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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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«Bis dann.»
    Als er weg war, fragte ich: «Und was machen wir nun, Shakespeare?»
    Ich bekam keine Antwort.
    «Shakespeare, haben Sie mich gehört?»
    Er meldete sich nicht. Entweder war er noch beleidigt, oder er hatte den Körper verlassen. Das wäre wenigstens Glück im Unglück gewesen. In Ermangelung weiterer Alternativen ging ich auf das Theater zu. In das Gebäude strömten gerade Hunderte von Menschen zur Vorstellung. Die meisten von ihnen trugen zerlumpte Kleider. In dieser Zeit war Theater anscheinend nichts für Bildungsbürger, sondern eher vergleichbar mit dem Kino unserer Zeit, allerdings dankenswerterweise ohne Popcorn und Nachos mit Soßen, die mit unseren Magenwänden das Gleiche machten wie die Säure des mit den Böden des Raumschiffs Nostromo.
    Ich war neugierig und beschloss, den Menschen zu folgen, zumal - wie ich einem Plakat entnehmen konnte - die größte Komödie gespielt wurde, die die Menschheit je gesehen hatte: . Was die Werbetexte betraf, waren Theater von damals und Kino von heute ebenso vergleichbar.
    Man konnte nur staunen, wie wenig sich die Werbeindustrie im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt hatte.
    Am Eingang des stand der junge Mann in Frauenkleidern, den ich beim Duell mit dem irren Drake das erste Mal gesehen hatte. Er war überglücklich, mich zu sehen, und kreischte aufgeregt: «Will, wir hatten schon Angst, dass Walsingham dich in den Tower hat werfen lassen.»
    Er umarmte mich und gab mir dabei Hunderte Wangenküsse, benahm sich also wie Bruce Darnell auf Ecstasy.
    «Das mit dem Tower kann durchaus noch kommen», erwiderte ich leicht fatalistisch und schob den jungen Mann behutsam weg.
    «Hey, Barde!», dröhnte eine Stimme hinter mir. Es war der dicke Mann in der bunten Papageienweste. Er knallte mir mit seiner Pranke so auf die Schulter, dass es ein Wunder war, dass ich nicht in tausend Stücke zersplitterte.
    «Nach der Vorstellung», dröhnte er, «gehen wir einen saufen!»
    Sich zu betrinken war angesichts der Umstände eine reizvolle Idee, und ich wollte den sympathischen Kerl auch nicht vor den Kopf stoßen. Das Letzte, was ich nun gebrauchen konnte, war, dass jemand Verdacht schöpfte, ich sei nicht Shakespeare. Also antwortete ich: «Klingt gut.»
    «Und dabei essen wir gebratene Hühnchenschenkel!», freute sich der Dicke.
    Mein Magen knurrte tatsächlich, und da ich davon ausging, dass gebratene Hühnchenschenkel im sechzehnten Jahrhundert nicht großartig anders schmeckten als bei uns, antwortete ich erneut: «Klingt noch besser.»
    «Und dann vögeln wir die Huren!», strahlte der Dicke voller Vorfreude.
    «WAS?»
     
    «Wir vögeln die Huren. Bis sie vor lauter Dankbarkeit uns bezahlen.»
    «Nein danke!», antwortete ich hastig. «Warum nicht?», fragte der Dicke erstaunt.
    «Weil es nicht geht», erwiderte ich. «Und wieso nicht?»
    Mir fiel auf die Schnelle nur meine Standardantwort ein: «Ich hab meine Regel.»
    «Du hast... WAS ?» Der dicke Mann war schwer irritiert.
    «Ähem ...», korrigierte ich mich hastig, «ich meine, meine Regel, nie mit Huren zu schlafen.»
    «Die Regel hattest du gestern noch nicht.»
    Shakespeare ging ins Bordell? Meine Seele wurde mir von Sekunde zu Sekunde unsympathischer.
    «Ich habe dir schon eine Hure ausgesucht», redete der Dicke weiter. «Sie heißt Kunga und kommt aus den fernen Ländern Afrikas. Sie kann wundervolle Dinge am Trapez ...»
    «Am Trapez?», fragte ich konsterniert.
    «Nun, sie hängt sich kopfüber daran, und wenn der Mann vor ihr seine Hose öffnet...»
    «Ich habe nicht gefragt!», unterbrach ich ihn hastig.
    «Du willst wirklich nicht mitkommen?» Der Dicke war schwer enttäuscht.
    «Nein, nein ... ich brauche ganz dringend Schlaf.»
    «Shakespeare, du gefällst mir gerade überhaupt nicht», fand der Dicke, und dabei sah er mich so besorgt an, wie Holgi es auch immer tat. Exakt genauso!
    Dann sang er ein albernes Lied, so wie Holgi: «Kunga, Kunga, bei der bekommst du Liebeshunga!»
    Seine Reime waren genauso mies wie die von Holgi. Überhaupt war der Dicke meinem besten Freund in seiner direkten Art sehr ähnlich. Sollten etwa nicht nur liebende Seelen gemeinsam durch die Jahrhunderte treiben, sondern auch befreundete?
    «Die Vorstellung beginnt», rief der Jüngling in Frauenklamotten und rannte hinter die Bühne. Der Dicke folgte ihm und wollte, dass ich mitkomme. Aber ich hatte erstens keine Lust, mir weiter seine Lieder über die Vorzüge von Kunga

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