhr etwa solche Kleidung wie jetzt tragen. Vorausgesetzt, es steht kein offizielles Abendprogramm an.“
„Wir reden hier um den heißen Brei“, meinte Simon aufgebracht. „Nicht die Jeans in der Freizeit sind das Problem, ich bin das Problem!“
„Sie sind der Prince Consort, es gibt kein Problem zwischen uns“, versicherte Grant, und der Colonel stimmte mit einem Nicken zu.
„Ich werde jährlich Grußworte an den CSD und an den Europride schicken und einmal jährlich gezielt LGBT-Leute zu einer sittlichen Gartenparty einladen. Da wird es natürlich keine knappen Badehosen oder dergleichen geben. Selbstverständlich werde ich aber auch viele Termine wahrnehmen, die nichts mit LGBT zu tun haben. Aber Homophobie hat nun einmal in meinem Haushalt keinen Platz. Ich hoffe doch sehr, nicht eines Tages erfahren zu müssen, jemand aus dem königlichen Haushalt habe aus Wut über das in Sünde lebende Paar den Palast in Brand gesteckt.“
Ich war mir durchaus bewusst, dass diese Misstrauensbekundung durch den Souverän unter normalen Umständen eine so unverzeihliche Beleidigung gewesen wäre, dass die beiden Herren auf der Stelle den Hut hätten nehmen müssen. Doch die Situation war eben nicht normal. Die beiden Gentlemen blickten einander an und als etwas Älterer ergriff der Colonel das Wort.
„Ich sehe, wie tief die Wunde geht. Es ist auch für uns bitter, wenn Scotland Yard den Palast besetzt hält und wie Staatsgäste verschreckt und überstürzt abreisen, anstatt beim Staatsbankett zu feiern. Ja, es gibt Personen, die der Ansicht sind, wenn Sie eine Lady anstelle eines Gentlemans an der Hand führen würden, wäre alles anders gekommen. Es zu leugnen wäre respektlos.“
„Wir werden das im Auge behalten müssen. Zum Glück habe ich so kompetente und fortschrittliche Leute wie Sie beide in meinem Stab“, sagte ich versöhnlich.
„Das Personal des königlichen Haushalts ist zwar konservativer als der Bevölkerungsdurchschnitt, aber – wie ich hoffe – auch intelligenter“, meinte der Colonel. Das Problem ließ sich aber
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