Plötzlich Royal
nicht mit einem Befehl aus der Welt schaffen, also wandte ich mich an Grant, was er zu berichten habe.
Mein Privatsekretär öffnete seine Aktenmappe, die unangenehm an Sir Geoffrey erinnerte. Zuerst ging es nochmals um den Kompromiss bei der Beerdigung. Der Colonel berichtete, für den Erzbischof sei es in Ordnung, wenn Simon quasi als Mitarbeiter des Premierministers in der Kirche anwesend sei. Am Nachmittag würde ein BBC-Team ins Ritz kommen und ich würde eine Ansprache verlesen, die mir das Team des Premiers aufgesetzt habe. Zu weniger ernsten Anlässen könne ich schon frei sprechen, doch im Moment sei die Stimmung im Land schwierig, versuchte der Colonel mir beizubringen, und Grant reichte mir eine Kopie des Textes.
Der Colonel nahm einen klassischen Organizer aus seiner Westentasche und einen goldenen Stift.
„Lassen Sie mich raten! Den goldenen Kugelschreiber schenkte Ihnen Ihre Majestät zu Weihnachten?“, fragte Simon.
„Zum sechzigsten Geburtstag.“
Es folgte ein etwas pedantisch-langweiliger Vortrag des Colonels über eine kleine Parade am kommenden Donnerstag. Ich sollte in einer kleineren offenen Kutsche durch den Green Park fahren und im Anschluss in den Buckingham-Palast einziehen, mit einem handverlesenen Querschnitt der Bevölkerung und Volksgruppen aus Großbritannien plus dem Commonwealth am Wegrand.
„Laden Sie kleine Gruppen von Prominenten hierher ins Ritz ein, zum Fünfuhrtee und zum Dinner“, meinte Grant nach der Planung der kleinen Parade. „Nennen Sie mir ein paar Namen. Wir werden dann sehen, was möglich ist.“
„Bill Kaulitz selbstverständlich. Mr Bean, den typischen Engländer. Den möchte ich mal kennenlernen!“, lachte Simon.
„Sir Wilfried vielleicht?“ Mein Hirn schien wie blockiert. Wir waren wohl gerade noch jung genug, um Harry-Potter-Fans zu sein. „Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, Joanne Rowling“, kamen mir als Erste in den Sinn. „Keine festliche Abendgarderobe, bitte.“
Der Colonel strich sich durch seinen schottischen Schnurrbart und notierte sich die Namen, ohne mit der Wimper zu zucken. „Es ist selbstverständlich möglich, dass die Damen und Herren Schauspieler kurzfristig nicht zur Verfügung stehen.“
„Sir Ian McKellen, Peter Jackson oder andere, die bei Herr der Ringe dabei waren“, schlug Simon vor.
„Eine kleine Delegation der wichtigsten britischen LGBT-Organisationen. Diese Anerkennung an diejenigen, die mich als offen schwulen König überhaupt erst gesellschaftlich möglich gemacht haben, ist mir sehr wichtig“, meinte ich ernst.
„Sir Ian McKellen hat auch viel für Schwule getan“, ergänzte Simon.
Ich erwartete Protest, doch der Colonel notierte sich nach wie vor alles ohne Kommentar.
„Die Gepflogenheit ist, dass Sie zu etwa fünf Prozent der Termine des Fünfuhrtees nach Ihren eigenen Wünschen einladen können. Für die anderen gilt der Grundsatz des Fairplay, so dass alle Prominentengruppen berücksichtigt werden. Ihre Eltern, die Burgers, sollten sich eigentlich zeigen, doch die sind ja bis neunten Oktober unabkömmlich“, meinte der Colonel. „Wenigstens kommen sie zum Begräbnis.“
„Burger nannte keine Jahreszahl. Wir können hoffen, dass es nicht schon der neunte Oktober nächsten Jahres ist“, scherzte Grant, was der Colonel mit einem bitter-ironischen Lachen beantwortete. „Dann müssen wir auch das Protokoll nicht so genau nehmen und ziehen Ihre Eltern dann vor, Prince Simon.“
Nach der Besprechung war Auspowern im Fitnessraum angesagt. Den Lunch wollte ich zu einem Sandwich zusammenstreichen. Ich musste jetzt besonders auf die Kalorien achten, egal wie viele Sterne die Küche des Ritz hatte. Doch die indische Dame machte mir klar, dass es für die Küche eine besondere Ehre sei, für den König zu kochen. Wir einigten uns schließlich auf zurückhaltende, kleine Portionen.
Der Nachmittag bestand aus Arbeit mit Mr Grant, der uns beiden nun streng und präzise die Verfahrensweise königlicher Korrespondenz und Dienstwege beibrachte und eine „Weiße Liste“ verlangte – also Namen und Adressen von Studien- und Militärkollegen sowie von Organisationen, die Meiner Majestät und meinem Gatten am Herzen lägen. Bei dieser Gelegenheit fragte ich die Gentlemen, ob Timm sicher nach London zurückgekommen sei, doch sie hatten leider keine Informationen darüber. Zum Schluss betonten Grant und seine Mitarbeiterin, dass der Titel Prince Consort gegen den Willen des Erzbischofs vergeben
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