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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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zugegebenerweise ein Narr...»
    «Hey!», rief ich aus.
    «Aber er ist unser Narr, und auch wenn seine Stücke von minderer Qualität sind...» «Hey, hey!»
    «...und vor Pathos nur so triefen...» «Dreimal hey!»
    «... diese Stücke bringen uns die Zuschauer ins Haus, sie sind die Grundlage unserer erbärmlichen Existenz.»
    «Weißt du, was mir das bedeutet?», fragte Drake den übergewichtigen Schauspieler.
    «Nichts?», mutmaßte Kempe.
    «Exakt!»
    Kempe kam mit hängendem Kopf zu mir und raunte mir traurig zu:«Verzeih, mein teurer Freund, ich habe es versucht.» «Auf diesen Versuch hätte ich gerne verzichten mögen», erwiderte ich. Gleich darauf ärgerte ich mich über mich selbst, dass ich so rüde war: Kempe war der beste Freund, den ich je hatte. Er hatte mir schon oft das Leben gerettet. Das erste Mal, als mein Herz vor Kummer so krank war, dass ich am kleinen Flüsschen Avon beschloss, es mit einem Dolche zu durchbohren. Wäre Kempe nicht just in diesem Augenblick mit seiner Theatertruppe auf dem Weg gen Stratford gereist und hätte er mir nicht, trotz seines dicken Wanstes flink wie ein Wiesel, den Dolch entrissen, ich hätte meinem Leben vor lauter Schmerz ein Ende bereitet.
    «Wer wird dein Sekundant?», begehrte Drake erneut zu wissen.
    «Dieser Mann hier», zeigte ich auf den jungen Mann in Frauenkleidern, der darüber genauso verwundert war wie Kempe, Drake und dessen Mannen. Doch wenn ich überhaupt eine Möglichkeit hatte zu überleben, bestand sie darin, Drake so zornig zu machen, dass er bei dem Duell einen Fehler beging. Einen möglichst tödlichen Fehler.
    Der Admiral der Königin sah auf den geschminkten Robert und rief aus: «Du willst mich wohl verhöhnen!»
    «Robert ist ein guter Sekundant und ein noch besserer Liebhaber, nach all dem, was man so auf den Straßen von Southwark hört. Vielleicht sollten Sie es mal mit ihm versuchen, schlechter als Ihre Frau kann er gar nicht sein.»
    Drakes Männer lachten. Und er selbst hatte nun Mordlust in den Augen.
    Gut so!
     

11
    Ich folgte dem glücklichen dicken Mann, der einst Buffalo Bill war, mit ein bisschen Abstand und sah, wie er an die Tür eines Zirkuswagens klopfte. Prospero öffnete - jetzt trug er Jeans und Holzfällerhemd - und überreichte dem dicken Mann einen kleinen Umschlag. Der zählte ohne Umschweife das darin liegende Geld.
    Vor lauter Schreck ließ ich meine Zuckerwatte fallen und sagte dabei leise zu mir: «Das darf doch nicht wahr sein.»
    Prospero, der anscheinend über ein ziemlich gutes Gehör verfügte, bemerkte mich. Er sah, dass ich ihn sah. Ich sah, dass er sah, dass ich ihn sah. Der dicke Mann sah, dass Prospero sah, dass ich ihn sah - und sah zu, dass er Land gewann.
    Der Magier funkelte mich mit seinen durchdringenden Augen an, aber er machte mir keine Angst. Ich war viel zu neugierig zu erfahren, wie genau dieser Betrug vonstatten-gegangen war, ging zu ihm und fragte geradeheraus: «Wie können Sie den Betrug durchziehen? Sie können doch nicht jede Vorstellung den gleichen Mann in die Manege holen, das fällt doch auf...»
    «Es gibt viele arbeitslose Artisten», erwiderte Prospero. Überraschenderweise versuchte er gar nicht, sich rauszureden, sondern wirkte ganz selbstsicher. «Gestern hatte ich eine Schlangentänzerin, bei der haben wir dann in der Vorstellung behauptet, dass sie einst am Hofe des Kalifen Abu Bakr getanzt hatte.»
    «Sie hat dann wohl ihre sexuellen Blockaden bei der Rückführung weggetanzt?», mutmaßte ich mit spottendem Unterton.
    «Ganz genau», bestätigte er und ging zurück in seinen Wohnwagen. Ich tippelte einen Moment lang unentschlossen auf der Stelle, dann folgte ich ihm. Prosperos Wohnwagen war ganz normal eingerichtet: Bett, Dusche, ein paar Bücher. Kein Sarg mit Heimaterde aus Transsylvanien. Nichts Geheimnisvolles. Nur sein goldenes Pendel lag achtlos auf einem klapprigen Holztisch herum. An den Wänden hingen ein paar Fotos von ihm, wie er mit einem Mönchsgewand bekleidet in einem Tempel saß. Dass er in Tibet gelebt hatte, war wohl zumindest kein Schwindel gewesen.
    «Das war also alles nur Blödsinn», stellte ich beleidigt fest. Ein kleiner Teil von mir hatte tatsächlich gehofft, dass dieser Mann kein Scharlatan war.
    «Rückführungen sind kein Blödsinn», hielt er dagegen. «Die Shinyen-Mönche haben tatsächlich einen Weg gefunden, das Bewusstsein in die Vergangenheit zu schicken.»
    Ich grinste breit.
    «Sie glauben mir nicht», stellte er fest. «Gut

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