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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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tanzen, Lebensretterin?», fragte mich Jan, als der Song zu Ende war.
    «Och, ich stehe nicht so auf », flunkerte ich. Ich wollte mir nicht die Blöße geben, ihm zu sagen, dass ich mich nicht nur nicht so gut kleiden konnte wie seine Freunde, sondern auch beim Standardtanz eine Null war.
    «Worauf stehst du denn dann?», fragte Jan. Ich sah in seine wunderschönen grünen Augen und hätte am liebsten geantwortet.
    Stattdessen sah ich, wie Olivia schon leicht irritiert zu uns rüberblickte, und ich hatte nur einen Wunsch: hier abzuhauen. Am besten mit Jan.
    «Ich hätte Lust auf einen kleinen Spaziergang», antwortete ich. Zu meiner Überraschung überlegte Jan nicht lange und sagte: «Großartig. Let's go.» Und bei ihm klang «Let's go» nicht albern, wie bei den meisten Männern, sondern elegant und weltmännisch. Es war kaum zu glauben: Er verließ tatsächlich für mich seine eigene Party! Wir gingen am Meer entlang, und der Mond schien, als ob er sich mal so richtig Mühe geben wollte zu zeigen, wie kitschig er sein konnte. Die Sterne funkelten zu Hunderten dazu. Ein Anblick, den man als Stadtkind eigentlich nie genoss.
    Jan und ich unterhielten uns glänzend und sprachen dabei sogar über peinliche Erlebnisse: Er erzählte mir, wie er an seinem englischen Internat mal in einen Busch pinkeln musste und der Internatsleiter vorbei kam, der so viel Spaß verstand wie Severus Snape. Ich wiederum berichtete, wie ich während meines Referendariats bei einem Wandertag mit Grundschülern in einen Busch pinkeln musste und einer der kleinen Jungs ausrief: «Mit meinem neuen Handy kann man sogar fotografieren.»
    Jan bereitete es richtig Freude, mit mir zu reden. Er hatte, wie er anmerkte, noch nie mit jemandem über solche Dinge geredet. Geschweige denn mit jemandem über so peinliche Erlebnisse lachen können. Je mehr wir lachten, desto weniger spielte unsere unterschiedliche Herkunft eine Rolle. Als wir uns an den Strand in den Sand setzten, sahen wir einen kleinen Delphin vorbeischwimmen, ein romantisches Bild, das es ohne die Klimakatastrophe vor Sylt wohl nie gegeben hätte. Wir betrachteten das fröhlich in den Wellen auf und ab hüpfende Tier und sahen uns gegenseitig gerührt an. Er umarmte mich sanft. Dann küsste er mich. Von diesem Augenblick an gab es für mich kein Zurück mehr: Ich war rettungslos verliebt. Und er war es auch.
     
    Jetzt lag ein Mann, der fast genauso aussah wie Jan damals, direkt vor mir im Bett der Queen. Mit zitternder Hand näherte ich mich seiner Wange, um mich zu vergewissern, dass das alles kein Trugbild war, ich berührte ihn... und zuckte gleich wieder erschrocken zurück. Der Mann vor mir war echt, aus Fleisch und Blut. Ich näherte mich ihm erneut, streichelte ihm sanft die Wange, und mich durchströmte das gleiche wohlige Kribbeln wie damals.
     
    Ich hatte noch nie einem Mann die Wange gestreichelt!!!!
    «Lieben Sie Männer?», fragte die Queen erstaunt.
    Oh, mein Gott, wollte der Geist auch noch meinen Ruf ruinieren?
     
    «Nein ... nein ... ich liebe keine Männer», beteuerte ich und nahm meine Hand von der Wange des Earls.
     
    Wenigstens war es kein männerliebender Geist. Eine Kleinigkeit, für die man dankbar sein durfte.
     
    «Es ist sehr weise, die Männer nicht zu lieben», erwiderte die Königin melancholisch.
    Da hatte sie wohl schlechte Erfahrungen gemacht.
    Schließlich hatte sie noch eine Warnung für mich: «Lieber Shakespeare, da gibt es noch etwas, was Ihnen das Leben schwer machen könnte.»
    «Und was ist das ?»
    «Es gibt Spione der spanischen Krone am Hofe, die ein großes Interesse daran haben, Essex zu töten. Sein Leben ist in steter Gefahr und damit jetzt auch das Ihre.»
    Hätte ich doch bloß nicht nachgefragt.
    «Retten Sie England!», forderte die Queen mich auf und verließ das Schlafgemach. Ich war viel zu aufgewühlt, um mich von ihr zu verabschieden. Ich konnte meinen Blick einfach nicht von Jan,... ich meine dem Earl, wenden. Grunzend wachte er auf, öffnete die Augen und hatte sichtlich Schwierigkeiten, seinen Blick zu fokussieren. Es dauerte eine Weile, bis er anfing zu sprechen: «Wo ... wo bin ich?»
    Mein Gott, er hatte auch noch die gleiche Stimme wie Jan.
    «Sie sind im Schlafgemach der Queen», antwortete ich und versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Nicht, dass er Ähnlichkeit mit meinem Ex hatte, und auch nicht, dass ich eigentlich weder in dieses Schlafgemach, noch in diese Zeit, geschweige denn

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