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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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versuchte einen klaren Gedanken zu fassen: Ich hoffte inständig, dass dieser Doppelgänger von Jan nichts mit meiner Aufgabe zu tun hatte, herauszufinden, was die wahre Liebe ist.
    Aber natürlich war mir klar, dass dies der Fall war.
    Irgendwie.
    Und dann stellte ich fest, dass ich noch ein ganz anderes Problem hatte: Ich musste Pipi!
     

20
    Diese Ich-bin-in-einem-anderen-Körper-Problematik bekam dadurch plötzlich eine völlig neue Dimension. Hastig schmiedete ich einen Plan, wie ich mit dieser doch etwas delikaten Situation umgehen konnte: Ich würde mich einfach, solange es irgendwie ging, zurückhalten. Vielleicht konnte ich in den nächsten fünfzehn Minuten herausfinden, was die wahre Liebe ist, und wieder in der Gegenwart aufwachen. Dann hätte sich das Pipi-Problem ganz von allein gelöst. Doch ich hatte einen ziemlichen Druck auf der Blase, der sich bei Männern interessanterweise genauso anfühlte wie bei Frauen.
    Ich trippelte unruhig auf und ab. Als ich dabei aus einem Fenster in den Hof blickte und dort einen fröhlich vor sich hin plätschernden Springbrunnen sah, wurde mir klar: Ich würde keine fünfzehn Minuten mehr aushalten. Wollte ich mir nicht in die Hose machen, musste ich also eine Toilette finden. Wie ich dann dort als Mann Pipi machen sollte, würde ich mir überlegen, wenn es so weit war.
    Daher fragte ich eine ältere, mit einem breiten Rüschenkleid und übertriebener Schminke aufgetakelte Hofdame, die mir entgegenkam: «Entschuldigen Sie bitte, wo ist denn hier das WC?»
    «WC?», fragte sie irritiert.
    «Toilette», erklärte ich.
    «Toilette?», fragte sie.
    «KLOOOHOO!»
    «Jedes Gemach hat eins», erwiderte die Frau pikiert und ging weiter. Ich hatte auf allgemein zugängliche Toiletten gehofft. Aber egal, ich hatte keine andere Wahl. Ich öffnete die nächste Zimmertür, und es war dankenswerterweise leer. Eigentlich stand darin nur ein edler Schreibtisch mit einem noch edleren Stuhl davor, anscheinend handelte es sich um eine Art Arbeitszimmer. Auf den ersten Blick war kein Klo zu sehen. Aber da war eine mit Leder verkleidete Holztür. Hinter der, so vermutete ich, könnte sich die Toilette befinden.
    Ich ging hin, öffnete schwungvoll die Tür, und tatsächlich: Da war ein mittelalterliches Klo - eine große Edelholzkiste mit einem mit Kissen umpolsterten Loch, auf das man sich setzen konnte. Ich hätte hier also durchaus pinkeln können.
    Schade eigentlich, dass die Queen bereits dort saß.
    Sie war mitten bei einem königlichen Geschäft.
    Sie sah mich.
    Und sie war not amused.
     
    Wahrlich, auf diesen Anblick hätte ich gerne verzichtet.
     
    Die Queen sah mich extrem frostig an, die Raumtemperatur sank dadurch spürbar um mehrere Grad.
    «Ähem...dann ist hier wohl schon besetzt?», versuchte ich ein bisschen das Eis zu brechen.
    Die Augen der Queen verengten sich zu einem Schlitz, und ich begann zu zittern.
    «Es ist nicht so, wie Sie denken...», versuchte ich zu beschwichtigen.
    «Ich sitze also nicht vor Ihnen auf dem Donnerbalken?», fragte die Queen frostig.
    «Okay, es ist doch so, wie Sie denken», musste ich eingestehen.
    «Seien Sie heilfroh, dass ich Sie noch benötige, um England zu retten», erklärte sie mit einer Henkersbeilstimme. «Und jetzt verschwinden Sie, so schnell Sie können.»
    «Schon unterwegs!», antwortete ich, knallte die Tür wieder zu und rannte so schnell wie möglich aus dem Gemach zurück auf den Gang.
     
    Ich wusste genau: Der Anblick der Königin auf dem Donnerbalken würde mich gewiss bis an mein Lebensende verfolgen.
     
    Als ich stehen blieb, realisierte ich: Vor lauter Schreck musste ich noch viel dringender! Mein Blick fiel durch ein Fenster in den Palastgarten, und mir fiel ein, dass wir Frauen doch immer recht neidisch waren auf die Männer, die einfach so in einen Busch pinkeln konnten. Daher beschloss ich, in den Garten zu gehen, um genau dies zu tun. Draußen angekommen, sah ich als Erstes wieder den Springbrunnen, der mein Problem durch sein Plätschern nur noch dringender machte. Ich rannte in das nächste Gebüsch und überlegte, wie ich nun mit der Situation umgehen sollte: Ich beschloss, die Strumpfhose runterzuziehen, nichts da unten anzufassen und auch nicht hinzusehen. Damit alles freihändig vonstattenging, ohne dass ich mich dabei selbst mit dem Strahl treffen würde, beugte ich mich etwas vornüber.
     
    Der Geist war recht umständlich beim Wasserlassen.
     
    Ich erleichterte mich und hörte plötzlich ein Bellen

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