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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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ich das Gefühl hatte, dass sie meinte, was sie sagte.
    «Danke», erwiderte ich bemüht höflich. «Würden Sie mich bitte in meine privaten Gemächer begleiten?», fragte sie ohne Umschweife.
    Oh, mein Gott! Wollte die Queen etwa mit mir ins Bett?
     

17
    Das Erste, was ich wieder hörte, war die Stimme der Queen, die sagte:« Tun Sie es für England.»
    Das Nächste, was ich sah, war die Queen selber. Wieso stand ich vor ihr? Wie war ich hierher gelangt? Eben wollte mich doch noch Drake mit seinem Schwert enthaupten? War es ihm nicht gelungen? War ich etwa gar nicht tot?
    «Keine Furcht, lieber Shakespeare, ich will Sie nicht verführen», schmunzelte die Queen.
    Durch meinen Kopf schoss die - nicht ganz uneitle - Frage: Warum denn nicht? War ich für sie etwa nicht begehrenswert genug?
    Ich wollte diese Frage auch stellen, doch meine Lippen gehorchten nicht, stattdessen hörte ich aus meinem Mund: «Da bin ich aber erleichtert.»
    Aber dies wollte ich doch gar nicht sagen?
    Es war ja auch überhaupt nicht klug, so etwas zu sagen!
     
    «Sie sind darüber erleichtert, dass ich Sie nicht verführen will?», fragte mich die Queen kühl. «Bin ich für Sie denn nicht begehrenswert, junger Mann?»
    «Nun, ähem... wir beide ... das passt nun mal nicht...», versuchte ich mich rauszuwinden.
    «Soso. Das passt nicht? Warum denn das?», begehrte sie zu wissen.
    Was sollte ich denn darauf antworten? Dass ich eigentlich eine Frau in einem Männerkörper bin? Und nicht in diese Zeit gehörte? Dann würde sie mich in das hiesige Irrenhaus einweisen lassen, und man konnte sich ausmalen, dass diese Einrichtungen in jener Zeit nicht gerade heimelig waren. So plapperte ich drauflos: «Ich bin doch viel zu jung für Sie.»
     
    Zu jung für die Queen ? - Mein Gott, was redete mein Mund denn da? Man durfte doch vor der Queen nicht deren Alter erwähnen!
    Ich wollte aufhören, diesen Wahnsinn zu plappern. Aber ich konnte ihn nicht stoppen, mein Mund schien nicht mit meinem Bewusstsein verbunden zu sein. Auch meinem Körper konnte ich keinerlei Befehle geben: Ich wollte weglaufen, aber er gehorchte mir nicht, ich spürte ihn noch nicht einmal. Es war, als ob ein Geist von mir Besitz ergriffen hätte. Ja, dies musste es sein, ich war von einem Geist besessen!
     
    Die Queen sah mich finster an.
    «Ähem... ich meine, das liegt natürlich an mir ... nicht an Ihnen...», stotterte ich eingeschüchtert.
    «Nicht an mir?», hakte sie nach.
    «Nein, natürlich nicht... so alt sehen Sie ja auch gar nicht aus.»
    «Nicht soo alt?»
     
    Um Himmels willen, wollte mich der Geist auf das Schafott führen?
     
    Die Queen sah mich kühl an. Schweiß trat mir auf die Stirn, nervös plapperte ich weiter: «Sie sind überhaupt nicht alt, höchstens fünfundfünfzig ... oder so ...»
    «Ich bin einundfünfzig», erwiderte die Queen frostig.
     
    Jetzt war es Gewissheit, dieser Geist wollte mich umbringen.
     
    «Ähem... ja, natürlich ... ich wusste gleich, Sie sehen keinen Tag älter als einundfünfzig aus ...»
    «Ich sehe also nicht jünger aus, als ich bin?», grillte die Queen mich weiter. Der Schweiß tropfte mir inzwischen von der Stirn.
    «Vielleicht sollte ich lieber schweigen...?», bot ich an.
    «Eine weise Entscheidung», befand die Queen.
     
    «Eine sehr weise Entscheidung, Geist», stimmte ich zu, aber das hörte niemand, ich konnte ja nicht mehr laut reden, nur denken.
    «Folgen Sie mir jetzt», befahl die Queen. Ich sah hilflos zu, wie mein besessener Körper der Queen durch eine Tür hinter dem Thron in einen Gang folgte, der in den privaten Trakt des Palastes führte.
    Mein Gott, was konnte der Geist dort alles anstellen, um mich ins Verderben zuführen?
     

18
    «Wir beide werden nie, nie, nie wieder über das Alter reden», befahl die Queen, als wir durch einen holzvertäfelten, völlig unglamourösen Gang gingen. Im nicht repräsentativen Teil des Palastes ging es schmucklos zu. An den Wänden hingen Fackeln, einige von ihnen brannten, denn es gab nicht genug Fenster, durch die Tageslicht hereinströmen konnte. Da entdeckte ich einen Spiegel und hielt davor an, extrem neugierig, wie ich als Shakespeare aussehe. Ich sah einen dunkelhaarigen Mann Ende zwanzig mit einem recht attraktiven Gesicht - er hatte sicherlich einen Schlag beim anderen Geschlecht. Er hatte auch sehr traurige Augen, die bei Frauen in der Regel den Beschützerinstinkt auslösten. Ich selber besaß ja auch traurige Augen, das hatte jedenfalls Jan früher

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