Ploetzlich Shakespeare
stellte ich fest, dass ich in meinem Leben schon mal bessere Ideen hatte. Ich würde ja wohl kaum so lange unter Wasser bleiben können, bis die Gräfin ihr Bad beendet hatte.Ich sah direkt neben mir einen nackten Fuß in den See eintauchen und dann noch einen.
Als ich wieder aufwachte, sah ich unter Wasser die wohlgeformten Beine einer Frau. Ich hatte schon viel schlechtere Anblicke beim Erwachen.
Die Gräfin stand jetzt auf Taillenhöhe eingetaucht genau neben mir, sah mich aber dank der Seerosen nicht.
Außerdem sah ich nun einen wohlgeformten Hintern, der bei mir durchaus Interesse hervorrief.
Ich durfte mich nicht bewegen, damit sie meine Anwesenheit nicht bemerkte. Doch meine Luft ging langsam zur Neige, aus meinem Mund stiegen Luftblasen nach oben auf. Von jenseits der Wasseroberfläche hörte ich dumpf die Stimme der Gräfin, die erstaunt ausrief: «Luftblasen?... Ich habe doch gar nicht gefurzet.»
Ihre Stimme klang wie die von Olivia. Sie war zwar verzerrt, aber ihre Melodie, ihre Tonlage, war genau gleich...
«Ich werde», hörte ich die Gräfin sagen, «den Majordomus anweisen, dass ich keine Linsen mehr zum Essen will.»
Es blubberten immer mehr Luftblasen nach oben. «Und keinen Bohneneintopf mit Zwiebeln.» Ich konnte die Luftblasen einfach nicht mehr zurückhalten.
«Und kein Hefebier!»
Ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte.
«Rosa, ich möchte ja nicht unhöflich sein und dich zum Auftauchen drängen, ich schaue mir ja auch gerne den wundervollen Hintern und die Beine der Gräfin an...»
Shakespeare war wirklich unglaublich.
«... aber, wie soll ich es sagen: ICH WILL NICHT ERTRINKEN, VERFLUCHT NOCH MAL!»
Shakespeare hatte recht, wenn ich noch länger hier unten bliebe, würden wir ertrinken. Ich hörte die Gräfin verblüfft sagen: «Wo kommen denn all die Luftblasen her? Ich merke gar nicht, wie ich furze.»
Ich nahm jetzt all meinen Mut zusammen und tauchte auf.
Vor der nackten Gräfin.
Wie erwartet schrie sie entsetzt auf: «Heilige Mutter Gottes!!!!»
Doch nach dem ersten Schreck fasste sich die Gräfin wieder, bedeckte ihre Brüste und fragte mich: «Was machen Sie hier?»
Ich schnappte nur nach Luft.
«Was machen Sie in meinem Teich?»
«Die Aussicht bestaunen.»
«Ich... ich bin ein Gesandter des Earl of Essex», versuchte ich zu erklären.
Worauf die Gräfin befand: «Der Earl ist ja schon ein aufdringlicher Mann, aber seine Gesandten sind offenbar noch aufdringlicher.»
«Ich soll Ihnen etwas von ihm ausrichten», sagte ich ihr.
«Und was?»
Das fragte ich mich nun auch. Ich sollte die Frau ja für Essex gewinnen, da konnte ich ja wohl kaum sein missratenes Gedicht aufsagen. Während ich noch fieberhaft nachdachte, kam mir Shakespeare zu Hilfe und soufflierte:
«Trag ihr den Anfang unseres Sonetts vor.»
So stand ich also tropfend im Teich vor einer Frau, die aussah wie meine Nebenbuhlerin Olivia, und deklamierte:
Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?
Er ist wie du so lieblich nicht und lind;
Nach kurzer Dauer muss sein Glanz verbleichen,
Und selbst in Maienknospen tobt der Wind...
Die Gräfin war sichtlich bezaubert, doch bevor ich weiterreden konnte, legte sie ihren Finger auf ihre Lippen und bedeutete mir zu schweigen.
«Das ... das hat nicht der Earl gedichtet, nicht wahr ...?», fragte sie.
«Doch... doch», log ich.
«Nein, dies war gewiss eine andere Seele, eine weniger kriegerische», erwiderte sie gerührt.
«Dichter sind auch bessere Liebhaber als Soldaten», ergänzte ich. Aber leider hörte mich die schöne Gräfin nicht, und Rosa verriet ihr nicht, was ich gesagt hatte.
«Ich glaube, es war eher von Ihnen, mein Herr», vermutete die Gräfin. «Wie heißen Sie?»
«Ähem... William Shakespeare.»
«Verzeihen Sie, Master Shakespeare, ich glaube, ich habe von Ihnen noch nie gehört.»
Verflucht noch eins! Ich wusste es doch: Ich musste unbedingt noch bessere Stücke schreiben, um meinen Ruhm zu mehren. Damit auch solche wunderbaren Wesen von mir erführen.
«Master Shakespeare, ich muss Sie bitten, jetzt meinen Teich zu verlassen und gleich darauf mein Schloss.»
Ich wollte protestieren, aber sie sagte streng: «Jetzt.» Also verließ ich klatschnass die Szene.
«Rosa, wir dürfen noch nicht gehen!»
Ich konnte vor den Ohren der Gräfin nicht mit Shakespeare reden, sie würde mich für komplett gaga halten. Daher sagte ich zu ihr: «Wenn Sie mich kurz entschuldigen würden», und ging
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